Rüdiger Wischenbart weist in einem Beitrag für Perlentaucher.de darauf hin, dass sich in Deutschland die Zahl der Übersetzungen von Büchern aus dem Englischen innerhalb eines Jahrzehnts halbiert hat. Allerdings stammten immer noch 50 bis 60 Prozent aller Literaturübersetzungen von englischsprachigen Originalen.
Umgekehrt seien aber nur 3 bis 6 Prozent aller weltweit veröffentlichten Buchübersetzungen Übersetzungen ins Englische. Teilweise noch drastischere Ungleichgewichte bestünden zwischen nicht englischsprachigen Ländern. „So wurden Polnisch und Chinesisch im vergangenen Jahrzehnt zu den stärksten Zielsprachen für Übersetzungen aus dem Deutschen, während umgekehrt nur ganz vereinzelt aus diesen Sprachen ins Deutsche übersetzt wird“, so Wischenbart.
Wie lässt sich dieses Phänomen erklären? Er kommt nach der Analyse internationaler Übersetzungsstatistiken zu folgendem Schluss:
Übersetzungen folgen keinen kulturellen Idealen und sind auch so gut wie nie ein Dialog auf gleicher Augenhöhe. Vielmehr folgen sie den Strukturen der Macht. Sie vermitteln das Bild einer Kaskade, wo deutlich aus stärker vertretenen Sprachen in gewissermaßen nachgereihte übersetzt wird.
So wurden Polnisch und Chinesisch im vergangenen Jahrzehnt zu den stärksten Zielsprachen für Übersetzungen aus dem Deutschen, während umgekehrt nur ganz vereinzelt aus diesen Sprachen ins Deutsche übersetzt wird. […]
All die heroischen Bemühungen nach dem Zweiten Weltkrieg, die verfeindeten Nachbarn Frankreich und Deutschland auch mittels Büchern einander näher zu bringen finden in den Buchmärkten von heute kaum noch einen Niederschlag. 2005 stammten gerade noch 9,4 Prozent aller Übersetzungen ins Deutsche von französischen Originalen […]
Auch in Frankreich sieht es nicht viel anders aus, mit 58 Prozent Übersetzungen aus dem Englischen gegenüber 7,2 Prozent aus dem Deutschen und mageren 0,2 Prozent aus dem Polnischen […]
Viel drastischer ist die Situation für kleinere Sprachen und Märkte. Zwischen Nachbarländern wie Polen, Tschechien oder Ungarn machen die Übersetzungen wechselweise jeweils gerade einmal ein bis zwei Prozent aus, was zeigt, dass solche Nachbarn kulturell kaum noch über Bücher miteinander kommunizieren.
Den vollständigen Artikel können Sie bei Perlentaucher.de lesen.
[Text: Richard Schneider. Quelle: Perlentaucher.de, 2007-03-16.]