Tauwetter im Januar? Gipfeltreffen der Übersetzerverbände in Bremen

Im April 2005 hatte Enrique López-Ebri im Namen des QSD (Qualitätssprachendienste Deutschlands e.V.) unter dem Motto „Nur gemeinsam sind wir stark“ zu einer Veranstaltung eingeladen, auf der interessierte Übersetzungsunternehmer und freiberufliche Übersetzer aus ganz Europa auszuloten versuchten, welche Möglichkeiten einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den vermeintlich verfeindeten Lagern existieren (siehe Infoblatt 2/2005, Seite 16).

Mitte Januar 2006 lud Herr López-Ebri erneut zu einem Treffen ein, das sich diesmal auf Vertreter deutschsprachiger Verbände beschränkte und in Bremen stattfand. Anwesend waren Vorstandsmitglieder oder Beauftragte von Aticom, BDÜ, DTT, QSD, tekom, VÜD, WKÖ Wien und ADÜ Nord.

Ziel war es, konkret über verbandsübergreifende Kooperationsmöglichkeiten zu sprechen. Alle 11 Anwesenden standen diesem Vorhaben offen gegenüber und es wurden folgende Empfehlungen an die Verbände vereinbart:

1. Diese so genannte „Bremer Runde“ ist und bleibt zunächst ein informelles Forum zum Austausch von verbandsübergreifenden Ideen. Es soll kein Regelwerk haben und nur empfehlenden Charakter besitzen. Die Runde soll sich etwa zweimal im Jahr an wechselnden Orten treffen.

2. Die Verbände informieren sich untereinander über aufkommende oder anstehende Probleme, um Synergieeffekte zu nutzen (Beispiel JVEG und KSK). Mittel hierzu ist ein E-Mail-Verteiler. Jeder Verband stellt sicher, dass auf seiner Seite eine kompetente, informierte Person diese Mails empfängt und entsprechend bearbeitet oder weiterleitet.

3. Die Verbreitung von Informationen über Praktika, Stellenangebote, Ausschreibungen etc. sollte zentral erfolgen.

4. Mitgliederkonditionen für Seminare sollten auf alle FIT-Mitgliedsverbände plus die anwesenden Verbände ausgedehnt werden.

5. Der QSD will Praktika für Übersetzerstudienabgänger fördern, um qualitativ hochwertigen Nachwuchs zu garantieren. Der Verband hat bereits ein Ausbildungsschema für 6-monatige Praktika erstellt und schon einige Praktikanten vermittelt (siehe www.qsd.de). Die anderen Verbände sind aufgefordert, diese Bemühungen der Übersetzungsfirmen zu unterstützen, indem sie
a. die Büros/Firmen/Agenturen unter ihren Mitgliedern auffordern, Praktikantenplätze anzubieten,
b. Stipendien für Praktikanten zur Verfügung stellen,
c. langfristig über eine Bildungseinrichtung auf Bundesebene mit Unterstützung der Bundesanstalt für Arbeit nachdenken.

6. Die Verbände sollten ihre Mitglieder über die Entwicklung der Übersetzungsnorm prEN15038 auf dem Laufenden halten.

7. Die Verbände sollten ihre Öffentlichkeitsarbeit verstärken und bündeln. Der BDÜ hat gerade eine Medienagentur als Pressesprecherin verpflichtet, über die eventuell auch die Verbreitung gemeinsamer, zentraler Darstellungen möglich wäre. Jeder Verband möge bitte einen Pressereferenten benennen, der für solche Aktionen der Ansprechpartner ist. Außerdem sollte verstärkt versucht werden, über die EUEbenen zu berichten und auf EU-Ebene über Parlamentarier das Ansehen des Berufs zu fördern.

In ihren Fazits äußerten sich alle Anwesenden sehr positiv. Es wurde angeregt, dass sich auch die Vorsitzenden der Verbände einmal jährlich treffen sollten, um Kontakt auf höchster Ebene zu halten. Es wurde aber auch die Befürchtung geäußert, dass diese wichtige Initiative ohne dauerhaften Erfolg bleiben könnte, wenn nicht verbindliche Beschlüsse gefasst oder Strukturen gebildet werden, die die Ideen weitertragen.

Das nächste Treffen ist für September geplant. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

[Text: Helke Heino, ADÜ Nord. Quelle: Infoblatt 1/2006.]