Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) empfahl vor wenigen Tagen, Englisch zur Teil-Amtssprache aufzuwerten. Dies war ein Ergebnis des Forschungsprogramms „Sprachenvielfalt und Sprachkompetenz in der Schweiz“. Die Reaktionen reichen von entrüsteter Ablehnung in den französischsprachigen Kantonen bis hin zu vereinzelter Zustimmung unter den Deutschschweizern.
Kulturminister Pascal Couchepin äußerte sich bislang noch nicht. Der Tages-Anzeiger schreibt: „Aus seinem Umfeld war jedoch zu erfahren, was der Romand von einer Aufwertung des Englischen hält: Gar nichts.“ Der Freiburger CVP-Nationalrat Dominique de Buman ist Präsident der Organisation „Helvetia Latina“, die sich der Förderung der romanischen Sprachen verschrieben hat. Er meint zu dem Vorschlag: „Das ist lächerlich und kommt überhaupt nicht in Frage.“ Der Neuenburger SP-Nationalrat Didier Berberat, Funktionär der internationalen frankofonen Parlamentariervereinigung, pflichtet dem bei: „Ich wehre mich gegen diesen Kultur-Imperialismus des Englischen. Englisch zu fördern ist zwar sehr in Mode. Wir sollten uns aber auf die Landessprachen konzentrieren.“ Falls eine weitere Sprache Teil-Amtssprache werden sollte, schlägt Berberat Portugiesisch oder Albanisch vor. Auch der St. Galler SVP-Nationalrat Theophil Pfister weist darauf hin, dass es in der Schweiz weiter verbreitete Sprachen als das Englische gibt: „Ich sehe nicht ein, warum Englisch Teil-Amtssprache werden soll, nicht aber Albanisch.“
In der Tat nannten im Jahr 2000 bei der Schweizer Volkszählung 1,3 Prozent der Bevölkerung Albanisch als Muttersprache, 1,2 Prozent Portugiesisch und nur 1 Prozent Englisch.
Ungeachtet der Proteste setzt sich der Vormarsch des Englischen weiter fort. Seit Anfang 2009 veröffentlicht der Bund Rechtstexte „von besonderer Tragweite oder internationalem Interesse“ auch auf Englisch. Im Tages-Anzeiger heißt es:
«Wir kommen mit der Arbeit kaum noch nach», sagt Stephen Frost, Leiter des englischen Sprachdienstes der Bundeskanzlei. Neben Rechtstexten übersetzen er und seine vier Mitarbeiter vor allem Webauftritte, Reden und Briefe der Bundesräte. Auch die meisten Departemente beschäftigen eigene Englisch-Übersetzer oder beauftragen externe Büros. Wie der Bundesrat 2007 aufgrund einer Anfrage Berberats ausführte, gibt der Bund pro Jahr schätzungsweise 2,1 Millionen Franken für Übersetzungen ins Englische aus.
Noch weiter als die Forscher des Nationalfonds möchte der Zürcher FDP-Ständerat Felix Gutzwiller gehen. 2007 forderte er den Bundesrat auf, Englisch als vollwertige Amtssprache einzuführen. Doch die Regierung lehnte den Vorstoss ab. «Ich bin froh, dass das Thema wieder auf den Tisch kommt», sagt Gutzwiller. Ihm gehe es nicht darum, die Landessprachen zu konkurrenzieren. Eine Aufwertung des Englischen wäre seiner Ansicht nach jedoch ein wichtiger Standortvorteil im Wettbewerb um die besten Talente. «Die Immigration aus englischsprachigen Ländern wird weiter zunehmen. Wir sollten uns darauf vorbereiten», erklärt Gutzwiller.
Mehr zum Thema im Übersetzerportal
Schweiz: SNF empfiehlt Englisch als Teil-Amtssprache
[Text: Richard Schneider. Quelle: Tages-Anzeiger, 2009-02-17. Bild: Archiv.]