Die Arbeit von Dolmetschern ist an vielen Stellen gefragt, kann aber nicht immer von Profis übernommen werden. Im Rahmen des Weiterbildungsprogramms der Universität Innsbruck wurde im Sommersemester 2014 ein Universitätskurs für Laiendolmetscher ins Leben gerufen. Am 4. Juli 2014 erfolgte nun die feierliche Übergabe der Zertifikate.
Rechtsanspruch auf Kostendeckung nur bei Strafverfahren
Im sozialen, medizinischen, psychotherapeutischen oder kommunalen Bereich werden sehr häufig Dolmetschleistungen benötigt. Ein Rechtsanspruch auf diese Leistungen und damit eine Deckung der Kosten ist allerdings nur bei Strafverfahren gegeben.
Für zahlreiche Sprachen keine professionellen Dolmetscher verfügbar
Neben dieser Kostenfrage spielt auch die Verfügbarkeit eine wichtige Rolle: Aufgrund des vielfältigen Sprachenspektrums gibt es beispielsweise im Asylbereich zahlreiche Sprachen, für die keine professionellen Dolmetscher verfügbar sind, weil diese Sprachen nicht an den Universitäten gelehrt werden. Bei Behördengängen, Arztbesuchen oder Klinikaufenthalten kommen daher sehr häufig Laiendolmetscher, so genannte Community Interpreter, zum Einsatz.
„Community Interpreting bezeichnet eine spezielle Art des Dolmetschens, bei der zwei- oder mehrsprachige Personen dolmetschen, ohne dafür eine spezielle Ausbildung zu haben“, erklären die Leiterinnen des Kurses „Community Interpreting – Professionalisierung von LaiendolmetscherInnen im sozialen, medizinischen, psychotherapeutischen und kommunalen Bereich“, Elvira Iannone und Katharina Redl. „Diese Personen sind aber oft als ‚Einzelkämpfer’ unterwegs und werden meist nicht angemessen bezahlt.“
Gemeinschaftsprojekt von vier Organisationen
Die Universität Innsbruck rief in Kooperation mit dem Fachbereich Integration des Landes Tirol, dem Diakonie-Flüchtlingsdienst und dem Österreichischen Integrationsfonds eine Fortbildung ins Leben, die in dieser Form erstmalig in Westösterreich angeboten wurde.
Die 20 Teilnehmer waren sehr schnell gefunden. An insgesamt sechs Samstagen in den letzten drei Monaten erhielten die Teilnehmer Einblicke in die Geschichte des Dolmetschens, Dolmetschmodi und -strategien sowie Recherchemöglichkeiten. Neben diesen fachspezifischen Aspekten legten die Kursleiterinnen allerdings sehr großen Wert auf die Stärkung des Rollenbewusstseins.
Ziel: Betätigungsfeld abstecken, selbstbewusstes Auftreten stärken
„Viele Laiendolmetscherinnen und Laiendolmetscher sind sich ihrer Rolle nicht bewusst und übernehmen häufig Funktionen, die eigentlich nicht zu ihren Aufgabenbereichen zählen“, verdeutlicht Iannone. „Daher war es uns sehr wichtig, das Betätigungsfeld der Community Interpreter abzustecken, ihr selbstbewusstes Auftreten zu stärken und ihnen Hilfestellungen in punkto Stressmanagement mit auf den Weg zu geben.“
Die Community Intepreter sind aufgrund ihrer Einsatzbereiche häufig mit persönlichen Schicksalen konfrontiert, die sie an emotionale Grenzen bringen können. Darüber hinaus luden die Kursleiterinnen externe Referenten ein, die über Herausforderungen und Spezifika des Dolmetschens bei der Polizei, im Asylwesen, bei der Kinder- und Jugendhilfe, in der Psychotherapie oder im Krankenhaus berichteten.
Feierliche Übergabe der Zertifikate
In Anwesenheit von Gerhard Pisek (Studiendekan der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät), Hannes Gstir (JUFF- Fachbereich Integration des Landes Tirol), Sara Undevall (Österreichischer Integrationsfonds) sowie Andrea Spiegl (Universitäre Weiterbildung der Uni Innsbruck) erfolgte die Übergabe der Zertifikate.
Beinahe alle Teilnehmer konnten den Universitätskurs, der mit einer mündlichen Prüfung zur Theorie des Dolmetschen sowie der Simulation einer potenziellen Dolmetschsituation endete, erfolgreich abschließen.
Nachfolgetreffen für Vernetzung und Informationsaustausch geplant
Um dem Wunsch nach einer nachhaltigen Vernetzung der Laiendolmetscher Rechnung tragen zu können, ist für Herbst bereits ein weiteres Treffen geplant. „Uns ist es ein großes Anliegen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander und mit uns in Kontakt bleiben, damit wir sehen können, welche Aspekte sie in ihrer praktischen Arbeit umsetzen konnten, und kein ‚einsames’ berufliches Dasein mehr fristen müssen“, so die Kursleiterinnen.
Nachfrage groß – Neuer Kurs startet im Herbst
Bereits im Laufe der Anmeldefrist für den ersten Kurs konnten nicht alle Interessierten aufgenommen werden. „Auch die Warteliste ist bereits sehr gut gefüllt, die Nachfrage ist groß“, betont Iannone. Personen auf der Warteliste können sich freuen: Der Kurs wird im Herbst eine Fortsetzung finden.
Weiterführender Link
Ausführliche Informationen zum Fortbildungskurs Community Interpreting finden Sie auf der Website der Universität Innsbruck.
[Text: Melanie Bartos / Büro für Öffentlichkeitsarbeit und Kulturservice der Universität Innsbruck. Quelle: Presseaussendung Uni Innsbruck, 2014-07-10. Bild: Uni Innsbruck.]