Wir werden den Protest der GerichtsdolmetscherInnen gegen einen DolmetscherInnenpool bei der Justizbetreuungsagentur unterstützen. Es ist nicht im Sinn des Rechtsstaats, wenn die Justiz billige LaiendolmetscherInnen anstellt, erklärt der Justizsprecher der österreichischen Grünen, Albert Steinhauser. Die Qualitätsstandards des derzeitigen Systems seien sehr hoch. Vielleicht werde die neue Lösung billiger, gespart werde aber auf Kosten der Qualität im hochsensiblen Bereich des Dolmetschens während eines Verfahrens.
Kritik kommt auch aus den Reihen der Richter. Wenn uns die Agentur Übersetzer serviert, und wir uns diese nicht selbst aussuchen können, ist das ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit, sagt die Vizepräsidentin des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen, Waltraud Berger, deren Gericht für die Berufsprüfung der Wiener Gerichtsdolmetscher zuständig ist.
Laut einem Bericht der Presse gibt es in Wien derzeit 386 Gerichtsdolmetscher, unter denen die Türkisch-Dolmetscher die größte Gruppe ausmachen. Deren Sprecherin Sirma Saglam erklärt, man prüfe eine Verfassungsgerichtshof-Beschwerde.
Derweil versucht Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, die Wogen zu glätten. Laut EU-Richtlinie sei die Dolmetschertätigkeit bei den Gerichten ab 2013 auszuweiten, zum Beispiel auch auf die Anwaltsgespräche. Ihrer Ansicht nach dürften die bisherigen Gerichtsdolmetscher auch weiter zu ihren Aufträgen kommen.
Wie berichtet, soll ab 2011 die Justizbetreuungsagentur den Straf- und Arbeitsgerichten festangestellte Dolmetscher zur Verfügung stellen. Bisher haben die Richter freiberufliche Dolmetscher aus einer Liste ausgewählt. Diese sehen nun ihre Fälle davonschwimmen und plädieren mit dem Argument der Qualitätssicherung für eine Beibehaltung des Status quo.
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Österreich will künftig justizeigene Dolmetscher in Verhandlungen einsetzen
[Text: Richard Schneider. Quelle: Pressemitteilung Die Grünen, 2010-11-25; Die Presse, 2010-11-27.]