Afghanistan, Bosnien: Helfer machen schlechte Erfahrungen mit einheimischen Dolmetschern

Wenig schmeichelhaft ist das, was der Mitarbeiter einer Hilfsorganisation und ein Polizist über ihre Erfahrungen mit einheimischen Dolmetschern in Afghanistan und Bosnien berichten.

Reinhard Erös ist ehemaliger Bundeswehr-Fallschirmjäger, Arzt und Organisator der „Kinderhilfe Afghanistan“. In einem Vortrag bei der Polizeidirektion Hannover erklärte er, dass das Vertrauen der Europäer in Dolmetscher bei Auslandseinsätzen oft zu grotesken Situationen führe. So sei ein Junge nach dem Einmarsch der internationalen Truppen in Afghanistan von einem Fernsehteam befragt worden, ob die Taliban in seinem Dorf Gräuel verübt hätten. Der afghanische Dolmetscher übersetzte die Äußerungen des Kindes und schilderte schlimme Übergriffe. Erös, der etwas Paschtu spricht, hörte zu und kam aus dem Staunen nicht heraus, denn der Junge hatte lediglich gesagt, dass die Taliban ganz weit weg gewesen seien. Er fragte den Dolmetscher, warum er falsch übersetzt habe. „Weil ihr doch diese Version hören wollt“, so die Antwort.

Diese Erfahrung bestätigt Kriminalhauptkommissar Thomas Block: „Wenn ich in Bosnien zur Amtsenthebung eines lokalen Polizeichefs abgeordnet wurde, habe ich mir immer zwei Dolmetscher mitgenommen, um halbwegs sicher zu gehen, dass ich nicht hinters Licht geführt werde.“

[Text: Richard Schneider. Quelle: Hannoversche Allgemeine, 2007-11-20.]