Der brasilianische Schriftsteller Luiz Ruffato und sein deutscher Übersetzer Michael Kegler sind die Träger des Internationalen Hermann-Hesse-Preises 2016. Dieser ist mit 20.000 Euro dotiert, die jeweils zur Hälfte an den Autor und den Übersetzer gehen. Die renommierte Auszeichnung wurde am 2. Juli, Hesses 139. Geburtstag, im Rahmen einer Feierstunde in Calw vergeben.
In der Begründung der Jury heißt es: „Das Gespann Luiz Ruffato und sein Übersetzer Michael Kegler ist ein Glücksfall: Höchste literarische Qualität ermöglicht einen Blick auf die Abgründe einer fremden Welt.“
Ilja Rojanow zu Keglers Übersetzung: „Es ist ein Genuss, dieses Deutsch zu lesen“
„Diese Literatur schwitzt, sie macht sich die Hände schmutzig; es ist ein schwarzer Rand unter den Fingernägeln der Sätze. Alles ist verstärkt und verdichtet, den Lesern wird eine hohe Dosis verabreicht, manchmal nur eine Wortpille entfernt von der Überdosis.“ So würdigte Laudator Ilija Rojanow, selbst ein bekannter Autor, das Werk seines brasilianischen Schriftstellerkollegen Luiz Ruffato.
Und seinen deutschen Übersetzer lobte er mit den Worten: „Er schöpft sprachlich aus dem Vollen, findet für jedes Stilregister eine Entsprechung, für jeden Dialog und Monolog – und davon gibt es viele – eine lebhafte gesprochene Sprache. Jeder Satz strotzt bei ihm voller Saft und Kraft: Lyrisches, Derbes, Pathetisches – es ist ein Genuss, dieses Deutsch zu lesen und zu spüren, wie nah es einen an das Original heranträgt – herrlich.“
Theresia Bauer: „Weltliteratur entsteht, wenn sich zwei kongeniale Leistungen verbinden: Schreiben und Übersetzen“
Theresia Bauer, baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst beglückwünschte die beiden Preisträger: „Literatur wird erst dann zur Weltliteratur, wenn sich zwei kongeniale Leistungen verbinden: Die des Schreibens – und die des Übersetzens. Der Internationale Herrmann-Hesse-Preis ist ein ganz besonderer, da er dieses Zusammenspiel auszeichnet. Luiz Ruffato zeichnet mit schonungslosem Realismus das Bild eines Landes, das zerrissen ist von sozialen Konflikten und rasantem Wandel. Michael Kegler gelingt es meisterlich, Szenen von harter Dramatik, aber auch von stiller Poesie in ein deutsches Sprachgewand zu kleiden. Die künstlerische Zusammenarbeit der beiden Preisträger erschließt damit der deutschen Leserschaft die Werke eines großen brasilianischen Schriftstellers – und zugleich eine unbekannte Kultur und fremde Mentalität.“
Luiz Ruffato gehört zu den großen zeitgenössischen Schriftstellen Brasiliens
Luiz Ruffato wurde 1961 in Brasilien geboren und gehört zu den großen Schriftstellern seines Landes. Sein gesellschaftskritischer Roman „Es waren viele Pferde“ fand internationale Beachtung. Einen besonderen Fokus richtet Ruffato auf die rasante Entwicklung seines Landes und die Menschen dort, von denen viele auf der Strecke bleiben. Für die Jury entfaltet er in seinen Büchern „ein Kaleidoskop entwurzelter Großstädter aus allen Schichten“. 2013 hielt er die Eröffnungsrede bei der Frankfurter Buchmesse.
Das Werk von Luiz Ruffato erscheint in deutscher Übersetzung beim Verlag Assoziation A (Berlin/Hamburg). Erschienen sind bislang die Romane „Es waren viele Pferde“ (Eles eram muitos cavalos), „Mama, es geht mir gut“ (Mama, son tanto felice), „Feindliche Welt“ (Mundo inimigo), „Ich war in Lissabon und dachte an dich“ (Estive em Lisboa e lembrei de você) sowie – von Ruffato herausgegeben – „Der schwarze Sohn Gottes. 16 Fußballgeschichten aus Brasilien“.
Michael Kegler, der Brasilien-Spezialist unter den Literaturübersetzern
Michael Kegler, Jahrgang 1967, übersetzt seit 1992 Lyrik und Prosa aus dem brasilianischen Portugiesisch und bekam dafür vor zwei Jahren den Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW.
Weiterführende Links
- Informationen zu Luiz Ruffato und dessen Werk: www.assoziation-a.de/autoren/Ruffato
- 2014-06-10: Straelener Übersetzerpreis 2014 geht an Marianne Gareis, Michael Kegler und Heike Flemming
- 2013-11-16: Literaturübersetzer und Brasilienspezialist Michael Kegler: “Habe übersetzt wie verrückt”
[Text: Hermann-Hesse-Stiftung. Quelle: Pressemitteilung Hermann-Hesse-Stiftung, 2016-06-03.]