Kein Regelungsbedarf: Bundesregierung lehnt Schutz der Berufsbezeichnung ab

Logo Bundesregierung
Bild: Bundesregierung

Die Diplom-Psychologin Beate Walter-Rosenheimer ist Abgeordnete im Deutschen Bundestag und dort Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Anfang 2013 hat sie folgende Frage an die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD gerichtet (Drucksache 17/12239 vom 01.02.2013):

Beate Walter-Rosenheimer
Beate Walter-Rosenheimer – Bild: Grüne

Wie positioniert sich die Bundesregierung gegenüber der Forderung nach einem Schutz der Berufsbezeichnungen „Übersetzer und Dolmetscher“ mit einer verpflichtenden Qualifikation durch ein abgeschlossenes (Fach-)Hochschulstudium oder eine abgeschlossene Ausbildung an einer anerkannten Ausbildungsstätte, und wie will die Bundesregierung konkret gewährleisten, dass ohne einen entsprechenden Schutz der Berufsbezeichnungen nicht weiterhin der Marktpreis für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen durch ungelernte Übersetzer/Dolmetscher auf ein niedriges Niveau, das mitunter weit unter der für Akademiker bzw. vergleichbare Qualifikationen üblichen Entlohnung liegt, gedrückt wird?

„Eingriff in Berufsfreiheit“, „weitere Regulierung nicht erforderlich“

Die Frage wurde am 31.01.2013 von Diplom-Volkswirt Dr. Bernhard Heitzer beantwortet. Heitzer war von 2007 bis 2009 Präsident des Bundeskartellamtes und ist heute Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Er argumentiert:

Die Einführung einer gesetzlichen Regelung zum Schutz der Berufsbezeichnung „Übersetzer und Dolmetscher“ zur Sicherung eines der Qualifikation angemessenen Einkommens würde nach Auffassung der Bundesregierung einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit nach Artikel 12 des Grundgesetzes bewirken. Denn die Forderung, die Führung der Berufsbezeichnungen „Übersetzer“ und „Dolmetscher“ von einer verpflichtenden Qualifikation abhängig zu machen, stellt eine Zugangsregelung zum Beruf des Übersetzers bzw. Dolmetschers und damit einen Eingriff in die Berufswahl dar.

Die Rechtfertigungsgründe für eine solche Regelung sind am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu messen und hoch anzusetzen. Ein Eingriff in die Berufswahl, die den Zugang zum Beruf von dem Bestehen einer bestimmten Prüfung abhängig macht, ist nur zum Schutz überragender Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt und nur dann zulässig, wenn der Schutz nicht durch weniger eingriffsintensive Maßnahmen sichergestellt werden kann. Als ein solches Gemeingut kommt vorliegend die ordnungsgemäße Erfüllung der Berufstätigkeit in Betracht.

Durch die Gesetze der Länder zur öffentlichen Bestellung und Beeidigung von Dolmetschern und Übersetzern ist aber bereits gewährleistet, dass den Verbrauchern, der Wirtschaft sowie den Behörden und Gerichten bei Bedarf qualifizierte und persönlich zuverlässige Dolmetscher und Übersetzer zur Verfügung stehen.

Aus diesem Grund erscheint – auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – eine weitere Regulierung nicht erforderlich.

Auftragsvergabe der öffentlichen Hand nur an qualifizierte Übersetzer?

Bernhard Heitzer
Bernhard Heitzer – Bild: BMWT

Frage der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer an die Bundesregierung:

Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, bei öffentlichen Aufträgen nur staatlich geprüfte oder entsprechend qualifizierte Übersetzer und Dolmetscher mit Hochschul- oder vergleichbarem Abschluss zu engagieren und für den Fall, dass keine staatlich geprüften bzw. entsprechend qualifizierten Fachleute auffindbar sind – zum Beispiel bei sehr seltenen Sprachen – eine entsprechende Qualifizierung der minder qualifizierten Übersetzer und Dolmetscher, die in diesem Fall als Laiendolmetscher bzw. Laienübersetzer eingesetzt werden, zu gewährleisten?

„Aus vergaberechtlicher Sicht nicht erforderlich“, wäre evtl. diskriminierend

Antwort des Staatssekretärs Dr. Bernhard Heitzer vom 31.01.2013:

Eine Regelung, wonach bei öffentlichen Aufträgen u. a. nur staatlich geprüfte oder entsprechend qualifizierte Übersetzer und Dolmetscher mit Hochschul- oder vergleichbarem Abschluss zu engagieren sind, ist aus vergaberechtlicher Sicht nicht erforderlich. Es gilt der Grundsatz, das öffentliche Aufträge nur an dafür geeignete Unternehmen bzw. Personen vergeben werden dürfen. Hierzu sind für jede Auftragsvergabe objektive Auswahlkriterien festzulegen. So bestimmt der Auftraggeber, welche Eignungsnachweise die Unternehmen bzw. Personen erfüllen müssen.

Die Auswahlkriterien müssen objektiv und nicht diskriminierend sein. Eine vergaberechtliche Beschränkung von Eignungskriterien auf nur bestimmte Qualifizierungen könnte sogar eine unzulässige diskriminierende Wirkung haben, da stets auch gleichwertige Nachweise zu akzeptieren sind.

Richard Schneider

Leipziger Buchmesse 2024