Die Stadt Ulm sieht die Mehrsprachigkeit als einen Gewinn für die Stadt an. Daher soll das Zusammenleben der Einheimischen und Eingebürgerten, Ausländer und Aussiedler in Ulm verbessert werden. Einige Zahlen zur Situation in Ulm:
Ende 2010 hatten von 117.734 Ulmerinnen und Ulmern 43.886 einen Migrationshintergrund (37,3 %). Knapp die Hälfte, 19.280 (16.4 %), hatten keinen deutschen Pass und werden in der Statistik als Ausländer(-innen) geführt. Nicht wenige von ihnen leben allerdings seit 50 Jahren in Ulm, andere sind nur zum Studium hier oder zeitlich befristet als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer in einer der internationalen Firmen. 12.843 Ulmerinnen und Ulmer (10,9 %) werden als Eingebürgerte geführt, sie haben die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. 11.763 Ulmerinnen und Ulmer (9,9 %) werden als Aussiedler(-innen) geführt, d.h. sie oder mindestens ein Elternteil haben als Deutsche im Sinne des Grundgesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit inne.
Hinter der Internationalität verbergen sich gewaltige Ressourcen und Möglichkeiten für die Entwicklung aller Lebensbereiche. Kenntnisse der deutschen Sprache sind somit nicht der alleinige Schlüssel zur Integration. Ende Januar 2012 hat der Gemeinderat das Programm „Ulm internationale Stadt“ auf den Weg gebracht. Der Leitgedanke des Konzepts sieht wie folgt aus:
Internationalität ist eine Bereicherung für unsere Stadt. Wir fördern das Zusammenwachsen von Menschen unterschiedlicher Herkunft zu einer Gesellschaft in Vielfalt. Dies ist für uns ein wechselseitiger Prozess.
Unsere Stadt ist Heimat für alle. Wir dulden keine Diskriminierung oder Gewalt gegen Menschen jeglicher kultureller Herkunft.
Wir begegnen uns in gegenseitiger Offenheit und mit Respekt vor der jeweiligen anderen Kultur, Religion und Lebensform. Wir sind dem Grundgesetz und der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet. Für uns ist die deutsche Sprache die Grundlage für Kommunikation, Verständigung und die erfolgreiche Beteiligung am Bildungssystem. Mehrsprachigkeit betrachten wir als Gewinn für unsere Stadt.
Die Schlüsselprojekte, um Ulm als internationale Stadt attraktiv zu machen, sehen wie folgt aus:
- Eine Strategie für die Interkulturelle Öffnung der Verwaltung der Stadt Ulm unter Beteiligung der Personalvertretung zu erarbeiten.
- Neue Angebote unter der Überschrift „Integration durch Bildung“ im Rahmen der Bildungsoffensive vorzulegen:
a) Die Sprachförderangebote an Ulmer Kindertagesstätten weiter auszubauen, um damit die wichtigste Voraussetzung für einen erfolgreichen Einstieg in das Schulsystem zu gewährleisten
b) Angebote zur Lernbegleitung und sprachlichen Bildung für Jugendliche an weiterführenden Schulen als offene Lerntreffs auszubauen
c) Sprachbildungsangebote für Menschen mit internationalen Wurzeln zu konzipieren in Ergänzung zu den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanzierten Integrationskursen- Die Erstellung einer gesonderten, mehrsprachigen Homepage „Willkommen in Ulm“ mit allen für Neubürgerinnen und Neubürger aus unterschiedlichen Kulturen und Sprachkreisen notwendigen Informationen vorzubereiten
- Eine Vorlage für die Etablierung eines interkulturellen Patendienstes vorzulegen, um neu zugezogene Bürgerinnen und Bürger aus anderen Ländern und Kulturen in der Anfangszeit zu unterstützen
- Ein Konzept für ein funktionierendes System der Sprachmittlung innerhalb der Stadtverwaltung vorzulegen, welches die Sprachkompetenzen der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzt und externe ehrenamtliche und bezahlte Dienstleistungen integriert
- Mehrsprachige Information
Die internationale Ausrichtung einer Stadt lässt sich an der Präsenz von Mehrsprachigkeit im öffentlichen Raum ermessen. Hierzu tragen folgende Maßnahmen bei:
a) Die zukünftige Beschilderung innerhalb des öffentlichen Stadtraumes und der städtischen Gebäude und Einrichtungen auch englischsprachig auszuführen und die schon bestehende Beschilderung sukzessive englischsprachig zu ergänzen
b) Den Internetauftritt der Stadt Ulm in wichtigen Bereichen deutsch/englisch zu realisieren
c) Die mehrsprachige Übersetzung relevanter Informationsblätter und -broschüren umzusetzen- Vorschläge zu erarbeiten, die geeignet sind, Migrantencommunities, die als Verein, Initiative oder Gemeinschaft organisiert sind, an den schon bestehenden Dachverbänden zu beteiligen sowie gemeinsam mit den Migrantencommunities zu prüfen, in wieweit ein eigener Dachverband gewünscht und etabliert werden kann
- Unterstützung internationaler Kräfte in Wissenschaft und Wirtschaft und ihrer Angehörigen
a) Eine Strategie zur Realisierung von privatem Wohnraum für internationale Studierende und Gast-Wissenschaftler/-innen bei Familien und anderen privaten Vermietern/Vermieterinnen zu erarbeiten
b) Die Erstellung und Realisierung eines Unterstützungskonzeptes für die Familienangehörigen von internationalen Universitäts- und Firmenangehörigen- Gemeinsam mit den Ausschüssen der Kammern, der Agentur für Arbeit u.a. eine politische Initiative zu ergreifen, damit die im Heimatland erworbenen Qualifikationen und Kompetenzen der gut ausgebildeten Zugewanderten anerkannt und sie als qualifizierte Fachkräfte in Arbeit übernommen werden
Ivo Gönner (SPD), Oberbürgermeister der Stadt Ulm, bezifferte die Kosten allein für die mehrsprachige Gestaltung der Homepage „Willkommen in Ulm“ auf rund 500.000 Euro.
Kindern und Jugendlichen aus Familien mit Migrationshintergrund sollen schlussendlich bessere Bildungs- und Berufschancen geboten werden. Das Vorhaben soll innerhalb von fünf Jahren umgesetzt werden.
[Text: Jessica Antosik. Quelle: swp.de, 27.01.2012. Bild: Dierk Andresen, lizenziert unter Creative Commons CC-BY-SA 2.5 (Wikipedia).]