Richter vergisst, Anklageschrift übersetzen zu lassen – Prozess vertagt

Justitia Wuppertal
Die Justitia am Eingang des alten Rathauses von Wuppertal-Elberfeld. - Bild: Richard Schneider

In Ravensburg musste der Strafprozess gegen einen 20-jährigen Asylbewerber aus dem Gaza-Streifen vertagt werden, weil der Richter vergessen hatte, die Anklageschrift ins Arabische übersetzen zu lassen. Der Südkurier berichtet:

Strafverteidiger Klaus Schön aus Konstanz fiel noch während der Feststellung der Personalien dem Vorsitzenden Richter Stefan Maier ins Wort – er verlangte, den Prozess auszusetzen. Der Grund: Keine der beiden Anklageschriften war ins Arabische übersetzt worden. „Ist ihnen nicht klar, dass bei dieser Anklage eine vereidigte Dolmetscherin nicht ausreicht? Wir brauchen eine ordnungsgemäße Übersetzung, schließlich ist das ein großes Verfahren, es geht um Totschlag“, sagte Rechtsanwalt Schön.

Nach einer viertelstündigen Beratung hatten die Richter ein Büro gefunden, das die Schriften bis zum 20. September übersetzen kann. „Wieso kommen sie erst jetzt damit daher und nicht schon im Mai oder Juni?“, beschwerte sich Richter Maier, doch der Rechtsanwalt versicherte, diesen Wunsch bereits im Schriftverkehr geäußert zu haben.

Dem Angeklagten, der zuvor bereits wegen Ladendiebstahls und Prügeleien aufgefallen war, wird vorgeworfen, im Januar 2010 in betrunkenem Zustand einen Mitbewohner in der Sammelunterkunft in Kressbronn mit Messern, einem abgebrochenen Pilsglas und einem kindskopfgroßen Stein attackiert zu haben. Nach Zeugenaussagen drohte er dabei, seinen Kontrahenten „zu zerhacken“ und in „Stücke zu schneiden“. Darüber hinaus habe er seinem Opfer erklärt, er wolle ihn „sterben sehen“. Das Opfer trug Verletzungen am Ohr und der Schläfenschlagader davon, konnte aber durch eine Operation gerettet werden.

Richard Schneider