Türkei: Verleger und Übersetzer von „Beleidigung des Türkentums“ freigesprochen

Der türkische Verleger Fatih Taş ist am 20.12.2006 von einem türkischen Gericht vom Vorwurf der „Beleidigung des Türkentums“ freigesprochen worden. Taş hatte ein amerikanisches Buch ins Türkische übersetzen lassen und herausgegeben, in dem unter anderem die Kurden-Politik Ankaras beschrieben wird.

Ebenfalls angeklagt waren die Übersetzer des Buchs, Lütfi Taylan Tosun und Aysel Yıldırım. Obwohl sie in Pressemeldungen nicht erwähnt werden, ist davon auszugehen, dass sie ebenfalls freigesprochen wurden.

Die EU hatte den der Anklage zu Grunde liegenden Paragrafen des türkischen Strafrechts scharf kritisiert, weil er der Meinungsfreiheit widerspreche. Vergleichbare Bestimmungen gibt es allerdings auch in europäischen Ländern.

In Deutschland ist dies Paragraph 130 StGB „Volksverhetzung“, besonders Absatz 3, dessen schwammig formulierter Straftatbestand in den Medien als „Leugnung des Holocausts“ bezeichnet wird.

Während in der Türkei fast alle Prozesse mit Freisprüchen enden, ist in Deutschland eine Haftstrafe die Regel. In der Türkei wie in Deutschland dienen die Paragrafen, die Meinungen unter Strafe stellen, in erster Linie der Bekämpfung unliebsamer politischer Gegner.

Vollständige Meinungsfreiheit herrscht nur in einem Land, nämlich den USA. Seit Gründung der Vereinigten Staaten wird dem Recht auf freie Meinungsäußerung (freedom of speech) eine ganz besondere Bedeutung beigemessen. Aber auch dort steht es unter Druck und kann gegen Randalierer manchmal nur mit Polizei und Gerichtsurteilen durchgesetzt werden.

[Text: Richard Schneider. Quelle: Standard, 2006-12-20.]