Was geht im Kopf von Übersetzern und Dolmetschern vor sich, während sie Texte in eine andere Sprache übertragen? Wie kann man Zugang zu ihren Denkprozessen erhalten? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des zweiten internationalen Forschungsworkshops zu Methoden der Translationsprozessforschung vom 27. bis 29. Juli 2011 auf Schloss Rauischholzhausen, zu dem Wissenschaftler aus elf Nationen erwartet werden. Den englischsprachigen Workshop veranstaltet Prof. Dr. Susanne Göpferich (Bild), Professorin für Angewandte Linguistik und Translationswissenschaftlerin am Institut für Anglistik, Direktorin des Zentrums für fremdsprachliche und berufsfeldorientierte Kompetenzen, der Justus-Liebig-Universität Gießen, im Rahmen des von ihr geleiteten Forschungsprojekts TransComp Die Entwicklung translatorischer Kompetenz.
Die Translationsprozessforschung ist ein noch junger Zweig der Übersetzungswissenschaft, der sich ab Anfang der 1980er Jahre zu etablieren begann. In den letzten fünf Jahren hat er dank neuer Methoden zu vertieften Einsichten geführt. Eine besondere Rolle spielen hier die Aufzeichnung von Blickbewegungen, das sogenannte Eye-Tracking, sowie die Registrierung der Tastenanschläge und Mausklicks am PC, das sogenannte Tastatur-Logging. Eye-Tracking- und Tastatur-Logging-Daten erlauben uns Rückschlüsse darauf, wie Übersetzer ihre kognitiven Ressourcen beim Übersetzen aufteilen, so Göpferich.
Diese und weitere Methoden, ihre Kombination und Optimierung sind Gegenstand des Workshops. Der Kompetenzgrad eines Übersetzers lässt sich viel differenzierter bestimmen, wenn man dazu nicht nur die fertigen Übersetzungen unter die Lupe nimmt, sondern auch die kognitiven Prozesse, die zu ihnen führten, sagt Göpferich. Auf dem Programm stehen außerdem die Rolle der emotionalen Intelligenz beim Übersetzen, übersetzerische Kreativität, das Posteditieren von maschinellen Übersetzungen, der Einsatz von Spracherkennungssoftware und die Bedeutung der Verbendstellung im Deutschen beim Simultandolmetschen.
Genutzt werden können die Erkenntnisse einerseits zur Optimierung der Ausbildung von Übersetzern und Dolmetschern. Andererseits benötigt man sie in der beruflichen Praxis, wenn man beurteilen möchte, wie aufwändig eine bestimmte Übersetzung ist und wie hoch sie daher zu entlohnen ist.
Mittwoch, 27. Juli 2011, 15.30 Uhr, bis Freitag, 29. Juli 2011, 13 Uhr
Ort: Schloss Rauischholzhausen, Ferdinand-von-Stumm-Straße,
35085 Ebsdorfergrund-Rauischholzhausen
[Text: Lisa Dittrich. Quelle: Pressemitteilung Justus-Liebig-Universität Gießen, 2011-07-20. Bild: Göpferich.]