Die Flüsterer – Dokumentarfilm über Konferenzdolmetscher feiert Premiere

Sie stehen im Schatten der Großen. In Nachrichtenbildern erkennt man sie daran, dass sie viel zu nahe bei den Wichtigen stehen. Die Konferenzdolmetscher sind die Samurais unter den Sprachkundigen, sprachfanatisch und stresssüchtig.

Der Dokumentarfilm Die Flüsterer folgt Dolmetschern unterschiedlicher Generationen durch die Konferenzwelt Europas, vom Berliner Kanzleramt über Straßburg nach Afrika und zurück. Wir begegnen einer Dolmetscher-Veteranin vom Nürnberger Prozess und begleiten eine Studentin durch Ihre Diplomprüfung an der Dolmetscherschule in Genf.

Der Schleier über dem Beruf der Konferenzdolmetscher hat mit der professionellen Diskretion zu tun. Aber hinter dem Bild dieser Branche von Neutralen verbergen sich Persönlichkeiten, die sich mit enormer Leidenschaft ihrer Arbeit verschrieben haben. Dolmetscher sind äußerst konzentrationsfähige und vielseitig gebildete Menschen mit einem ausgeprägten Hang zum Reden. Sprachfanatiker, die ihr Leben der Verständigung im sprachlichen und kulturellen Dickicht Europas und der Welt gewidmet haben.

Die Flüsterer folgt seinen Protagonisten nach Straßburg, Berlin, Genf, Brüssel und Djibouti. Sie alle repräsentieren unterschiedliche Generationen des Berufs. Zu ihnen gehört die 80-jährige, immer noch aktive britisch-belgische Dolmetscherin Patricia Vander Elst, die ihren aristokratischen Habitus aus der goldenen Zeit des Dolmetscherberufs hat. Ihren ersten Einsatz leistete sie als frischgebackene Dolmetscherin beim NS-Kriegsverbrecherprozess in Nürnberg. Von da an begann der Boom internationaler Konferenzen in Politik und Wirtschaft, für die das Simultandolmetschen zu einem unerlässlichen Bestandteil wurde. In den 50er Jahren erreichten die wenigen Dolmetscher Diva-Satus. Heute sind sie weit zahlreicher. Dolmetscher funktionieren heute so perfekt als Medium in der internationalen Kommunikation, dass man ihre Anwesenheit nur dann bemerkt, wenn etwas schief geht.

Mit bewundernswerter Eleganz übersetzt eine Dolmetscherin (Angela Drösser) die Fachvorträge bei einer Konferenz von Ingenieuren für Feuersprinkler, weil sie eine besondere Leidenschaft für eigenartige technische Terminologie hat. Alles funktioniert reibungslos im Dolmetscher-Apparat des EU-Parlaments (Michel Lesseigne). Aber wenn eine EU-Delegation mit Oppositionsparteien in Djibouti zusammentrifft, wird von den Dolmetschern das Äußerste gefordert. Da kann es zu einer Ehrensache werden, das Übersetzen dann zu verweigern, wenn die Mühen des Dolmetschers (Dieter Heffner) nicht anerkannt werden. Mit besonderem Engagement müssen auch der französische Dolmetscher (Edgar Weiser) und sein Kollege aus dem Auswärtigen Amt (Werner Zimmermann) in Berlin vorgehen, wenn sie ihren Platz zwischen Bundeskanzler Schröder und Präsident Chirac behaupten wollen. Von der ganzen Entourage um den Kanzler ist diesem letztlich niemand so nahe wie der unaufhörlich übersetzende Mann an seinem Ohr, ohne den die Begegnung sinnlos wäre.

Um Dolmetscher zu werden, muss man diese energetische Neugier haben, muss man diesen Wunsch verspüren, unaufhörlich im Augenblick des Geschehens zu leben. So wie Nathalie Reichert, eine schnellsprechende Studentin an der Dolmetscherschule in Genf. Sie steht unmittelbar vor ihrer Diplomprüfung und setzt alles daran, sie zu bestehen.

Dolmetscher eilen Tag für Tag zu Konferenzen mit Themen, von denen außer den Fachleuten nur noch sie etwas verstehen. Vor Jahrhunderten noch waren Dolmetscher schlicht Sklaven. In einer Welt, in der internationaler Austausch einigen wenigen vorbehalten war. Heute sind sie Vertreter eines Berufes, ohne den die internationalisierte Welt weit schwerfälliger wäre – und dennoch weiß man so erstaunlich wenig von ihnen.

Die Flüsterer ist der erste Dokumentarfilm, der sich dieser Berufsgruppe widmet. Die Filmemacher David Bernet und Christian Beetz haben an dem Film zwei Jahre lang gearbeitet. Auf ihren Recherchereisen in Europa trafen sie unzählige Dolmetscher und tauchten nach und nach in das Milieu internationaler Kommunikation ein. Ihr Film ist eine große Hommage an die Sprache im vielsprachigen Europa.

Filmografische Angaben

  • Die Flüsterer. Dokumentarfilm Deutschland 2004. Länge: 57 Minuten. Originalfassung: Deutsch, Französisch, Englisch. Untertitel: Englisch oder Deutsch. Regie: David Bernet, Christian Beetz. Produktion: Gebrüder Beetz Filmproduktion gbr. In Koproduktion mit arte/WDR und Radio Bremen. Gefördert durch die Filmstiftung NRW, die nordmedia Fonds GmbH und durch das Media Programm der Europäischen Gemeinschaft. Unterstützt vom internationalen Konferenzdolmetscherverband aiic.

Die öffentliche Premiere ist am 28.08.2005 in Köln und einen Tag später in Berlin. Die Erstausstrahlung im WDR ist für den 02.09.2005 um 23:30 Uhr vorgesehen. Arte folgt am 22.10.2005 um 17:50 Uhr im Rahmen eines Sonderprogramms zum 60. Jahrestag der UNO.

PM Gebrüder Beetz Filmproduktion