Europäischer Bürgerbeauftragter fordert öffentliche Konsultationen in allen EU-Amtssprachen

P. Nikiforos Diamandouros

Der Grieche P. Nikiforos Diamandouros (69, Bild) ist seit dem 1. April 2003 Europäischer Bürgerbeauftragter und nimmt die Aufgaben eines Ombudsmanns wahr. Jetzt hat er die Europäische Union dazu aufgerufen, Dokumente für öffentliche Konsultationen in allen 23 EU-Amtssprachen zu veröffentlichen oder auf Anfrage Übersetzungen anzubieten.

Ein spanischer Rechtsanwalt hatte sich im Oktober 2010 beschwert, eine öffentliche Konsultation über die Besteuerung im Finanzsektor sei nur in englischer, französischer und deutscher Sprache erhältlich gewesen. Zudem führte er weitere Beispiele für Konsultationen an, die lediglich auf Englisch verfasst wurden, obwohl sie an ein breites Publikum gerichtet seien. Die Sprachenpolitik der EU-Kommission sei im Hinblick auf Konsultationen willkürlich und folge keiner klaren Linie. Sie stehe nicht im Einklang mit den Prinzipien der Transparenz, der guten Verwaltung und der Nichtdiskriminierung.

Diamandourous gab ihm Recht. Die Bürger der Europäischen Union könnten nicht von ihrem Recht gebrauchen machen, am EU-Entscheidungsprozess teilzunehmen, wenn die Dokumente nicht in allen Amtssprachen verfügbar seien. Daraufhin forderte Diamandouros die EU auf, klare Leitlinien für die Sprachenpolitik bei öffentlichen Konsultationen zu erarbeiten.In einer Stellungnahme erkannte die EU-Kommission an, dass Sprachbarrieren für Bürger ein Hindernis für die Teilnahme an öffentlichen Konsultationen darstellen können. Allerdings werde die Umsetzung der Mehrsprachigkeit von Zeitbeschränkungen und den zur Verfügung stehenden Mitteln beeinflusst. Die Kommission sei laut einer Mitteilung über öffentliche Konsultationen aus dem Jahre 2002 nicht verpflichtet, die Dokumente in alle EU-Amtssprachen zu übersetzen.

Diamandouros wies die Argumente der EU-Kommission zurück. Er sei der Ansicht, dass von Bürgern nicht erwartet werden könne, an einer Konsultation teilzunehmen, die sie nicht verstünden. Vielsprachigkeit sei unerlässlich für das Bürgerrecht auf Teilnahme am demokratischen Leben der EU, das vom Vertrag von Lissabon verbürgt sei. Als Ombudsmann kritisierte er die restriktive Sprachenpolitik der Kommission als schlechte Verwaltungspraxis und hält sie dazu an, die Dokumente für öffentliche Konsultationen in allen 23 Amtssprachen zu veröffentlichen oder auf Anfrage Übersetzungen anzubieten. Er argumentiert:

1. The Commission should, as a matter of principle, publish its consultation documents in all the official languages of the Union, or provide the citizens with a translation upon request. In doing so, the Commission should take into account that the Treaty of Lisbon has placed special emphasis on the right of civil society to participate in the democratic life of the Union.

2. Furthermore, the Commission should draft clear, objective and reasonable guidelines concerning the use of the Treaty languages in its public consultations, bearing in mind that any restriction to the principles of democratic citizen participation in the decision-making process and of broad consultation by the Commission, enshrined in Articles 10(3) and 11(3) TEU, must be justified and proportionate. These guidelines should be public and easily accessible. The Commission could include them among its excellent general principles and minimum standards for consultation of interested parties, or, at least, on the Your Voice in Europe website.

Die Kommission soll bis zum 29. Februar 2012 eine begründete Stellungnahme einreichen.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: ombudsman.europa.eu, europa.eu. Bild: Pressestelle EU-Bürgerbeauftragter.]