Männer und Frauen unterscheidet das Geschlecht, die Kleidung, die Stimme, das Verhalten, das Denken etc. In diesem Zusammenhang kommt nun die Frage auf: Wie sieht es mit der Sprache aus? Sprechen Frauen wie Männer? Oder sprechen sie doch anders?
Dieser Beitrag hat keinen wissenschaftlichen Charakter, zumal es in diesem Rahmen und aufgrund Zeitmangels nicht möglich ist, tief gehende Recherchen anzustellen oder gar eine Studie durchzuführen. Außerdem ist zu anzumerken, dass die Autorin dieses Artikels weiblich ist, sodass sie durchaus von ihren eigenen Erfahrungen und Ansichten geprägt ist. Dennoch wird der Versuch unternommen, weitestgehend objektiv über dieses kontrovers diskutierte und vor allem bei den Studierenden der Sprach- und Translationswissenschaften beliebte Thema der Männersprache/Frauensprache zu schreiben und eventuell Denkanstöße zu geben.
Gesellschaftliche Erwartungshaltungen
Einleitend ein Hinweis darauf, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf den gesellschaftlichen Erwartungshaltungen an Frauen und Männer basieren. Das hat zum Teil seinen Ursprung in der Erziehung. Ein Junge muss sich durch Stärke und Durchsetzungsvermögen kennzeichnen, Mädchen dagegen sollen nett und lieb sein. Das weibliche Geschlecht ist also darauf bedacht, Harmonie herzustellen. Frauen und Männer bewerten sich gegenseitig und wollen ihre Klischees bestätigen. So stempeln Frauen Männer als rechthaberisch, tyrannisch und aggressiv ab, währenddessen Männer Frauen als harmoniesüchtig, unentschlossen und schwach einschätzen. Männer und Frauen erleben und sehen die Welt mit anderen Augen. Dies spiegelt sich natürlich auch in der Sprache wider, denn das angelernte Verhalten spielt eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der geschlechtsspezifischen Sprachstile. Sie sprechen auf eine vollkommen unterschiedliche Art und Weise über ihre Weltbilder. Es gibt nicht nur verschiedene gesellschaftsspezifische und individuelle Weltbilder, sondern auch geschlechtsbedingte Wahrheiten.
Vier-Ohren-Modell
Hier ein Verweis auf das Vier-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun.
Demnach gibt es vier Seiten einer Nachricht: Sachebene, Selbstoffenbarung, Beziehungsebene und Appellseite. Wendet man nun dieses Modell auf die Männer- und Frauensprache an, so lässt sich festhalten, dass Frauen mit einem gespitzten Beziehungsohr zuhören. Männer jedoch legen mehr Wert auf die Sachebene ihrer Nachricht. Die Frau hört mit ihrem Beziehungsohr die rationale Antwort des Mannes, weshalb der Mann letztlich als gefühllos oder desinteressiert dargestellt wird. Während Männer sich durch analytisch-logisches Denken, Mut und Tapferkeit charakterisieren, tendieren Frauen eher dazu, über ihre Gefühle zu sprechen und ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Männern geht es im Gespräch primär um Informationen. Sie kommunizieren zumeist, wie oben erwähnt, auf der Sachebene. Von Männern wird erwartet, direkt, kurz und knapp zu sprechen. Frauen lassen im Verlauf des Gesprächs oft persönliche Erlebnisse oder Erfahrungen einfließen, um so die Fremdheit und die Distanz zum Gesprächspartner bzw. zur Gesprächspartnerin zu überwinden.
Geschlechtsspezifischer Wortschatz
Frauen und Männer verfügen über ein anderes Vokabular. Im Vergleich zu Männern benutzen Frauen andere, abgeschwächte und bedeutend weniger Vulgärausdrücke und Zweideutigkeiten. Sie sind eher bemüht, höflich zu sprechen. Sie rechtfertigen sich und verniedlichen ihre Aussagen oft, um den Anderen nicht anzugreifen. Frauen schwächen ihre Aussagen häufig ab und verwenden Übertreibungen sowie Wiederholungen. Des Weiteren zählen Einfühlsamkeit und die berühmte weibliche Intuition zu ihren Fähigkeiten. Diese Muster hängen damit zusammen, dass die weiblichen Gehirnhälften stärker miteinander verknüpft sind. Der Wortschatz von Frauen ist viel breiter als der von Männern. Somit sind Männer nicht so redegewandt wie Frauen. Erwachsene Frauen benutzen durchschnittlich 20.000 Wörter pro Tag. Den Männern hingegen reichen 7000 Wörter pro Tag aus.
Unterschiedliche Reaktionen von Männern und Frauen
Wenn Männer und Frauen miteinander sprechen, haben sie häufig das Gefühl, das Gegenüber käme von einem anderen Stern, denn oft hakt die Verständigung zwischen beiden Geschlechtern. Männer brauchen klare Ansagen. Sonst kommt das von der Frau Gesagte nicht so an, wie es gemeint war. Sagt eine Frau im Büro „Die Druckerpatrone müsste mal gewechselt werden“, reagieren die Kolleginnen und Kollegen ganz unterschiedlich. Während die Kolleginnen sofort aufspringen und zum Drucker gehen, denkt sich der ein oder andere Mann eventuell „Stimmt“ mehr aber auch nicht. Sonstige Reaktionen der männlichen Kollegen bleiben aus. Frauen drücken sich auf indirekte Weise aus und benutzen häufig den Konjunktiv, um für ein gutes Arbeitsklima zu sorgen. Männer allerdings sagen unverblümt ihre Meinung. „Frauen empfinden das als emotionale Kälte“, erklärt die Kommunikationstrainerin Cornelia Topf aus Augsburg.
Frauensprachcode nicht einfach zu knacken
Die vermeintlichen Frauenversteher, die der Meinung sind, dass,
- wenn eine Frau „nein“ sagt, „vielleicht“ meint
- wenn eine Frau „vielleicht“ sagt, „ja“ meint
- und wenn eine Frau „ja“ sagt, keine Frau ist,
werden oftmals enttäuscht. Dieser Frauensprachcode entpuppt sich nämlich zumeist als nicht korrekt. Vor allem, wenn Männer und Frauen sich streiten, werden sie nicht daraus schlau, was der Mann bzw. die Frau denkt, fühlt und eigentlich meint. Dann herrscht Ratlosigkeit. Dies hat wahrscheinlich jeder schon einmal an seinem eigenen Leib erfahren. In bestimmten Momenten kann wirklich die Ansicht vertreten, dass Frauen von der Venus und Männer vom Mars kommen.
Schlussbemerkung: Toleranz ist wichtig
Aber: Es ist nicht hoffnungslos. Man muss sich nur der Unterschiede bewusst sein. Zudem ist Anerkennung, Toleranz und Verständnis von beiden Seiten wichtig. Man muss die Andersartigkeit als Bereicherung ansehen und sie als Möglichkeit nehmen, seinen eigenen Horizont zu erweitern. In diesem Kontext ein Zitat von Ludwig Wittgenstein: „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“ Aus diesem Grund sollte man neugierig sein und versuchen, das Gegenüber zu verstehen anstatt gleich aufzugeben und dies damit zu begründen, dass Männer und Frauen einfach unterschiedlich sind und man daran eh nichts ändern kann. Zudem ist anzumerken, dass Frauen zu viel denken. Sie sollten nicht alles direkt persönlich nehmen. Des Weiteren können sich Frauen ein Beispiel an Männern nehmen, wenn sie in ihrer Karriereleiter aufsteigen wollen. Dafür müssen sie nämlich lernen, Anweisungen nicht in einer Bitte, sondern imperativisch auszudrücken. Man kann jedoch nicht generell sagen, dass es erstrebenswert ist, wenn Frauen wie Männer oder Männer wie Frauen anfangen würden zu sprechen. Abschließend ein Zitat von Johann Wolfgang von Goethe: „Keiner versteht den anderen ganz, weil keiner bei demselben Wort genau dasselbe denkt wie der andere.“
[Text: Jessica Antosik. Quelle: sueddeutsche.de, 22.02.2012; dynamic-consulting.biz; hausarbeiten.de; boyng.de, 03.11.2005. Bilder: Gustavb, Lexicon (Wikipedia).]