VdÜ legt Eckpunkte für Vergütung von Literaturübersetzern vor

VdÜDer Verband der Literaturübersetzer VdÜ veranstaltet Anfang Januar mit einer Reihe von Verlagsvertretern ein „Arbeitstreffen Übersetzervergütung“, zu dem er als Diskussionsgrundlage ein Eckpunktepapier vorlegt, das der Verband heute veröffentlicht hat.

Hinrich Schmidt-Henkel, Vorsitzender des Übersetzerverbandes, sagt hierzu: „Zwar wird der BGH am 20.1.2011 erneut ein Urteil zu einigen Übersetzungsverträgen sprechen; doch kein Urteil kann eine Gemeinsame Vergütungsregel ersetzen. Unsere Eckpunkte zielen auf einen fairen Ausgleich zwischen den beiderseitigen Interessen. Wie sie in eine künftige Vergütungsregel einfließen, werden die Bemühungen um einen Kompromiss im neuen Jahr zeigen.“

Eckpunkte einer künftigen Vergütungsregel für Literaturübersetzer

Seit der Reform des Urheberrechts von 2002, die Urhebern das Recht auf angemessene Honorare für die Nutzung ihrer Werke zusprach, sind mehr als acht Jahre vergangen. In dieser Zeit konnten sich der Übersetzerverband VdÜ und die Buchverlage nicht auf eine mehrheitsfähige Gemeinsame Vergütungsregel (GVR) für eine angemessene Honorierung der Literaturübersetzer einigen. Das Realeinkommen der Übersetzer stagniert unterdessen weiter.

Wir begrüßen, dass der BGH verbindliche Leitsätze zur Angemessenheit der Übersetzervergütung formuliert hat. Zugleich sehen wir, dass diese Leitsätze die Vielfalt des Marktes und seiner Teilnehmer nicht so abbilden, wie es wünschenswert wäre: Während die Übersetzer-Nebenrechtsbeteiligung von 50 % am Verlagsanteil besonders für die mittleren und kleinen Verlage eine kaum zu verkraftende Härte darstellt, ist für die Literaturübersetzer die Beteiligung beim Hauptrecht mit 0,8 % vom Verkaufspreis zu niedrig ausgefallen, zumal bei den niedrigen Seitenhonoraren keine Verbesserung vorgesehen ist. Desweiteren sind die Schwelle von 5.000 Exemplaren vor Einsetzen einer Beteiligung und besonders die Halbierung der Beteiligung bei Erstveröffentlichungen im Taschenbuch nicht akzeptabel. Warum?

Für den Autor ist der Übersetzungsmarkt einer von mehreren Nebenmärkten; für den Übersetzer aber ist es der einzige Markt. Was bei deutschen Autoren eine angemessene Regelung sein mag, stellt für Übersetzer eine unangemessene Härte dar. Da der Preis für Taschenbücher viel geringer ist als der für Hardcover und sie kaum jemals an Dritte lizenziert werden, sind Übersetzer von Originaltaschenbüchern vierfach benachteiligt: Geringeres Seitenhonorar, geringere Beteiligung an geringeren Ladenpreisen, geringere Aussicht auf zusätzliche Einnahmen durch Nebenrechtsverwertungen.

Über die Hälfte aller Übersetzungen erreichen weder die 5.000er-Schwelle noch werden von ihnen Taschenbuchlizenzen verkauft, für weitere rund 25 % ergeben sich allenfalls Mehreinnahmen von einigen hundert Euro – zu wenig für eine wirkliche Verbesserung der Einkommenssituation. Kurz gesagt: Gemäß dem BGH-Urteil würden die Literaturübersetzer für mehr als die Hälfte ihrer Werke nicht besser vergütet werden als vor dem Stärkungsgesetz von 2002 – das aber war nicht Sinn und Zweck des Gesetzes, in dem auf die missliche Lage der Literaturübersetzer ausdrücklich hingewiesen wird.

Unser Ziel ist daher eine gemeinsame Vergütungsregel, die auf faire Weise zwischen den Notwendigkeiten der Literaturübersetzer und der Verlage vermittelt. Dabei sind unsere Interessen: Differenzierung der Seitenhonorare gemäß dem unterschiedlichen Aufwand, den die Übersetzungen bedeuten, sowie Beteiligungen an allen Verwertungen.

Als Eckpunkte für eine künftige Vergütungsregel schlagen wir deshalb vor:

  1. Eine laufende Absatzbeteiligung an allen gedruckten Verlagsausgaben für jedes verkaufte Exemplar von mindestens
    1 % des Nettoladenverkaufspreises.
  2. Eine Beteiligung an den Lizenzerlösen, die es den Hardcoververlagen weiterhin ermöglicht, ihre Verlagsprogramme durch den Verkauf von Nebenrechtslizenzen zu refinanzieren. Hierbei erscheint uns als Bemessungsgrundlage die Brutto-Lizenzsumme (Gesamterlös des Verlags) geeigneter als der Verlagsanteil.
  3. Eine laufende Absatzbeteiligung an allen Formen digitaler Verwertungen, die sich in Relation zum Anteil der Originalautoren bemisst.
  4. Zur Einordnung der Seitenhonorare sollen drei Honorarzonen definiert werden, die Übersetzungen, grob gesagt, nach geringem, normalem und hohem Anspruch bzw. Aufwand einteilen. Zur Bestimmung der Seitenhonorare, aber auch zur Wahrung der redlichen Branchenübung wird für jede Honorarzone ein Mittelwert vereinbart. Unterschreitet ein Seitenhonorar den jeweiligen Mittelwert um mehr als 20%, gilt es nicht mehr als angemessen oder üblich.

Diese Eckpunkte erscheinen uns als sinnvoll und vernünftig, um die Unschärfen der Rechtsprechung auszugleichen und zwischen den Interessen beider Seiten zu vermitteln. In einem ersten Schritt wollen wir Übersetzer daher im gemeinsamen Gespräch mit den Verlagen zur Systematik einer Vergütungsregel finden, um sie dann in einem zweiten Verhandlungsschritt mit Zahlen zu konkretisieren. Nur eine Gemeinsame Vergütungsregel kann für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden in unserer Branche sorgen.

[Text: Hinrich Schmidt-Henkel. Quelle: Pressemitteilung VdÜ, 10.12.2010. Bild: VdÜ.]