Es ist manchmal zum Verzweifeln. Egal, ob man sich viel Mühe gibt, qualitativ gute Übersetzungen zu liefern oder dies nur verspricht, es scheint zunächst keinen großen Unterschied zu machen. Auftraggeber setzen Qualität als selbstverständlich voraus und lassen sich oft mit einigen Allgemeinplätzen abspeisen. Und das nicht nur in Bezug auf Übersetzungen.
Sicher ist höchste Qualität nicht immer erforderlich. Es gibt Situationen, bei denen die zweitbeste oder die drittbeste Qualität ausreicht. Etwa bei einer internen Mitteilung über ein bestimmtes technisches Problem. Dann reicht es, wenn die Übersetzung inhaltlich korrekt und verständlich ist.
Generell ist aber Qualität bei der Übersetzung von technischen Dokumentationen, Marketingtexten, Verträgen, Gutachten, Softwaretexten usw. enorm wichtig. Jeder neigt verständlicherweise dazu, die Auswirkung einer schlechten Übersetzung nur auf einen bestimmten begrenzten Bereich zu sehen. Aber heutzutage sind Produktions-, Vertriebs- oder Kommunikationsprozesse komplexe Vorgänge, an denen viele beteiligt sind. Und im globalen Zeitalter sind akkurate Übersetzungen unabdingbar.
Finanzielle Schäden und Imageverlust durch schlechte Übersetzungen
Deswegen können Übersetzungsfehler, Inkonsistenzen und falsche Terminologie nicht nur finanzielle Schäden nach sich ziehen, sondern auch einen Imageverlust bewirken oder die Beziehung zu Kunden oder Partnern nachhaltig stören. Fehlkommunikation oder nachträgliche Korrekturen sind oft die Ursache für die Verzögerung mancher Projekte. Ob in der Produktion, im Support oder im Vertrieb, Beispiele gibt es genug, die die Konsequenzen schlechter Übersetzungen belegen.
Warum prüfen also manche Einkäufer von Übersetzungsleistungen eine Qualitätszusage nur sehr oberflächlich? Schließlich geht es auch um Kosten. Bei den eigenen Produkten weiß man ganz genau, was für das Erreichen einer hohen Qualität notwendig ist und warum manche Konkurrenten aus Billiglohnländern es schwer haben, mit gleichwertigen Produkten qualitativ mitzuhalten.
Daher sind die Auftraggeber von Übersetzungen gut beraten, sich bei Übersetzungen nicht nur auf Qualitätsversprechen zu verlassen, sondern auch tatsächlich zu prüfen, wie diese Versprechen umgesetzt werden und was selbst für die Gewährleistung einer hohen Qualität unternommen werden muss. Das ist in der heutigen Zeit umso wichtiger, da immer mehr Arbeitsschritte und Beteiligte für die Erstellung übersetzter Dokumente notwendig sind.
Qualifikation und Erfahrung des Übersetzers/Sprachdienstleisters
Als Erstes geht es darum, die Qualifikation und Erfahrung der betroffenen Übersetzer zu prüfen. In der Praxis trifft man ja die ganze Bandbreite: vom ausgebildeten Fachübersetzer mit entsprechender Erfahrung bis hin zum selbst ernannten Übersetzer, der u. U. mehr schlecht als recht in eine Fremdsprache übersetzt. Als Orientierungshilfe kann man die Qualitätsnorm DIN EN 15038 für Übersetzungen heranziehen, die folgende Mindestkriterien für Fachübersetzer festlegt:
- Eine akademische Übersetzerausbildung mit anerkanntem Hochschulabschluss oder
- eine vergleichbare Ausbildung in einem anderen Fachbereich mit zusätzlich mindestens zwei Jahren Übersetzungserfahrung oder
- mindestens fünf Jahre Berufserfahrung als Fachübersetzer.
Wer auf der Basis dieser Norm arbeitet oder danach zertifiziert ist, muss in der Lage sein, die Einhaltung dieser Kriterien auf Anfrage darzulegen. Ob Übersetzer nur in die Muttersprache oder in eine Fremdsprache übersetzen dürfen, darüber diskutieren die Fachleute noch, jedoch ist eine sprachliche Endkontrolle durch einen Muttersprachler unabdingbar.
Werden Qualitätssicherungsprozesse eingehalten?
Ist die Frage des Übersetzers geklärt, dann geht es um die Qualitätsprozesse:
- Werden von Anfang an die richtigen Voraussetzungen erfüllt, um bei einem Übersetzungsprojekt eine hohe Qualität zu erzielen?
- Gibt es im Verlauf des Projekts entsprechende Qualitätskontrollpunkte, um Qualitätsprobleme rechtzeitig aufzudecken?
- Fließt nach Abschluss des Projekts die Erfahrung zurück, sodass bei Folgeaufträgen ähnliche Probleme vermieden werden?
- Hat der Dienstleister entsprechende Ressourcen (Arbeitsmittel, Personal, Budget), um Qualität nachhaltig und projektübergreifend zu gewährleisten?
Zertifizierungen
All diese Punkte muss der Übersetzungsdienstleister nachvollziehbar darlegen können. Eine Zertifizierung nach der Norm DIN EN 15038 ist ein Beleg dafür, dass alle Punkte eingehalten werden, denn diese werden vom Auditor im Laufe einer Zertifizierung geprüft. Ansonsten kann man sich einzelne Workflows – etwa für die Pflege von Datenbeständen wie Translation Memories, Qualitätsaufzeichnungen, das Ressourcenmanagement – zeigen oder erklären lassen, um zu erfahren, wie ernst es ein Lieferant mit Qualitätszusagen meint.
Mitwirkungspflicht des Auftraggebers
Das befreit den Auftraggeber nicht von seiner Pflicht, an der Qualität mitzuwirken. Zu knappe Termine, fehlende Kontextinformationen wie etwa bei endlosen Wortlisten aus Maschinensoftware, mangelhafte Ausgangstexte usw. sind auch Ursachen für Qualitätsprobleme, die im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegen.
Wer bei der Auswahl seines Dienstleisters in Sachen Qualität seine Hausaufgaben macht, hat mit Sicherheit unter dem Strich mehr für sein Unternehmen eingespart als die paar Prozentpunkte, die die Preise von Dienstleistern mit und ohne Qualitätssicherungsaufwand unterscheiden.
[Text: D.O.G. GmbH. Quelle: D.O.G. news 2/2013. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Dr. François Massion. Bild: Fotolia.]