Plus/minus 15 Prozent: Regionale Preisunterschiede bei Übersetzungen in Deutschland

Regionale Honorarunterschiede in Deutschland
Dunkelgrün: sehr niedrige Honorare; Grün: niedrige Honorare; Gelb: durchschnittliche Honorare; Rot: hohe Honorare; Dunkelrot: sehr hohe Honorare.

Wer schon in verschiedenen Regionen Deutschlands übersetzerisch tätig war, dürfte es bereits gemerkt haben. Vielen anderen – gerade den Berufseinsteigern – ist es aber meist gar nicht bewusst: Die durchschnittlichen Übersetzungshonorare in Deutschland sind von Region zu Region unterschiedlich hoch. Die Unterschiede können sich auf bis zu 15 Prozent belaufen.

Dies hat allerdings nicht etwas – wie man zunächst vermuten könnte – mit dem Gegensatz zwischen Stadt und Land zu tun. Im Ruhrgebiet, der größten deutschen Stadt, sind die Preise niedrig – ebenso in der Hauptstadt Berlin. In vielen kleineren Städten wie Wolfsburg, Bad Homburg, Pforzheim oder Böblingen sind sie hingegen hoch.

Auch die sich allmählich ausgleichenden, aber nach wie vor bestehenden Unterschiede zwischen westlichen und östlichen Bundesländern reichen als Erklärung nicht aus. Es gibt eine ganze Reihe westdeutscher Städte wie Gelsenkirchen und Pirmasens, denen es schlechter geht als den meisten ostdeutschen Städten.

Offenbar hängen die Preise von der Wirtschaftskraft und dem Lebensstandard einer Stadt oder Region ab. Sie stehen direkt in Zusammenhang mit den bekannten Unterschieden bei den Angestelltengehältern, die zum Beispiel in Karlsruhe höher sind als in Bochum.

Bei einer aktuellen Studie der Vergütungsdatenbank PersonalMarkt wurden mehr als 300.000 Datensätze von Angestellten aller Branchen aus 90 Städten ausgewertet. Das Ergebnis: In Städten wie Frankfurt am Main, München oder Düsseldorf liegen die Gehälter bis zu 15 Prozent über dem Bundesschnitt. In Städten wie Frankfurt/Oder, Cottbus und Schwerin wird dagegen bis zu 25 Prozent unter dem Durchschnitt verdient. Ursache dafür sind die höheren Lebenshaltungskosten – vor allem höhere Mieten – in wirtschaftlich starken Regionen, in denen die Großunternehmen ihren Sitz haben.

Das Arbeitmarktforscher Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung erklärt: „Löhne und Preise bilden sich, wie der Markt es hergibt. […] Ein eigentlich gleichwertiger Haarschnitt kostet in Düsseldorf deutlich mehr als in Neubrandenburg, weil die Gewerbemiete und der Lohn höher ist und die Kunden den höheren Preis akzeptieren. Das sind Ausstrahlungseffekte, die sich gegenseitig verstärken – eine Spirale, die nach oben oder unten gehen kann. Das ist nicht nur in West und Ost zu beobachten, sondern es gibt auch starke regionale Lohngefälle.“

Ein guter Indikator für die Höhe der Gehälter und damit auch der Übersetzungshonorare sind die Miet- und Immobilienpreise. Wo der Quadratmeter viel kostet, sind die Lebenshaltungskosten auch insgesamt höher. Alles ist alles teurer – auch die Übersetzungen.

Wer also wissen will, wo viel und wo nur wenig Honorar zu holen ist, braucht sich nur eine aktuelle Landkarte mit der statistischen Auswertung der Miet- und Immobilienpreise anzuschauen, die weiter oben abgebildet ist.

Wer das Gefälle zum eigenen Vorteil nutzen möchte, sollte in einer Niedrigpreisregion wohnen und Direktkunden in den Hochpreisregionen akquirieren.

[Text: Richard Schneider. Quelle: Bild, 2011-04-07; Spiegel Online, 03/2011. Bild: F+B.]

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