Bundestagspräsident Lammert fordert: Deutsch im Grundgesetz verankern

Norbert Lammert
Norbert Lammert

Mitte Januar 2011 diskutierten führende Politiker und Wissenschaftler in der Akademie für Politische Bildung Tutzing über die Zukunft der deutschen Sprache in Forschung und Lehre. Eröffnet wurde die Veranstaltung „Deutsch in der Wissenschaft“ von Bundestagspräsident Norbert Lammert.

In seinem Vortrag über „Sprache. Und Politik“ forderte er erneut dazu auf, den Satz „Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch“ im Grundgesetz zu verankern. „Bei den 58 Änderungen des Grundgesetzes, die es seit 1949 gegeben hat, fallen mir keine fünf Änderungen ein, die es an Bedeutung und Rang mit der Sprache als Mittel der Selbstverständigung und der Identität eines Landes aufnehmen können“, betonte Lammert. „Wenn die Politik mitverantwortlich sein will für die Förderung der Sprache des Landes, muss sie das im Grundgesetz klarstellen.“

Deutsch als Landessprache ist Bestandteil der Verfassungen Österreichs und der Schweiz. Die Parteien könnten sich an diesem Beispiel orientieren und auf diesem Wege die gesamte Gesellschaft stabilisieren. Die Aufnahme der Landessprache Deutsch ins Grundgesetz zeuge keineswegs von fehlendem Selbstbewusstsein.

Im November 2010 nahm Norbert Lammert eine Liste mit insgesamt 46.317 Unterschriften von Bürgern entgegen, die sich dafür aussprechen, die deutsche Sprache in das Grundgesetz aufzunehmen. Initiatoren der Unterschriftenaktion sind der Verein Deutsche Sprache und der Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland. Mehr als 100 Millionen Menschen sprechen Deutsch als Muttersprache, über 20 Millionen Menschen weltweit lernen Deutsch als Fremdsprache. Deutsch ist die meistgesprochene Sprache in der Europäischen Union.

Lammerts Ziel ist es nicht, die Vielsprachigkeit einzugrenzen. Vielmehr möchte er der Statusminderung der deutschen Sprache entgegenwirken. Außerdem fügte er hinzu, dass nicht jeder Forscher fließend Englisch spreche und verstehe, aber trotzdem in vorauseilendem Gehorsam in der Fremdsprache Englisch publiziere, wobei viel Präzision verloren gehe.

Die Berliner Bundestagsabgeordnete Monika Grütters sagte, Deutsch ins Grundgesetz aufzunehmen sei weit mehr als „ein Verfassungsschnörkel“. Mehrsprachigkeit sei auf der anderen Seite das „Gegengift“ gegen nationales Schubladendenken. Zudem erinnerte sie an die Vorreiterrolle deutscher Forschung in den Bereichen Philosophie, Jura oder Kunstgeschichte.

Doch am 19.12.2010 wurde die Petition „Grundgesetz -– Keine Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz“ eingereicht. Hauptpetent ist der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch.

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, den gesetzlichen Status der deutschen Sprache unverändert zu lassen. Insbesondere möge er eine Aufnahme der deutschen Sprache in das Grundgesetz ablehnen.

Begründung

Der Status des Deutschen als Amtssprache ist in den Verwaltungsverfahrensgesetzen von Bund und Ländern eindeutig geregelt, sodass die herausgehobene Stellung der deutschen Sprache in der Kommunikation zwischen Bürger und staatlichen Institutionen außer Frage steht.

Über die herausgehobene Stellung des Deutschen in Bildung, Politik und Kultur in Bund und Ländern besteht darüber hinaus ein breiter gesellschaftlicher Konsens, der während der gesamten Geschichte der Bundesrepublik auch ohne grundgesetzlich festgeschriebenen Status nie in Zweifel gezogen worden ist.

Eine Festschreibung des Deutschen als Landessprache im Grundgesetz hätte deshalb eine ausschließlich symbolische Funktion: Sie wäre ein Signal der Abschottung gegen die internationalen Freunde und Verbündeten der Bundesrepublik ebenso, wie gegen die in Deutschland heimischen Mitbürger mit Migrationshintergrund, die einen wichtigen Teil der bundesdeutschen Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur darstellen.

Eine Festschreibung des Deutschen als Landessprache im Grundgesetz würde darüber hinaus in die sprachliche Souveränität der Länder eingreifen, die so in ihren Möglichkeiten eingeschränkt würden, Minderheitensprachen (wie etwa das Friesische oder Sorbische) als wichtigen Teil der eigenen kulturellen Identität anzuerkennen und bei der Festlegung ihrer Amtssprachen angemessen zu berücksichtigen.

Inzwischen haben über 1.600 Personen die Petition mitgezeichnet.

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[Text: Jessica Antosik. Quelle: www.bundestag.de. Bild: Gerd Seidel, Lizenz CC BY-SA 3.0.]