Ist Deutsch als Wissenschaftssprache noch zu retten? Professor Walter Krämer im Interview

Deutsch ist dabei, als Sprache, in der Wissenschaftler miteinander diskutieren und ihre Forschungsergebnisse publizieren, auszusterben. Ein weiterer Sargnagel ist der Beschluss der Deutschen Forschungsgemeinschaft, ab Ende September viele Anträge nur noch auf Englisch zu akzeptieren.

Die Wochenzeitschrift WirtschaftsWoche hat dazu den Statistik-Professor Walter Krämer (56) befragt, den Gründer und Vorsitzenden des Vereins Deutsche Sprache (VDS). Dieser plädiert dafür, nicht unnötig Englisch zu sprechen: „Es ärgert mich zum Beispiel maßlos, dass unsere Fakultätsleitung deutschsprachige Gäste zwingt, selbst vor einem rein deutschen Publikum auf Englisch zu referieren.“

Krämer weiter: „Wenn wir anfangen, unsere Gedanken in dieser Pidgin-Sprache [Wissenschaftler-Englisch] zu entwickeln, die ich in Anlehnung an den Rinderwahn BSE gerne Bad Simple English nenne, kommt dabei nichts Gutes heraus. Das ist, als würden sie einen rechtsfüßigen Mittelstürmer zwingen, mit links zu schießen. Auf uns Forscher übertragen heißt das: Genial sind wir nur auf Deutsch.“

„Die Engländer“, so der VDS-Vorsitzende, „machen sich über dieses deutsche Getue schon länger lustig und haben dafür den Begriff der linguistic submissiveness, der sprachlichen Unterwerfung, geprägt. Sie können es auch mit Arschkriecherei übersetzen.“

Krämer, der vor Kurzem ein halbes Jahr in Toulouse gelebt und gearbeitet hat, lobt die französischen Wissenschaftler: „Dort wird kein Englisch gesprochen. Erst wenn eine Arbeit international publiziert werden soll, wird sie von Profis ins Englische übersetzt.“

Deutsch ist nach Krämers Ansicht hervorragend geeignet, „um Gedanken und Gefühle klar auszudrücken“. Krämer: „Dieses Werkzeug sollten wir nicht verschlampen lassen.“

Richard Schneider