Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis 2025 geht an Elisabeth Edl

Eva Gonzalès, "erwachendes Mädchen"
Bild: Eva Gonzalès (1849 - 1883), "erwachendes Mädchen"

Die österreichische Übersetzerin Elisabeth Edl erhält den mit 10.000 Euro dotierten Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis 2025. Der gemeinsame Preis der Stiftung des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (Stiftung ME Saar), der Stadt Sulzbach und des Saarländischen Rundfunks (SR) würdigt den bedeutenden Sulzbacher Übersetzer und Autor.

Die Auszeichnung wurde am 9. September in der AULA in Sulzbach verliehen – verbunden mit einer Lesung des Schweizer Lyrikers Frédéric Wandelère. Die Laudatio hielt der Schriftsteller und Kritiker Georg M. Oswald.

Edl hat Flaubert, Stendhal, Colette aus dem Französischen übersetzt

„Wenn es keine Schwierigkeiten gäbe, wo wäre dann das Vergnügen?“ Dieses Zitat von Gustave Flaubert könnte auch das Motto von Elisabeth Edl sein. Den Rhythmus, die Satzmelodie und die individuelle sprachliche Pointiertheit oder Ausschweifung auf Deutsch genauso gut klingen zu lassen wie im französischen Original, das ist die Herausforderung, der sich Elisabeth Edl mit Vergnügen immer wieder stellt.

Neben Gustave Flaubert („Madame Bovary“, „Drei Geschichten“) hat Elisabeth Edl zahlreiche bedeutende Werke des 19., 20. und auch 21. Jahrhunderts aus dem Französischen übersetzt und der deutschsprachigen Leserschaft nahegebracht: Stendhal, Colette, Julien Green oder Patrick Modiano, aber auch die Lyrik von Yves Bonnefoy oder Philippe Jaccottet.

Gustave Flaubert, Madame Bovary
Vor allem als Neuübersetzerin der Werke Flauberts hat sich Elisabeth Edl einen Namen gemacht. – Bild: dtv

Hohe sprachliche Kunst auf Niveau einer Schriftstellerin

Ihre Übersetzungen, gerade am Beispiel von Colettes Roman „Claudines Elternhaus“ („La maison de Claudine“), haben die Jury durch ihren einerseits präzisen und andererseits freien und kreativen Umgang mit der Sprache überzeugt. Komplexe und auch ambivalente Passagen überträgt sie kongenial ins Deutsche und bleibt dabei stets dem Original treu. Deutlich wird ihre hohe sprachliche Kunst, die sie in den Rang einer Schriftstellerin erhebt, auch an ihrer im September 2025 erscheinenden Neuübersetzung von George Sands „Nanon“, der Emanzipations- und Bildungsgeschichte einer Frau inmitten der Französischen Revolution.

1956 in Wagna in der österreichischen Steiermark geboren, ist Elisabeth Edl mit unterschiedlichsten Sprachmelodien aufgewachsen. Ihre Eltern stammen aus der Vojvodina im heutigen Serbien, wurden als Zwangsarbeiter in die Sowjetunion deportiert und kamen später in ein österreichisches Auffanglager nahe der Grenze zu Slowenien – dieses Leben zwischen den Kulturen hat auch Elisabeth Edl geprägt.

Nach Studium zwölf Jahre in Frankreich gelebt

Nach dem Studium der Germanistik und der Romanistik war sie ab 1983 zwölf Jahre Lektorin für deutsche Sprache und Literatur an der Universität von Poitiers sowie an der École Supérieure de Commerce. Schon damals begann sie mit dem Übersetzen, zu ihren Anfängen gehören die „Cahiers“ von Simone Weil, die sie auch herausgegeben hat.

Elisabeth Edl, mehrfach ausgezeichnet, ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und lebt in München.

Edl übersetzt nicht nur Klassiker, sondern auch zeitgenössische Autoren

„Die französischen Romane des 19. Jahrhunderts betrachtet Elisabeth Edl nicht nur als ‚Impuls für das moderne Erzählen‘, sondern sie stehen auch im Mittelpunkt ihrer Arbeit als Übersetzerin: Ihre Neuübertragungen der Literatur von Gustave Flaubert, Colette oder George Sand eröffnen der deutschsprachigen Leserschaft die französischen Klassiker in neuer Dimension.

Doch Edl übersetzt nicht nur die großen Namen der französischen Vergangenheit und – mit Literaturnobelpreisträger Patrick Modiano – der Gegenwart: gemeinsam mit ihrem Mann, dem Übersetzer Wolfgang Matz, überträgt sie auch aktuelle Lyrik aus Frankreich und der französischen Schweiz. Werke von Philippe Jaccottet, Frédéric Wandelère oder Gérard Macé.

Gustave Flaubert: Lehrjahre der Männlichkeit
Flauberts „L’Éducation sentimentale“ trägt in der Übersetzung von Elisabeth Edl den Titel „Lehrjahre der Männlichkeit“. – Bild: Hanser

Hohe Bandbreite in der kulturellen Vermittlung

„Diese Bandbreite in der kulturellen Vermittlung zwischen dem Deutschen und dem Französischen zu unterstützen und zu fördern, ist dem Saarländischen Rundfunk zentrales Anliegen. Wir gratulieren Elisabeth Edl von Herzen“, erklärte SR-Intendant Martin Grasmück.

Oswald Bubel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung ME Saar:

Übersetzen ist so viel mehr als das Übertragen von Sprache in Sprache, wie wir es sehr hölzern bei den mechanistisch verstandenen Übersetzungen der KI im Internet erleben müssen. Literarisches Übersetzen ist eine Kunst, die Elisabeth Edl perfekt beherrscht. Ihr gelingt es, in graziler Weise die Leichtigkeit der Sprache von Patrick Modiano ins Deutsche zu tragen und buchstäblich mit ihm über die Straßen von Paris zu schweben. Sie erlaubt uns auch, die Literatur Gustave Flauberts sprachlich neu zu entdecken.

Wenn Elisabeth Edl sich gegen die falsch verstandene Wörtlichkeit der Übertragung ausspricht, trifft es die Essenz der Übersetzungskunst: Mit der Sprache das Gefühl, das Leben und die jeweilige Welt erlebbar zu machen. Und entsprechend um das richtige Wort zu ringen. Das ist etwas, was sie eindrucksvoll und aus unserer Sicht preiswürdig beherrscht.

Der Bürgermeister der Stadt Sulzbach, Michael Adam, betont:

Der Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis ehrt nicht nur einen bedeutenden Bürger unserer Stadt, sondern erinnert uns auch immer an die Wichtigkeit der deutsch-französischen Freundschaft. Diese leben wir in Sulzbach mit zwei Partnerstädten in Frankreich.

Eine ebenso wichtige Arbeit leisten auch Übersetzerinnen und Übersetzer, die Leserinnen und Leser im besten Falle mit auf eine Reise in die jeweils andere Kultur nehmen. Als Partner der Preisverleihung ehren wir nicht nur das Lebenswerk Helmlés, sondern tragen auch aktiv zur Völkerverständigung bei. Dies gelingt mit ihren Sprachmelodien auch der neuen Preisträgerin Elisabeth Edl, der ich meinen Dank für ihre wertvolle Arbeit ausspreche und der ich sehr herzlich zum Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis 2025 gratuliere.

Dreiköpfige Jury

Die Jurorinnen des Eugen-Helmlé-Übersetzerpreises 2025 waren die Berliner Journalistin Susanne von Schenck, die Literaturbeauftragte der Direction Régionale des Affaires Culturelles (DRAC) der Region Grand Est in Metz, Colette Gravier, und die Journalistin Krystelle Jambon vom Saarländischen Rundfunk.

Mehr zum Thema

PM Stiftung ME Saar

Amazon