Arte-Doku „24 Sprachen, ein Europa“ erklärt EU aus Sicht der Dolmetscher

24 Sprachen, ein Europa
Bild: Arte

Der deutsch-französische Fernsehsender Arte hat mit Unterstützung durch den Film Fund Luxembourg eine neue Dokumentation über die Dolmetscher der Europäischen Union produziert. Der Titel: „24 Sprachen, ein Europa“ bzw. „Vingt-quatre langues, une Europe“.

In 63 Filmminuten wird nicht nur die sprachmittlerische Arbeit der Simultandolmetscher dargestellt, sondern in Grundzügen auch die Funktionsweise der Institutionen.

Die Geschichte und Gegenwart der Union wird ebenfalls kurz beleuchtet – von der Osterweiterung über den Brexit und Corona bis hin zur Ukraine und zur Frage, ob Künstliche Intelligenz die Dolmetscher einst ersetzen wird. Die Exkurse werden von den befragten Dolmetschern kommentiert.

Maria Horlbeck
In der Arte-Doku werden zahlreiche Dolmetscher interviewt, wie hier Maria Horlbeck, die ins Deutsche überträgt. – Bildschirmfoto

In der Filmbeschreibung heißt es bei Arte:

Die Europäische Union steht immer wieder vor neuen Herausforderungen. Eine der ersten Hürden ist die Sprache: Wie lässt sich in 24 Sprachen mit einer Stimme sprechen? Daran arbeiten täglich die Dolmetscherinnen und Dolmetscher der EU. In kleinen schall- und blickdichten Kabinen oder auch direkt auf der Weltbühne, wenn sie den Politikern sekundenschnell das Gesagte zuflüstern, spielen sie bei allen historisch bedeutenden Ereignissen und internationalen Verhandlungen eine unersetzliche Rolle.

Diskret und präzise sorgen sie für den reibungslosen Ablauf des demokratischen Systems der EU, das mit seiner kulturellen und sprachlichen Vielfalt einzigartig auf der Welt ist – und vor großen Herausforderungen steht.

Ukrainekrieg, Energiekrise, Migrationspolitik, der Aufstieg EU-feindlicher und EU-skeptischer Parteien in den Mitgliedsstaaten und die anstehende Europawahl: Im aktuellen politischen Kontext kommt es zu zahlreichen tiefgreifenden Veränderungen.

Die Dokumentation begleitet die Dolmetscherinnen und Dolmetscher der EU, zeigt ihre zentrale Rolle in der Geopolitik des Staatenverbunds und führt ins Innere der europäischen Institutionen (Europarat, Europäische Kommission, Europäisches Parlament) in Brüssel, Straßburg und Luxemburg.

Regie: Jean Crépu, Land: Frankreich, Luxemburg, Jahr: 2024, Herkunft: Arte, FFL

Gintaras Morkunas
Gintaras Morkunas dolmetscht im Europäischen Parlament ins Litauische. – Bildschirmfoto

Unkritischer Film, aber hervorragende Werbung für Berufsstand

EU-kritische Gedanken sucht man in diesem filmischen Hochglanzprospekt vergebens. Die maßlose und in Sachen Ukraine folgenschwere EU-Erweiterungspolitik wird ebenso wenig hinterfragt wie etwa die Sinnhaftigkeit des Dolmetschens in Sprachen wie Gälisch, die praktisch niemand spricht.

Das schlichte Fazit der Doku: Die EU ist supergut und alternativlos, die Brexit-Briten sind doof, die Ukrainer sind superlieb und ihr Land gehört in die EU, Putin ist abgrundtief böse und Konferenzdolmetscher sind Superhelden.

Vadim Kastelli
Vadim Kastelli sitzt in der Kabine, wenn ukrainische Gastredner zum Europäischen Parlament sprechen. – Bildschirmfoto

Offenbar gibt es in den Institutionen längst Dolmetschkabinen für die ukrainische Sprache, die bei Bedarf aktiviert werden können. Zu dem seit 2014 zwischen der NATO/EU und Russland geführten Krieg um die Ukraine heißt es gegen Ende des Films etwas pathetisch:

Die ukrainischen Dolmetscher trifft der Krieg, der ihr Land und ihre Muttersprache auszulöschen droht, mit voller Wucht. Es ist auch ein Angriff auf das Wesen ihres Berufes.

Aber wenn sich Wladimir Putin und seine Helfer eines Tages vor einem Gericht für ihre mutmaßlichen Kriegsverbrechen verantworten müssen, werden die Dolmetscher in der ukrainischen Kabine ihre Arbeit machen – wortgetreu und gewissenhaft.

Milena Atanassova
Die Bulgarin Milena Atanassova dolmetscht für die EU-Kommission. – Bildschirmfoto

Mehr zum Thema

Weiterführende Links

Richard Schneider