„Betrayed“ – Theaterstück über irakische Dolmetscher der Besatzungstruppen hat in New York Premiere

„Sie gelten als Verräter, vogelfrei, sie werden entführt, erschossen, totgeschlagen. Es ist eine der großen humanitären Katastrophen der Gegenwart.“ Das schreibt die Wochenzeitung Die Zeit zur Lage der Iraker, die den westlichen, östlichen und fernöstlichen Besatzungstruppen als Dolmetscher, Fahrer, in der Verwaltung oder als Zulieferer im Irakkrieg geholfen haben. Nur ein kleiner Teil von ihnen kann damit rechnen, nach Abzug der Truppen in den Ländern der Arbeitgeber aufgenommen zu werden.

Der Irak-Reporter George Packer hat ein Theaterstück mit dem Titel „Betrayed“ (Verraten) über diese sich anbahnende Tragödie geschrieben. Es wurde soeben in New York uraufgeführt.

Packer hat im Irak mit Einheimischen gesprochen, die für die Amerikaner gearbeitet haben. Seine Reportage erschien 2007 im New Yorker. Der Wunsch, diese Problematik vielschichtiger und menschlich greifbarer darzustellen, führte ihn dazu, ein Theaterstück zu verfassen.

Hauptfiguren sind drei irakische Dolmetscher, darunter eine Frau, die für die Amerikaner arbeiten. Einer wird entlassen, weil der verdächtigt wird, ein Spion zu sein. Daraufhin wird er von den al-Sadr-Milizen erpresst, Informationen über die Besatzer zu liefern. Die Dolmetscherin wird von Islamisten umgebracht.

Das eigentlich Schreckliche an der Lage der irakischen Dolmetscher und anderer Helfer ist laut Pecker die amerikanische Gleichgültigkeit. So wolle der amerikanische Botschafter im Irak Flüchtlingen kein Visum erteilen, weil das bedeuten würde, zuzugeben, dass die USA den Krieg verloren hätten. Es sei das in das kollektive amerikanische Gedächtnis eingebrannte Bild der letzten US-Hubschrauber in Saigon, an deren Kufen sich Vietnamesen klammerten, vor dessen Wiederholung man Angst habe.

Die USA hätten im Jahr 2007 lediglich 1.600 Iraker aufgenommen. Für 2008 habe das Außenministerium aber 12.000 Visa versprochen. Pecker weist nach der Vorstellung das überraschte amerikanische Publikum darauf hin, dass das kleine Schweden bereits 20.000 Iraker aufgenommen habe. Die Gesamtzahl der im Irak Betroffenen belaufe sich auf 100.000.

„Betrayed“ läuft im Theater „The Cultural Project“, 55 Mercer Street, New York (SoHo), bis zum 16.03.2008 täglich außer dienstags. In der Zeit [die den Titel fälschlich mit „Betrayal“ (Verrat) angibt] ist ein Artikel dazu erschienen.

[Text: Richard Schneider. Quelle: Zeit, 2008-02-06.]