Am 3. September 2005 nimmt in der Gemeinde Hinwil im Zürcher Oberland das erste Literaturübersetzerhaus der Schweiz seinen Betrieb auf.
Das Projekt wurde in Privatinitiative umgesetzt. Brigitta Züst stellte ihr Elternhaus dafür zur Verfügung. Der Vater betrieb in dem geräumigen Anwesen den Albert-Züst-Verlag. Außerdem wurde ein Trägerverein gegründet.
Zehn Übersetzer können im Haus Looren untergebracht werden, die lediglich einen Kostenbeitrag von 25 Franken pro Woche zu leisten haben.
Die Betreiber legen Wert darauf, dass in dem ländlichen Idyll gearbeitet und nicht geurlaubt wird. Deshalb werden nur Bewerber zugelassen, die schon mindestens eine größere Übersetzung veröffentlicht haben und zudem einen laufenden Übersetzungsvertrag vorweisen können.
In der Neuen Zürcher Zeitung ist ein Artikel dazu erschienen, in dem es heißt:
Das neue Haus heisst Looren, was auch gleichzeitig die Adresse ist, und es steht im Weiler Wernetshausen, der zur Oberländer Gemeinde Hinwil gehört, am Fusse des Bachtels. Gut zehn Übersetzer finden in diesem geräumigen ehemaligen Wohn- und Verlagshaus aus den 1950er Jahren Platz. Für 25 Franken pro Woche stehen ihnen ein eigenes Zimmer mit separaten, gegenüberliegenden Nasszellen, Aufenthalts- und Arbeitsräume, eine Bibliothek, Büroinfrastruktur – und viel Garten und Grünraum rund ums Haus zur Verfügung. Es ist eine idyllische, eine ländliche Schweiz, die sie hier in Wernetshausen vorfinden, das Haus Looren bietet Ruhe, Abgeschiedenheit und gleichzeitig die Möglichkeit, Arbeitskollegen aus der ganzen Welt kennen zu lernen.
Übersetzerhäuser gibt es einige in Europa, so etwa in England, Irland, Deutschland, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Schweden oder Ungarn. Das neue Schweizer Angebot ist durch eine private Initiative möglich geworden, in erster Linie durch Brigitta Züst, die das Haus ihrer Eltern und viel Geld in das Projekt gesteckt hat. Der Vater der Initiantin und Mäzenin hatte in diesem Gebäude den Albert-Züst-Verlag betrieben, die Mutter war Pionierin der biologischen Landwirtschaft und zog daneben eine grosse Kinderschar auf. […]
Brigitta Züst hat für die Verwirklichung ihrer Idee einen Trägerverein gegründet, dem Persönlichkeiten aus den Bereichen Verlag, Bibliothek und Übersetzen vorstehen. Sie wird dem Verein ab dem 3. September ein sanft umgebautes Gebäude zur Verfügung stellen; zurzeit sind die Umbauarbeiten noch im vollen Gange. Seit dem Mai ist zudem die Zürcher Literaturwissenschafterin Gabriela Stöckli als Geschäftsleiterin im Auftrag des Trägervereins damit beschäftigt, den Betrieb ins Rollen zu bringen. […]
In der hektischen Vorbereitungsphase hat sich der Trägerverein nicht darum gekümmert, andere Geldquellen als jene der Initiantin zu erschliessen: Man hat die Zeit und Energie dazu genützt, das Projekt möglichst rasch zu realisieren. Dank dem grosszügigen Mäzenatentum von Brigitta Züst ist der Betrieb des ersten schweizerischen Übersetzerhauses für die kommenden Jahre gesichert. Dennoch wird sich die Geschäftsleiterin in absehbarer Zeit auf die Suche nach künftigen Partnern, Gönnern und Sponsoren machen müssen.
Man erhoffe sich vom Haus Looren kulturelle Impulse für die ganze Schweiz, sagt Gabriela Stöckli. Es sollen Kurse, Lesungen, Tagungen und Begegnungen angeboten werden, die nicht nur für Fachleute, sondern – zumindest teilweise – auch für ein breiteres Publikum von Interesse sind. […]
Richard Schneider