„Unsere Bücher werden unkalkulierbar“ – Hanser Verlag nennt Zahlen im Streit um Übersetzerhonorare

Im Streit um die angemessene Honorierung von Literaturübersetzern nach dem seit 2002 geltenden neuen Urheberrechtsgesetz hat jetzt der Hanser Verlag, München, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Kalkulationsbeispiele auf den Tisch gelegt.

Verleger Michael Krüger erklärt, dass niemand die Arbeit der Übersetzer geringschätze, aber: „Wenn die Gerichte für die Übersetzer entscheiden, sind fünfundachtzig Prozent unserer Bücher nicht mehr kalkulierbar.” Er nennt ein Beispiel aus der Auflagenoberklasse:

Anna Gavaldas Roman „Zusammen ist man weniger allein” hat bei 104.000 verkauften Exemplaren dem Übersetzer ein Pauschalhonorar von 11.375 Euro gebracht; dazu kommen ein Prozent Beteiligung ab einer verkauften Auflage von 30.000 Exemplaren (17.219 Euro) sowie ein Lizenzerlös durch den Verkauf der Taschenbuchrechte von 1.000 Euro (diese Zahl kann bei hohen Taschenbuchverkäufen noch steigen) – in der Summe also 29.594 Euro, das entspricht einem Seitenpreis von 43,53 Euro.

Gäbe man den Forderungen der Übersetzer nach, so Krüger, käme bei gleichem Pauschalhonorar durch die erhöhte Erfolgsbeteiligung ein Gesamthonorar von 70.748 Euro zustande, was einem Seitenpreis von 108 Euro entspräche. Er führt ein weiteres Beispiel an, diesmal aus der Auflagenmittelklasse:

Stefan Chwins Roman „Der goldene Pelikan”. Bei 9.445 verkauften Exemplaren bekommt der Übersetzer 7.700 Euro (22 Euro je Seite), nach der Neuregelung bekäme er 26.250 Euro, mithin ein Seitenhonorar von 75 Euro.

Hanser hat im vergangenen Jahr 42 Romane und Erzählungen herausgegeben, davon 23 in Übersetzungen. 16 der 42 Bücher hätten Verluste eingefahren, 19 hätten die Kosten wieder hereingebracht und nur mit 7 sei ein guter Gewinn erzielt worden.

Der Verlag befürchtet durch die gesetzliche Forderung nach einer „angemessenen“ Honorierung der Übersetzer nun Kostensteigerungen, durch die sich die angespannte Finanzlage der meisten Verlage weiter verschärfen könne.

[Text: Richard Schneider. Quelle: FAZ, 2006-01-11.]