UEPO.de taucht hin und wieder in den Fußnoten universitärer Abschlussarbeiten als Quelle auf. Dass ist kaum verwunderlich, da die Branchenchronik des Übersetzerportals nun schon 16 Jahre umfasst und vielerlei Anregungen für akademische Arbeiten bereithält.
Überrascht waren wir aber, dass ein längerer Auszug aus einem UEPO-Artikel in einem 2012 erschienenen Buch abgedruckt wurde.
Titanic-Autor Christian Meurer hat sich im Taschenbuch Unser Guido auf die Suche „nach dem Sinn hinter den Äußerungen des Außenministers, Vizekanzlers und Ex-FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle gemacht“, wie es im Klappentext heißt. Er präsentiere „eine einmalige Sammlung von Zitaten“, aus der eine „zum Lachen reizende Selbstdemontage“ des FDP-Politikers resultiere.
Bekanntlich wurde Westerwelle oft wegen seiner nur rudimentären Englisch-Kenntnisse verspottet. Im Jahr 2009 weigerte er sich nach der gewonnenen Bundestagswahl auf einer Pressekonferenz, die Frage eines britischen Reporters auf Englisch zu beantworten.
Im Buch heißt es dazu:
Der Autor beschreibt Westerwelle als eine „in die Politik verirrte Loriot-Figur“:
Das Westerwelle-Flair scheint Verschiedenes auszumachen, beispielsweise sein ihm eigener Quatschfiguren-Appeal, der auf seine Anfänge zurückzuführen ist, auf seine Anfänge insbesondere der „Spaßpolitiker“-Zeit zu Beginn der 2000er Jahre […]. Seitdem wird er nicht ganz deckungsgleich mit der gängigen Politiker-Wahrnehmung einsortiert als eher drollige Wiedererkennungsfigur, nahe schon an Wichten aus der TV-Werbung vom Schlage eines Hustinetten-Bärs, Brummifahrers oder Trimm-Dich-Männchens.
Dieses Image hat er selbst geschaffen und zu verantworten, und ein Großteil seiner komischen Wirkung kommt schon dadurch zustande, dass er sich an einer so angeknacksten Integrität abarbeiten muss. […]
Wie schon vielfach an anderer Stelle beschrieben, wirkt er wie ein extrem streberhafter Vertreter der „Generation Golf“, deren markantester Grundzug das Fehlen von existenziellen Herausforderungen war, die ihr Gelegenheit zu Bewährung und Reifung gegeben hätte.
Guido Westerwelle ist 2016 (vier Jahre nach Erscheinen des oben beschriebenen Buchs) im Alter von 54 Jahren an Leukämie verstorben.
Rückblickend betrachtet und gerade im Vergleich mit den nach ihm auf die nationale und internationale Bühne drängenden Figuren erscheint er geradezu liebenswert und harmlos. Dass sie ihm oft Unrecht getan haben, dürften inzwischen auch viele Spötter von damals erkannt haben.
Richard Schneider