Amtsgericht Greiz: Dolmetscher entlassen, weil er sinngemäß statt wörtlich gedolmetscht hat

JustitiaBei einer Verhandlung am Amtsgericht Greiz wurde ein Englisch-Dolmetscher entlassen, weil er Zeugenaussagen „sinngemäß“ statt wie vom Richter verlangt „wörtlich“ übertrug. Die Ostthüringer Zeitung schreibt:

Der Übersetzer sollte die Aussagen der geschädigten 49-Jährigen wortwörtlich übersetzen. Jedoch wandte dieser eine sinngemäße Übersetzung an. Daraufhin meldeten sowohl die Verteidiger als auch die Anwälte der Nebenklage Zweifel an der Eignung des Übersetzers an.

 

Der Vorsitzende Richter Christian Hollandmoritz unterbrach die Verhandlung und entschied gemeinsam mit beiden Parteien, diesen Verhandlungstermin aufzuheben. Das Bestellen eines neuen Übersetzers aus Gera hätte zu lange gedauert. Somit sind alle am Dienstag getätigten Aussagen nichtig und die Verhandlung wird am 20. Dezember erneut von vorn beginnen.

Normalerweise ist eine sinngemäße Verdolmetschung besser als eine wörtliche. In diesem speziellen Fall wurde hingegen offenbar verlangt, möglichst eng an der Originalaussage zu bleiben, denn das zu klärende Geschehen ist vertrackt und nicht leicht nachzuvollziehen.

Warum der Dolmetscher dieser Aufforderung nicht nachkommen konnte, bleibt unklar. Vermutlich dolmetschte er zusammenfassend und unvollständig.

Angeklagt ist eine 40-jährige Deutsche, die eine andere Frau verprügelt und später am Abend gemeinsam mit einem 25-jährigen Bekannten in dessen Wohnung eine weitere Frau „mit Fäusten und einem Stock“ geschlagen, genötigt und beleidigt haben soll.

Der Dolmetscher wurde bestellt, weil die zweite Geschädigte eine englischsprachige Afrikanerin (49) ist. Diese ist mit der Deutschen gut bekannt und hatte an dem Abend gemeinsam mit dieser in der Wohnung des ebenfalls angeklagten 25-Jährigen „gefeiert“.

[Text: Richard Schneider. Quelle: Ostthüringer Zeitung, 2016-11-17. Bild: Richard Schneider.]