GD Übersetzung: Anforderungen an Übersetzer von morgen

Vor einigen Wochen veröffentlichte die Generaldirektion Übersetzung der Europäischen Kommission die Ergebnisse des Symposiums über das Übersetzerprofil. Teilgenommen haben europäische Institutionen, Übersetzungsbüros sowie die Gewinner des Übersetzungswettbewerbs Juvenes Translatores. Darüber hinaus waren bei dem Brüsseler Symposium am 29. September 2011 Mitglieder aus dem EMT-Netz anwesend. Die Abkürzung EMT steht für „European Master’s in Translation“. Dabei handelt es sich um ein partnerschaftliches Projekt, das die Europäische Kommission zusammen mit in diesem Fachbereich ausbildenden Hochschulen in Europa durchführt. Vorrangiges Ziel ist die Schaffung eines Qualitätssiegels für Studiengänge auf Masterniveau, die bestimmten Standards genügen.

Die Teilnehmer beschäftigten sich mit den Herausforderungen, die die Übersetzer heutzutage bewältigen müssen und diskutierten über die zukünftigen Anforderungen an Übersetzer. Unter anderem wurden folgende Fragen thematisiert: Verändert sich das Berufsbild aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen? Über welche Kenntnisse und Fähigkeiten müssen Übersetzer angesichts der sich ändernden Gegebenheiten heutzutage und in Zukunft verfügen? Was erwarten Arbeitgeber vom Übersetzer und den Hochschulen? Was wiederum verlangen Übersetzer vom Arbeitgeber und von Kunden? Welche Erwartungen und Bedürfnisse haben letztlich die Kunden und wie können diese erfüllt bzw. befriedigt werden? Unterscheiden sich die Anforderungen an die Übersetzer im privaten und öffentlichen Bereich? Wenn ja, inwiefern?

In den Debatten und drei Workshops „Perspective for translation professions“, „Institutional Translator Training“ und „Professionalisation and Employability“ wurden Empfehlungen und Schlussfolgerungen erarbeitet.
Es folgen nun einige Schlussfolgerungen aus den Workshops:
Der Einsatz von Übersetzungswerkzeugen und maschineller Übersetzung wird aufgrund des steigenden Übersetzungsvolumens zunehmen. In einer Pressemitteilung fasste die Generaldirektion Übersetzung der Europäischen Kommission die Ergebnisse des Symposiums in Bezug auf die maschinelle Übersetzung (engl. machine translation, MT) folgendermaßen zusammen:

The Big Bang of MT came when Google began offering statistical machine translations of websites, asking their users to improve translations for free. The idea of “free” translation has had both a positive and negative affect on the perception of translation in general. Many users of Google Translator’s Toolkit and other free web translation tools underestimate or are simply unaware of the consequences on intellectual property rights when using free online tools. Non-professional use of statistical MT is increasing, and many translators seem unable to combine pre-translation with proper post-editing, so that final results are often substandard.

Die Workshopteilnehmer gehen davon aus, dass die Maschinen jedoch nicht den Menschen ersetzen werden. Der Grund liegt darin, dass die maschinelle Übersetzung nicht für jede Textart und nicht für jede Sprachkombination geeignet ist. Die Symposiumsteilnehmer sind der Ansicht, dass es zu einer Marktdiversifikation kommen wird und sowohl Personen ohne Übersetzererfahrung als auch mit einer universitären Übersetzerausbildung Übersetzungen anfertigen werden, und auch die maschinelle Übersetzung existieren wird.

There will always be good translators and there will always be a need for good translators. There are markets for all types of translation, e.g. crowdsourced, volunteer, high-standard, etc.

Nachfolgend die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Symposium:

  • Zunächst einmal ist festzustellen, dass das Bild des Übersetzers, der ein Einzelkämpfer ist und in seinem stillen Kämmerlein allein vor dem PC sitzt, der Vergangenheit angehört. Teamarbeit ist heutzutage ein Muss. Übersetzer müssen im engen Kontakt zu ihren Kollegen stehen und in der Lage sein, mit ihren Kunden zu kommunizieren, ihre Dienstleistungen anzubieten und zu verkaufen. Zudem müssen Übersetzer mit IT-Experten zusammenarbeiten, um alle Vorteile der neuen Werkzeuge nutzen zu können.
  • Die Stichworte Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Offenheit werden mit dem Beruf des Übersetzers verbunden. Der Begriff Flexibilität bezieht sich auf die Nutzung neuer Technologien, die in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen haben. Im weiteren Sinne ist unter Flexibilität die Bereitschaft, neue Aufgaben zu übernehmen, wie beispielsweise in den Bereichen Projektmanagement, Marketing, Preiskalkulation oder Kundenpflege, zu verstehen.
  • Die Verantwortung für die Ausbildung von Übersetzern können nicht nur die Universitäten tragen. Es bedarf einer engeren Kooperation zwischen Ausbildungsinstitutionen und der Industrie: Organisationen und Unternehmen sollten Studenten und Trainees mehr Praktika o. Ä. anbieten.

Zu guter letzt ein kurzer Überblick über die Entwicklungen der Zukunft hinsichtlich der Aufgaben des Übersetzers:

  • Vorbereitung von Terminologie für MT
  • Spezialisierung wird größere Bedeutung haben
  • Hauptarbeitssprachen Chinesisch, Englisch und Deutsch
  • Englisch als Ausgangssprache
  • Verfassen technischer Texte immer wichtiger
  • Lektorat von englischen Texten, die von Nicht-Muttersprachlern verfasst wurden
  • Lebenslange Weiterbildung ist notwendig, die verstärkt von privaten Unternehmen angeboten werden soll

[Text: Jessica Antosik. Quelle: ec.europa.eu. Bild:Verdy p (Wikipedia).]