Berthold Simons veröffentlicht Grammatik der Sioux-Sprache Dakota

Sitting Bull
Sitting Bull ca. 1883, Aufnahme von David F. Barry, gemeinfrei.

Der Sprachwissenschaftler Dr. Berthold Simons hat eine Grammatik der Sprache Dakota verfasst, einer Untergruppe der Sioux-Sprachen. Mit vier ergänzenden Einstiegslektionen im Buch können Interessenten ein Basisinventar zur praktischen Verständigung erwerben.

In den Verlagsinformationen heißt es:

Das Dakota ist eine zur Sioux-Familie gehörende lebende indigene Sprache Nordamerikas. Der Schwerpunkt der vorliegenden Grammatik liegt auf dem Santee-Sisseton-Dialekt; in den Beispielen liegt er auf ganzen Sätzen und Textausschnitten.

Behandelt werden Phonetik und Phonologie, die Wortarten und die Wortbildungsmittel, die grammatischen Kategorien, der einfache und komplexe Satzbau sowie Besonderheiten der Literatur des Dakota unter funktionalen Aspekten.

Das Dakota gilt als Repräsentant des aktivischen Sprachbaus und weist in seiner Grammatik dessen typische Merkmale auf: Die strikte Unterscheidung zwischen aktiven und stativen Verben und eine Dominanz der Verbalstämme.

Charakteristische Merkmale der Sprache:

  • Die Kodierung der syntaktischen Funktionen von Subjekt und Objekt basiert auf der festen Wortstellung Subjekt-Objekt-Verb (SOV).
  • Die Kennzeichnung der semantischen Rollen Agens, Patiens, Rezipient usw. beruht auf der Kontrolle über die Verbalhandlung und wird mit den aktiven vs. stativen Pronominalreihen markiert.
  • Ein Inventar von Lokativ- und Instrumentalpräfixen nuanciert die Verbbedeutung.
  • Klitika am Satzende bestimmen den pragmatischen Status eines Satzes als Frage, Vermutung, Erzählung usw. und kennzeichnen optional die Sprechereinstellung.
  • Mit einem alten, nicht mehr produktiven Bestand an Nominalklassifikatoren sind große Teile des Wortschatzes inhaltlich gegliedert.
  • Temporale, lokale und modale Relationen werden mit einem umfangreichen Inventar von Adverbien, Verben und anderen sprachlichen Mitteln ausgedrückt.

Völlig anderer, nämlich aktivischer Sprachbau

In einem Gespräch mit der Frankfurter Neuen Presse (FNP) erläutert Simons, dass er bereits als junger Mann durch einen Institutsleiter in Köln auf die Sprache Dakota gestoßen sei, die ihm „auf Anhieb gefallen“ habe. Ein Geistlicher aus Süd-Dakota habe ihm eine alte Grammatik geschickt mit dem Hinweis, da sei „noch viel zu tun“.

Die weitere intensivere Beschäftigung mit dem Thema erfolgte dann während des Studiums und mündete schließlich in einer Doktorarbeit über den Dakota-Dialekt. Dafür war Simons auch 1986 in Nebraska und Süd-Dakota, um vor Ort Feldforschung zu betreiben – auf Einladung der beiden Stämme Santee-Sioux und Sisseton-Wahpeton-Sioux.

Das Dakota sei vollkommen anders aufgebaut als das Deutsche oder andere indogermanische Sprachen:

»Man nennt das einen aktivischen Sprachbau.« Die Verben sind streng danach unterteilt, ob man über die Handlung Kontrolle ausübt: »Ich springe« wird aktivisch konjugiert. Aber: »Wenn man sagt: Ich bin krank, dann habe ich keine Kontrolle darüber. Dann wird das stativisch konjugiert.«

Eine weitere Besonderheit des Dakota: Die Sprache habe kein allgemeines Wort für »gehen«, sondern auf Basis von vier einfachen Verben gebe es im Dakota mehrere Hundert für die verschiedenen Arten des Gehens, zum Beispiel: »Gehe ich gerade los, bin ich unterwegs, bin ich auf dem Rückweg? Ist die Handlung noch im Gange oder schon vollendet?« Dafür gebe es jeweils ein anderes Verb. Das mache es natürlich kompliziert und erfordere viel Auswendiglernen.

Sioux-Stammesgebiete
Das ehemalige Stammesgebiet und heutige Reservationen. – Bild: Nikater, gemeinfrei

Bezeichnung Indianer nicht diskriminierend

Bleichgesichter auch an deutschen Universitäten behaupten seit Jahren, die Bezeichnung „Indianer“ sei als falsche Fremdbezeichnung diskriminierend. Diese Ansicht teilt der Experte nicht: „Das darf man sagen, denn es gibt überhaupt keine Allgemeinbezeichnung für die indigenen Leute in Nord-, Mittel- und Südamerika.“

Der Ausdruck sei wertfrei und im Gegensatz zum N- oder Z-Wort nie als Beleidigung verwendet worden. „In Amerika heißt es nach wie vor American Indians“, so Simons gegenüber der FNP.

Ausdruck Sioux ursprünglich Beleidigung

Der Ausdruck Sioux (franz.: [sju:], engl.: [suː], deutsch: [zi:ʊks], Dakota: Očhéthi Šakówiŋ /otʃʰeːtʰi ʃakoːwĩ/) bezeichnet eine Gruppe nordamerikanischer Indianervölker, aber auch deren Sprachfamilie. Diese besteht im Wesentlichen aus drei nah miteinander verwandten Sprachen: Lakota (westliche Prärien), Dakota (östliche Region bis zu den großen Seen) und Nakoda (Kanada).

Der Ausdruck Sioux geht auf eine wenig schmeichelhafte Fremdbezeichnung von mit den Sioux verfeindeten Stämmen zurück, die von den Franzosen und Engländern bzw. Amerikanern übernommen wurde. Sie bedeutet ursprünglich so viel wie „kleine Schlangen“ im Sinn von „Lügner“.

Allerdings weisen einige Sprachwissenschaftler darauf hin, dass das Lexem auch umgedeutet werden kann als „Sprecher einer fremden Sprache“. Wieder andere geben zu bedenken, dass es bei allen Stämmen durchaus typisch war, von seinen Feinden als „Schlangen“ zu sprechen. Die ursprünglich abwertende Bedeutung sei womöglich verblasst und nicht mehr als Beleidigung empfunden worden.

Die Ausdrücke Dakota („Freunde“, „Verbündete“), Lakota und Nakoda für die drei Hauptstämme der Sioux sind hingegen Eigenbezeichnungen.

Sitting Bull und Crazy Horse waren Sioux

Bekannte Anführer der Sioux waren Sitting Bull (Tȟatȟáŋka Íyotake, „sich setzender Bulle“) und Crazy Horse (Tȟašúŋke Witkó, „sein Pferd ist verrückt“), die beide den Lakota angehörten.

Grammatik Dakota

Bibliografische Angaben

  • Berthold Simons (2024): Grammatik des Dakota (Sioux) – Grundzüge des Santee-Sisseton Dialekts. München: LINCOM Academic Publishers. Band 89 der Reihe LINCOM Studies in Native American Linguistics. 362 Seiten, 162,00 Euro, ISBN 9783969391846 (Hardcover).

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Richard Schneider