Die deutsche Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, und die Staatssekretärin im Ministerium der Italienischen Republik für Kulturgüter, kulturelle Aktivitäten und Tourismus, Ilaria Borletti Buitoni, haben am 26.06.2017 bei einem Festakt im Berliner Bode-Museum zum 10. Mal den Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis verliehen.
- Den Preis für eine herausragende Übersetzung eines italienischen Werkes ins Deutsche erhält Victoria Lorini, die 20 Jahre lang an der 45-teiligen Ausgabe der „Vite“ von Giorgio Vasari gearbeitet hat. Sie erhält ein Preisgeld von 10.000 Euro.
- Reimar Klein wird ebenfalls mit 10.000 Euro für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
- Der offenbar undotierte Nachwuchsförderpreis geht an Martin Hallmannsecker.
Initiatoren und Geldgeber sind die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Auswärtige Amt und das Ministerio per i beni e le attività culturali. Unterstützung erfährt das Projekt darüber hinaus durch das Literarische Colloquium Berlin, das Goethe-Institut und das Centro per il libro e la lettura.
Grütters: „Übersetzungen eröffnen Räume der Verständigung und des Verstehens“
„Übersetzen ist eine eigene Sparte der Dichtkunst“, so Monika Grütters in ihrer Ansprache. „Dem Inhalt eines Textes treu zu bleiben, dabei aber gleichzeitig dem ästhetischen Anspruch der Literatur gerecht zu werden, der Sprache ebenso zu folgen wie der Sprachmelodie, ist ein Spagat, der weit mehr erfordert als perfekte Grammatik-Kenntnisse und einen umfassenden, flexiblen Wortschatz in beiden Sprachen. […] Literarische Übersetzungen tragen dazu bei, dass fremde Gedankenwelten Teil unserer Sprachwelt werden; sie eröffnen inspirierende Räume der Verständigung und des Verstehens.“
Die Staatsministerin weiter:
Vielleicht hatte der deutsche Arzt und Übersetzer Carl Bertrand Schönheiten wie die Tänzerin Canovas im Sinn, als er – im Vorwort seiner Übersetzung von Dantes „Göttlicher Komödie“ – feststellte: „Übersetzungen gleichen den Frauen: sind sie treu, so sind sie nicht schön, und sind sie schön, so sind sie nicht treu.“
Das komplexe, das ambivalente Wesen des weiblichen Geschlechts kommt dabei zwar kaum in all seinen Facetten zum Ausdruck, aber die Aussage trifft doch den Kern der herausfordernden Aufgabe der Übersetzerinnen und Übersetzer. […]
„Treu und schön“ – kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe bringt auch dieses – nennen wir es „Übersetzer-Dilemma“ auf folgende Formel: „Was man auch von der Unzulänglichkeit des Übersetzens sagen mag, so ist und bleibt es doch eins der wichtigsten und würdigsten Geschäfte in dem allgemeinen Weltwesen.“
„Brücken bauen, wo Politik und Diplomatie an ihre Grenzen stoßen“
Der Deutsch-Italienische Übersetzerpreis sei nicht nur eine Würdigung der herausragenden künstlerischen Leistungen ausgezeichneter Übersetzerinnen und Übersetzer, sondern lege zugleich Zeugnis ab von den langjährigen inspirierenden und fruchtbaren interkultureller Beziehungen zwischen Deutschland und Italien, so Grütters.
Jenseits des ästhetischen Genusses sei die Arbeit der Übersetzer auch von großer politischer Bedeutung:
Der Deutsch-Italienische Übersetzerpreis ist Ausdruck der gemeinsamen Überzeugung Deutschlands und Italiens, dass Literatur, dass Kultur Brücken zu bauen vermag, wo Politik und Diplomatie an ihre Grenzen stoßen.
Über den Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis
Mit dem Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis würdigt die Kulturstaatsministerin hervorragende literarische Übersetzungen, die zur Verständigung zwischen den Kulturen beitragen. Der Preis wird jährlich alternierend in Rom und in Berlin verliehen. Er zeichnet abwechselnd deutsch- und italienischsprachige Übersetzerinnen und Übersetzer aus, die mit ihrer Arbeit zur Verbreitung deutscher Literatur in Italien und umgekehrt beigetragen haben.
Die Preisträger
- Victoria Lorini: Den Preis für eine herausragende Übersetzung eines italienischen Werkes ins Deutsche erhält Victoria Lorini. Sie wird für ihre Übersetzung der „Vite“ von Giorgio Vasari ausgezeichnet, insbesondere für die letzten vier Bände der 45-teiligen Ausgabe, die bei Wagenbach erschienen ist.
Die Jury schreibt: „Die erstmals vollständige Übertragung der Vite von Giorgio Vasari ist ein kulturgeschichtlicher Meilenstein. Victoria Lorini hat die Aufgabe mit glänzendem Sprachgefühl, philologischer Genauigkeit und kunsthistorischer Expertise gemeistert. Ob Bildbeschreibungen, anekdotische Passagen oder Schilderungen der Arbeit in den Werkstätten, sie findet für jede Textsorte eine Entsprechung. Gleichzeitig legt sie das theoretische Nervengeflecht des Werkes bloß und vereinheitlicht die Terminologie. Vasari gewinnt neue Strahlkraft und Lesbarkeit. Mit den letzten vier Bänden der 45-teiligen Ausgabe bringt Victoria Lorini ihre zwanzigjährige Arbeit zu einem grandiosen Abschluss.“ - Reimar Klein: Reimar Klein wird für sein Lebenswerk ausgezeichnet. In der Begründung heißt es: „Reimar Klein versetzt den komplexen philosophischen, kulturtheoretischen und literaturgeschichtlichen Hintergrund des Essayisten Roberto Calasso in Schwingungen. Seine eindrucksvollen Übertragungen der Studien zu Tiepolo, Baudelaire und den vedischen Mythen zählen zu den Höhepunkten der Sachbuchübersetzungen der letzten Jahre.“
Und weiter: „Klein steht auf dem Fundament der Wissenschaftssprache des 19. Jahrhunderts und macht sie für das 21. Jahrhundert fruchtbar. Er ist ein Meister des Periodenbaus. Seine formale Strenge verleiht den Übersetzungen zeitlose Klassizität. Reimar Kleins Werk umfasst außerdem Übersetzungen von Giorgio Colli, Carlo Michelstaedter und Pier Paolo Pasolini.“ - Martin Hallmannsecker: Der Nachwuchsförderpreis geht an Martin Hallmannsecker für seine Übersetzung des Novellenbandes „Maestro“ Amor von Luigi Pirandello.
Die diesjährige deutsche Jury hatte am 30. März 2017 in Berlin getagt und die Preisträger ausgewählt.
Weiterführender Link
[Text: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Quelle: Pressemitteilung Bundesregierung, 2017-06-26; Website Deutsch-Italienischer Übersetzerpreis. Bild: Bundesregierung, Deutsch-Italienischer Übersetzerpreis.]