Fatwa gegen Salman Rushdie: Mordanschläge auf drei seiner Übersetzer

Die satanischen Verse
Bild: Penguin

Heute vor 20 Jahren, am 14. Februar 1989, verurteilte das iranische Staatsoberhaupt Ayatollah Ruhollah Khomeini den indisch-britischen Autor Salman Rushdie in einer Fatwa zum Tode.

Dessen 1988 in Großbritannien erschienener Roman Die satanischen Verse verunglimpfe den Islam, den Propheten Mohammed und den Koran. Moslems in aller Welt wurden aufgefordert, das Urteil zu vollstrecken. Auf den Autor wurde ein Kopfgeld ausgesetzt.

Deutscher Verlag und Übersetzerin machen einen Rückzieher

Die deutsche Übersetzerin, die 1989 bereits eifrig bei der Arbeit war, die Satanischen Verse ins Deutsche zu übertragen, zog sich nach Bekanntwerden der Fatwa zurück, ebenso wie der Verlag Kiepenheuer & Witsch, der sie beauftragt hatte. Die Wochenzeitung Die Zeit schreibt:

Die Übersetzerin, die dabei war, den Text ins Deutsche zu übertragen, trat daraufhin von ihrem Auftrag zurück, glücklicherweise fanden sich zwei anonym bleibende Übersetzer, die es dann schafften, den deutschen Text in guter Qualität rechtzeitig zum Herbst 1989 fertigzustellen.

Für die Herausgabe musste allerdings eigens zu diesem Zweck ein Verlag namens Artikel 19 gegründet werden, der seinen Sitz in Hamburg hatte. Denn auch die Verlage, die Rushdies Buch herausbrachten, wurden von Islamisten bedroht.

Übersetzer genießen keinen Polizeischutz

Im Gegensatz zu Rushdi stehen seine Übersetzer nicht unter Polizeischutz. Einer wurde ermordet, einer schwer verletzt, ein weiterer entging nur knapp einem Anschlag. Und von dem Farsi-Übersetzer ist bekannt, dass er fliehen und untertauchen musste. Ein Schicksal, das vermutlich weitere Übersetzer erleiden mussten.

  • 03.07.1991: Ettore Capriolo, der italienische Übersetzer der Satanischen Verse, wird in Mailand von einem Iraner niedergestochen. Er überlebt schwer verletzt.
  • 12.07.1991: Hitoshi Igarashi, der japanische Übersetzer und Dozent, wird vor seinem Büro an der Universität Tsukuba tot aufgefunden – von mehreren Unbekannten erstochen.
  • 1992: Dr. Khasani, der Übersetzer der Satanischen Verse ins Persische (Farsi), musste aus Teheran über verschiedene Länder ins Ausland fliehen und ließ sich schließlich in Israel nieder. Dort heiratete er eine Israelin, kündigte an, zum Judentum zu konvertieren und beantragte die Staatsbürgerschaft des Landes, in dem er unter neuem Namen lebt.
  • 02.07.1993: Aziz Nesin, der türkische Übersetzer, entging auf einem alevitischen Kulturfestival nur knapp einem Brandanschlag türkischer Islamisten auf das Hotel, in dem er wohnte. 37 unbeteiligte Menschen verloren im Feuer ihr Leben.

Bedrohungslage besteht fort – Übersetzer ziehen es vor, anonym zu bleiben

„Heute wirkt dieses Todesurteil wie das erste Kapitel einer finsteren Geschichte, die nicht mehr aufhören will“, schrieb die Süddeutsche Zeitung zum zwanzigsten Jahrestag 2009.

Im Iran wurde das auf Rushdie ausgesetzte Kopfgeld im Lauf der Jahre mehrfach erhöht – zuletzt im Februar 2016 auf insgesamt umgerechnet fast 4 Millionen US-Dollar.

Diese Bedrohungslage hat dazu geführt, dass bis heute zumindest die Übersetzer des Romans Die satanischen Verse sowohl im Deutschen als auch in vielen anderen Sprachen anonym bleiben. Wie eine Recherche auf amazon.de zeigt, gilt dies auch für einige andere, aber nicht alle Werke des Autors Salman Rushdie.

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Richard Schneider