„Powered by emotion“ heißt „Kraft durch Freude“? Englischsprachige Werbeslogans werden nur selten richtig verstanden

Mit Werbeslogans, im Fachdeutsch auch „Claims“ genannt, wollen Unternehmen ihre Zielgruppen emotional ansprechen und ihre Produkte in einer bestimmten Art und Weise positionieren. Immer mehr Unternehmen nutzen dazu auch in Deutschland die englische Sprache. Die Endmark AG in Köln hat in einer repräsentativen Studie untersucht, inwieweit englische Claims überhaupt verstanden werden. Das Ergebnis erstaunte selbst die Kritiker von zu viel Englisch in der deutschen Sprache.

Die meisten der untersuchten Slogans wurden von der Mehrheit der Verbraucher gar nicht, oder zumindest nicht im Sinne des jeweiligen Absenders verstanden. Von zwölf derzeit in der Werbung offensiv kommunizierten Claims, die Gegenstand der Untersuchung waren, wurden zehn von weniger als der Hälfte der 14- bis 49-Jährigen in vollem Umfang verstanden.

Selbst kurze Slogans wie „Be inspired“ (Siemens mobile) konnten nur 15 % von über 1.100 Befragten korrekt übersetzen. Schlusslicht mit 8 % bildete der Unternehmensclaim des Energiekonzerns RWE: „One Group. Multi Utilities“, während „Every time a good time“ (McDonald’s) und „There’s no better way to fly“ (Lufthansa) immerhin noch von über 50 % annähernd korrekt übersetzt werden konnten.

In einigen Fällen glaubten viele Probanden einen Slogan zu verstehen, lagen mit ihrer Interpretation jedoch weit neben der Intention des werbetreibenden Unternehmens. So meinten immerhin 54 % zu wissen, was „Come in and find out“ (Douglas) bedeutet, aber viele übersetzten diesen Satz mit „Komm herein und finde wieder heraus“; nur 34 % konnten ihn korrekt auslegen.

Andere Claims hingegen konnten zwar von einem Teil wörtlich übersetzt, aber in keinen Verständniszusammenhang gebracht werden. So z.B. der Claim „Drive Alive“ von Mitsubishi; denn die wörtliche Übersetzung „fahre lebend“ ergab für viele Befragte einfach keinen Sinn.

Ein leichter Ost-West-Unterschied im Verständnis der englischen Sprache konnte nur noch bei der Altergruppe von über 30 Jahren festgestellt werden. Mit zunehmendem Alter verstanden die Befragten in den neuen Bundesländern weniger Englisch als die Vergleichsgruppe im Westen. Bei den unter 30-Jährigen hingegen waren kaum noch signifikante Unterschiede feststellbar.

Phantasielosigkeit kann man den Befragten nicht vorwerfen. Hier die hilflosesten Versuche, die unverständlichen englischen Slogans in sinnvolles Deutsch zu übersetzen:

Every time a good time (McDonald’s)
Jede Zeit ist eine gute Zeit
Immer eine gute Zeit haben
Zeit einteilen
Alle Zeit ist Gottes Zeit

There’s no better way to fly (Lufthansa)
Da ist keine bessere Route
Nur Fliegen ist schöner
Nichts ist besser als Fliegen
Dort gibt es den besten Weg für Flüge
Es gibt keine besseren Fliegen

Powered by emotion (SAT.1)
Kraft durch Freude
Strom bei Emotion
Sexuell erregt sein
Elektrisierende Gefühle
Kraft und Gefühle
Ich zeige Emotionen

We are drivers too (Esso)
Wir fahren nach …
Wir sind zwei Fahrer
Wir fahren auch zu

Driven by instinct (Audi TT)
Abdriften der Gefühle
Der Instinkt-Fahrer
Triefen vor Gestank
Fahren, Kaufen, Instinkt

Where money lives (Citibank)
Wo Manni lebt
Das Leben des Geldes
Wo Money liebt
Wer liebt Geld
Wo lebt Geld?

Drive Alive (Mitsubishi)
Fahre ein Leben
Leblos-Fahrer
In Fahrt sein
Die Fahrt überleben
Fastfood-Kette (Drive In)

Be inspired (Siemens mobile)
Ich bin angeregt
Verzaubert sein
Inspiziert sein
Bienen-Inspektion

One Group. Multi Utilities (RWE)
Ohne Gruppe, multi …
Viele Werkzeuge für eine Gruppe
Ohne Gruppe Multi Kulti
Eine Musikgruppe (Die ,Multi Utilities‘)

Warum werden trotzdem englische Werbeslogans im Deutschen verwendet?

Warum versteifen sich angesichts dieser Ergebnisse viele Unternehmen auf die englische Sprache in ihrer Werbung? Bernd M. Samland, Vorstand der Endmark AG, sieht mehrere Ursachen: „Im Vordergrund steht natürlich die Globalisierung des Marketings frei nach dem Motto ,One world, one brand, one claim‘, wobei zuweilen die ebenfalls englische Weisheit ,Every business is local‘ in Vergessenheit gerät. Zudem gilt Englisch als modern und soll auch schon einmal dort Internationalität suggerieren, wo sie gar nicht vorhanden ist.“

Aber es gilt zu vermuten, dass auch unbewusste Gründe zur Inflation englischer Begriffe und Werbesätze führen. Samland bemerkt dazu: „Offensichtlich bewegt sich die Sprache der Marketing-Macher in Unternehmen und Agenturen immer weiter weg von der Sprachrealität ihrer Zielgruppen. Die Marketing-Sprache ist nun einmal – wie das Wort ,Marketing‘ selbst – Englisch und ich habe selbst schon genug Meetings in Englisch – insbesondere in großen Konzernen – mitgemacht, bei denen sich erst am Ende der Sitzung herausstellte, dass alle Teilnehmer Deutsche waren.“
Die Endmark AG, die selbst den englischen Namenszusatz „International Namefinding“ trägt, entwickelt für nationale und internationale Unternehmen seit zehn Jahren Markennamen und Claims, die heute in den meisten Fällen auch gleich als Wortmarke geschützt werden.

Dazu Bernd M. Samland: „Bei unserer Arbeit stellt sich immer wieder die Frage nach der Sprache. Häufig wollen sich auch mittelständische Unternehmen an den Großen orientieren, indem sie bewusst einen englischen Claim wünschen. Deshalb haben wir besonders stark umworbene Claims ausgesucht, um einmal empirisch deren Rezeption zu untersuchen.“

Samland weiter: „Das Ergebnis hat uns selbst überrascht. Es bedeutet sicherlich kein generelles Aus für Anglizismen, zumal sich das Verhältnis von Sprache und Markterfolg mangels Vergleichsmöglichkeit schlecht ermitteln lässt. Es bleibt aber zu vermuten, dass einige Unternehmen nicht wegen, sondern trotz ihrer englischen Claims in Deutschland Erfolg haben. Generell gilt es zu unterscheiden, ob ,Simple English‘ wie etwa ,Test the West‘ oder ,sophisticated English‘ mit seltenen Vokabeln wie ,Utilities‘ oder mit Wortspielen, die nur ein guter Kenner der Sprache versteht, zum Einsatz kommt. Bei bestimmten Zielgruppen kann die englische Sprache durchaus Sinn machen, wie etwa im Umfeld von Trendsportarten, deren Fachsprache ohnehin Englisch ist. Auch ist es eher verständlich, wenn eine Fluggesellschaft sich der internationalen Fliegersprache Englisch bedient, als wenn ein Lokalradio dies tut. Bemerkenswert ist allerdings, dass ein deutsches Unternehmen wie Siemens in Frankreich französisch, in Spanien spanisch – aber in Deutschland englisch wirbt.“

Endmark-Studie
Tabelle: Endmark

Untersuchungsverfahren

Für die Studie wurden im Juni und Juli 2003 in Hamburg, München, Köln und Leipzig insgesamt 1.104 repräsentativ ausgewählte deutsche Muttersprachler persönlich befragt.
Diesen wurden 12 Claims aus „hochfrequenter bundesweiter Publikumswerbung“ vorgelegt. Die Fragen lauteten:
1. Können Sie diesen Werbeslogan übersetzen bzw. was bedeutet dieser Spruch auf Deutsch? (Freie Antwort.)
2. Wie finden Sie persönlich diesen Slogan? (Multiple Choice.)
a) gut (+)
b) keine Meinung/egal (o)
c) schlecht (-)

PM Endmark, rs