Ach was?! Loriot ist „Sprachwahrer des Jahres 2011“

Vor knapp einem halben Jahr ist der deutsche Humorist, Schauspieler, Dichter, Zeichner, Bühnenbildner, Kostümbildner, Schriftsteller, Regisseur und Professor für Theaterkunst Vicco von Bülow alias Loriot im Alter von 87 Jahren in Ammerland verstorben. Loriot war für seinen außergewöhnlichen Humor bekannt. Seine künstlerische Handschrift prägt die deutsche Sprache ungemein. Sein feinsinniger Humor war durch Sprachwitz, Pointen und Tiefsinn geprägt. Zudem schrieb er mit seinen Knollennasenmännchen, Filmen und legendären Sketchen deutsche Fernsehgeschichte. Einer seiner Lieblingssätze, die er auch seinen Figuren immer wieder in den Mund legte, war: „Frauen und Männer passen eigentlich nicht zusammen.“

Nun wurde Loriot zum „Sprachwahrer des Jahres 2011“ gekürt. Das gab die Deutsche Sprachwelt anlässlich der Eröffnung der Leipziger Buchmesse gestern bekannt. Laut Thomas Paulwitz, dem Chefredakteur der Deutschen Sprachwelt, haben die Leser der Zeitung bei einer Umfrage überwiegend das Universalgenie gewählt. 17,7 Prozent hätten sich für den Meister des hintergründigen Humors ausgesprochen. In einer Begründung der Deutschen Sprachwelt für die Wahl Loriots heißt es:

Loriot hat die deutsche Sprache geprägt und bereichert. So verdanken wir ihm Wortschöpfungen wie die „Spannfedermuffe“. Er hat Ausrufen wie „Moooment!“ und „Ach was?!“ eine neue Bedeutung gegeben. Er hat das Jodeln neu erfunden und mit dem „zweiten Futur bei Sonnenaufgang“ die deutsche Grammatik bereichert.

Darüber hinaus habe es der Humorist nicht an kritischen Bemerkungen zur Entwicklung seiner Muttersprache fehlen lassen. So äußerte er sich im Jahre 2002 folgendermaßen gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Die Anglisierung unserer Sprache steigert sich allmählich in eine monströse Lächerlichkeit.“

Mit 15,9 Prozent kam Wolfgang Bosbach, CDU-Politiker und Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, auf Platz zwei. Platz drei belegen Rostocker Modehaus „Nikolaus“ sowie die beiden Richter am Bundesgerichtshof, Klaus Tolksdorf und Wolfgang Ball.

Zur Wahl standen die nachfolgenden Persönlichkeiten:

  • Wolfgang Bosbach: Der CDU-Politiker und Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages setzte den unflätigen Ausdrücken des Kanzleramtsministers Ronald Pofalla („Wenn ich so eine Scheiße höre wie Gewissensentscheidung“) sein gepflegtes Deutsch entgegen und setzte damit ein starkes Zeichen gegen die Verwahrlosung des Sprachgebrauchs in der Politik.
  • Torsten Hilse: Der SPD-Politiker und Verleger brachte als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses zahlreiche Initiativen für die deutsche Sprache auf den Weg. Sein letzter Antrag lautete „Deutsche Sprache als Kulturgut pflegen und fördern!“ und wurde im September mit knapper Mehrheit abgelehnt (Drucksache 16/4207).
  • Modehaus Nikolaus: Das Rostocker Bekleidungsgeschäft schloß sich der Anti-SALE-Aktion der DEUTSCHEN SPRACHWELT an und plakatierte in seinen Filialen die Forderung „Schluß mit dem Ausverkauf der deutschen Sprache“.
  • Chaos Computer Club: Die Vereinigung von Hackern veröffentlicht Texte in traditioneller Rechtschreibung und vermeidet auf diese Weise auf ihren eigenen Netzseiten ein Rechtschreibchaos.
  • Loriot: Der Humorist hat die deutsche Sprache geprägt und bereichert. Er hat es darüber hinaus nicht an kritischen Bemerkungen zur Entwicklung seiner Muttersprache fehlen lassen. Seine Aussprüche leben in uns weiter und machen ihn unsterblich.
  • Michael Olbrich: Der Leiter des Instituts für Wirtschaftsprüfung an der Universität des Saarlandes fand heraus, daß die englische Wortwahl in Geschäftsberichten der „DAX 30“-Unternehmen vermutlich gesetzeswidrig ist und gegen Handelsgesetzbuch und Aktiengesetz verstößt.
  • Klaus Tolksdorf und Wolfgang Ball: Der Präsident des Bundesgerichtshofs Tolksdorf warnte vor der Zulassung von Englisch als Gerichtssprache an Handelskammern in Deutschland: „Es drohen Fehlurteile.“ Der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Ball lehnte als einziger geladener Sachverständiger vor dem Rechtsausschuß des Deutschen Bundestags den entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesrats ab.
  • Max Raabe: Der Bariton-Sänger und Gründer des „Palast-Orchesters“ ist ein gewandter Sprecher und glühender Bewunderer der deutschen Sprache. Im August schwärmte er: „Je weiter ich mich wegbewege, umso mehr schätze ich, mich zu Hause in der Muttersprache zu bewegen. Hier kann ich mich wie ein Ferkelchen im Konjunktiv suhlen, aus jeder Silbe alles herausholen.“
  • Hape Kerkeling: Der Schauspieler und Unterhalter spricht mehrere Fremdsprachen fließend, kann aber auch die deutsche Sprache meisterhaft einsetzen. Im Juni bekannte er: „Ich schätze an der deutschen Sprache die Präzision, mit der sich Gefühle ausdrücken lassen. Andere Sprachen bleiben da eher vage, unpräzise.“

Bereits seit dem Jahr 2000 wählen die Leser der Zeitung Deutsche Sprachwelt den Sprachwahrer des Jahres. Das Ziel ist es, das vorbildliche Engagement für die deutsche Sprache zu würdigen.

Zu guter letzt eine Liste mit den Sprachwahrern seit 2000:

2000: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Peter Vogelgesang, Karl-Heinz Requard
2001: Martin Mosebach, Theodor Ickler, Pforzheimer Versandhandel
2002: Reiner Kunze, Harald Schmidt, Katharina Burkhardt
2003: Deutschsprachige Universität Budapest, Präsidenten der deutschen Akademien, Regionalgruppe Stuttgart des
Vereins Deutsche Sprache
2004: Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzende der Axel-Springer-AG)
2005: Stadt Mühlhausen
2006: Edda Moser
2007: Porsche AG
2008: Initiative „Pro Deutsche Welle“
2009: Karl-Theodor zu Guttenberg
2010: Peter Ramsauer
2011: Vicco von Bülow

[Text: Jessica Antosik. Quelle: deutschesprachwelt.de, 14.03.2012; tagesschau.de, 23.08.2011; wikipedia.de. Bild: Philipp von Ostau (CC-BY-Lizenz).]

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