Von „Handy“ bis „Streetworker“ – Wenn Deutsche englisch klingende Ausdrücke erfinden

Die Deutschen lieben die englische Sprache – mehr als ihre eigene. Deshalb erfinden sie oft englisch klingende Bezeichnungen wie „Talkmaster“ oder „Handy“, weil sich das „irgendwie cooler“ anhört.

Für englische Muttersprachler sind diese Pseudoanglizismen nicht selten vollkommen unverständlich oder haben wie „Body Bag“, „Beamer“, „zappen“ und „Public Viewing“ eine völlig andere Bedeutung.

Der Vorsitzende des Vereins Deutsche Sprache (VDS), Prof. Dr. Walter Krämer, vertritt in einem soeben in zahlreichen Zeitungen veröffentlichten Artikel der Deutschen Presseagentur (dpa) die Ansicht, dass in der häufigen Verwendung von Scheinanglizismen die sprachliche Unterwürfigkeit der Deutschen gegenüber der anglo-amerikanischen Leitkultur sowie ein pseudokosmopolitisches Imponiergehabe zum Ausdruck kommt.

Beispiele für im Deutschen gebräuchliche Scheinanglizismen

  • Basecap (Schirmmütze) – Englisch: base ball hat/cap
  • Beamer – Englisch: projector. „Beamer“ ist im Englischen – warum auch immer – der umgangssprachliche Ausdruck für ein Fahrzeug der Marke BMW.
  • Body Bag (eng am Körper getragene, Rucksack-ähnliche, aber kleinere Tasche) – Der Ausdruck existiert auch im Englischen, hat dort aber eine völlig andere Bedeutung, nämlich „Leichensack“.
  • Box (Lautsprecherbox) – Englisch: loudspeaker
  • Castingshow – Englisch: talent show
  • Fitness-Studio – Englisch: gym
  • Handy – Englisch: cell phone, mobile
  • Happy End – Englisch: happy ending
  • Kicker (Tischfußballspiel) – Englisch: table football, footzy, bar football, foosball (Transliteration des deutschen „Fußball“)
  • Oldtimer – Englisch: antique car, vintage car. Mit „old-timer“ bezeichnet man einen alten Mann.
  • Public Viewing (Direktübertragung von Sportveranstaltungen oder anderen Großereignissen auf Großbildwänden an öffentlichen Standorten) – Im Englischen andere Bedeutung: „Tag der offenen Tür“ oder „öffentliche Aufbahrung eines Toten“.
  • Shooting / Foto-Shooting – Englisch: photo shoot
  • Shootingstar (Person, die plötzlich Erfolge verzeichnet und Popularität genießt) – Im Englischen ist ein „shooting star“ eine Sternschnuppe.
  • Showmaster – Englisch: host
  • Streetworker (ein Sozialarbeiter, der in Armenvierteln vor Ort – also gewissermaßen auf der Straße – arbeitet) – Existiert im Englischen so nicht. „Streetworker“ dürfte von vielen englischen Muttersprachlern als Synonym für das sehr ähnlich klingende Wort „streetwalker“ (Bordsteinschwalbe, Strichmädchen, Straßenprostituierte) missverstanden werden.
  • Talkmaster – Englisch: chat show host
  • Talkshow – Englisch: chat show
  • Twen – Englisch: twentysomething
  • zappen (in schneller Folge durch Fernsehkanäle schalten) – Englisch: Zwar heißt die Fernbedienung „zapper“, aber es ist kein entsprechendes Verb gebräuchlich; „zapping“ bedeutet „(mit einer Schusswaffe) abknallen“.

In Italien und Frankreich macht man „Footing“ statt Jogging

Andere Sprachen entwickeln ebenfalls Pseudoanglizismen – allerdings nicht in dem im Deutschen üblichen Ausmaß. Ein Beispiel dafür ist der Ausdruck „Footing“. Damit bezeichnet man in Italien und Frankreich das, was im Deutschen und Englischen „Jogging“ heißt.

Warum nicht „Dauerlauf“?

Das schon im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm Mitte des 19. Jahrhunderts verzeichnete, dort als „beim turnen ein anhaltender lauf“ definierte und bis in die 1970er Jahre übliche und treffende Wort „Dauerlauf“ wird heute offenbar nur noch in Turnvereinen verwendet.

[Text: Richard Schneider. Quelle: Soester Anzeiger, 2014-01-04. Bild: Marc Scott-Parkin / Fotolia.]