Die Anhörung des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik des Deutschen Bundestags zum Thema „Deutsch als Wissenschaftssprache“ vom 26.01.2009 förderte eindeutig zu Tage, dass Deutsch als Wissenschaftssprache immer mehr an Bedeutung verliert. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, fordert die Politik in Bund und Ländern auf, diesem Verlust an kultureller Vielfalt nicht länger tatenlos zu zusehen oder ihn gar ihn zu befördern.
Die deutsche Sprache, die sowohl in den Natur-, in den Ingenieur- als auch den Geisteswissenschaften einmal weltweite Geltung hatte, besitzt in den Naturwissenschaften bereits heute so gut wie keine Bedeutung mehr. Nur noch 1 Prozent der veröffentlichten naturwissenschaftlichen Beiträge erscheinen noch in deutscher Sprache.
Bei ausländischen Wissenschaftlern, die als Gäste nach Deutschland kommen, entsteht, so ein Befund aus der Anhörung, immer mehr der Eindruck, dass Deutschkenntnisse nicht erforderlich sind, um in den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit den Kollegen kommunizieren zu können: Englisch reicht aus.
Selbst bei Tagungen in Deutschland ist zunehmend Englisch die alleinige Verkehrssprache. Geradezu absurd ist, wenn Professoren mit der Muttersprache Deutsch ihre deutschen Studierenden ebenfalls auf Englisch unterrichten sollen. Der Verzicht auf Deutsch als Wissenschaftssprache in Deutschland ist ein Verzicht auf die eigenen Traditionen und die kritische Reflexion dieser Traditionen.
Der Verlust der Wissenschaftssprache Deutsch bedeutet auch einen Verlust an wissenschaftlichem Denken, denn Wissenschaftsdenken ist auch sprachkulturell geprägt. Auf lange Sicht wird so der Wissenschaftsstandort Deutschland darunter leiden, obwohl man hofft, ihn international anschlussfähig zu machen.
Festhalten an der Wissenschaftssprache Deutsch keine Deutschtümelei
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte:
Das Festhalten an der Wissenschaftssprache Deutsch hat nichts mit Deutschtümelei oder gar Nationalismus zu tun. Ganz im Gegenteil, es geht um die Sicherung der kulturellen Vielfalt und den Erhalt kultureller Eigenständigkeit.
Es sollte daher selbstverständlich sein, dass auch bei internationalen Tagung in Deutschland Deutsch eine der Verkehrssprachen ist. Ebenso müssen die Geisteswissenschaften, in denen Deutsch als Wissenschaftssprache noch eine größere Bedeutung hat, gestärkt werden. So wird es hoffentlich gelingen, zumindest in einigen Disziplinen Deutsch als Wissenschaftssprache zu erhalten, zu stärken und auszubauen. Weiter müssen wissenschaftliche Publikationen in deutscher Sprache stärker gefördert werden, damit die Wissenschaftssprache Deutsch nicht weiter an Bedeutung verliert.
Deutsch als Wissenschaftssprache liegt im Sterben, diese Diagnose wurde gestern im Deutschen Bundestag einmütig gestellt, jetzt sind die Politik aber auch die Wissenschaftsverbände gefordert, eine Therapie zur Rettung zu entwickeln. Kulturelle Vielfalt fängt beim Erhalt der eigenen Sprache an.
[Text: Deutscher Kulturrat. Quelle: Pressemitteilung Deutscher Kulturrat, 2009-01-27. Bild: Deutscher Kulturrat.]