Gerichtsdolmetschen in Südafrika: „Sie sprechen ja schlechter Deutsch als ich Englisch“

Die Bild-Zeitung schildert die Abenteuer eines deutschen Schwarzhändlers bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika:

Der erste Satz des Übersetzers klingt so: „Wir goen na ander Court.“ Und Carlos L. (38) aus Braunschweig ahnt: Das hier wird ein schwieriger Abend. Der Übersetzer will sagen, dass das Verfahren gegen L. in einen anderen Saal verlegt wurde. Nicht das letzte, was der deutsche Fußballfan nicht versteht. Dabei geht es um fünf Jahre Knast. […] Carlos L. spricht kein Englisch, seine Pflichtverteidigerin kein Deutsch. Der Dolmetscher, ein Nigerianer, irgendwas dazwischen. „Sie sprechen ja schlechter Deutsch als ich Englisch“, sagt Carlos L.

Dem Angeklagten wird Schwarzhandel mit WM-Eintrittskarten vorgeworfen. Er hat vor Ort für 4.000 Dollar 25 WM-Karten gekauft – angeblich „für Freunde“. Pech für ihn, dass er von einem Zivilfahnder erwischt wurde.

Während der Fußball-Weltmeisterschaft gilt in Südafrika ein „FIFA-Gesetz“, mit dem Straftäter härter und vor allem schneller bestraft werden können. Die Gerichte schieben Überstunden und verhandeln „WM-Delikte“ in einer Sonderschicht von 16 bis 23 Uhr. Die Zeitung schreibt:

Die Anwältin verschwindet, raucht eine Zigarette mit dem Staatsanwalt, kommt mit guten Nachrichten zurück: Bekennt sich L. schuldig, mit fünf Karten gedealt zu haben, kommt er mit einer Geldstrafe davon.

Das wenig später eröffnete Verfahren dauert keine zehn Minuten und endet mit dem Urteilsspruch: „2.000 Rand Strafe oder 100 Tage Gefängnis.“ Die umgerechnet 209 Euro zahlt der Deutsche anstandslos. Er will nur noch heim nach Braunschweig.

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2010-06-18: Südafrika: 200 Gerichtsdolmetscher für Schnellgerichte bei Fußball-WM

[Text: Richard Schneider. Quelle: Bild, 2010-07-01.]