Nach Rheinland-Pfalz (2010) und den Bundesländern Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg (jeweils 2017) will nun auch Niedersachsen das Videodolmetschen flächendeckend einführen. Ein Testlauf in der JVA Uelzen (261 Haftplätze) sei „durchweg positiv“ verlaufen, sodass nunmehr entschieden worden sei, das Angebot landesweit auszubauen. Das erklärte ein Sprecher des niedersächsischen Justizminiteriums gegenüber der Osnabrücker Zeitung.
„Wir haben im Justizvollzug immer mehr Menschen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen“, erklärte die damalige Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz im Sommer 2017 bei einem Besuch in der JVA Uelzen. „Wir können aber nicht immer tagelang auf einen Dolmetscher warten, der vielleicht einen seltenen Dialekt spricht und extra anreisen muss. Mit Videodolmetschern sind wir in der Lage flexibler und auch kostengünstiger zu agieren. So können wir schneller mit den Inhaftierten in Kontakt treten, wichtige Informationen erhalten und vermitteln und auf sicherer Grundlage Entscheidungen treffen.“
Auftrag geht an Platzhirsch SAVD
Das Land hat jetzt einen entsprechenden Auftrag für insgesamt 24 Gefängnisse ausgeschrieben. Schon im April sollen die Justizvollzugsanstalten in Lingen, Meppen, Osnabrück, Vechta und Oldenburg für das Ferndolmetschen ausgerüstet sein.
Den Zuschlag wird die österreichische SAVD Videodolmetschen GmbH erhalten, die in diesem Bereich praktisch ohne Konkurrenz agiert. Das Auftragsvolumen wird mit rund 500.000 Euro für das Jahr 2018 beziffert.
Hamburg: Versuchslauf bis Mitte 2018
Als nächstes Bundesland dürfte Hamburg seine Justizvollzugsanstalten für das Ferndolmetschen ausrüsten. Dort läuft noch bis Mitte 2018 in der JVA Billwerder und der Untersuchungshaftanstalt (UHA) der Hansestadt ein Pilotprojekt mit dem System der SAVD GmbH.
Nordrhein-Westfalen: Pilotprojekte in einzelnen Haftanstalten
Im mit fast 18 Millionen Einwohnern größten Bundesland Nordrhein-Westfalen laufen nur einzelne Versuche mit dem Videodolmetschen, zum Beispiel im westfälischen Detmold.
Bayern: Nach zwei Pilotprojekten öffentliche Ausschreibung der landesweiten Einführung
Bayern testet das System bereits seit 2016 in zwei Gefängnissen und hat im August 2017 die landesweite Einführung öffentlich ausgeschrieben:
In den bayerischen Justizvollzugsanstalten soll die Dienstleistung Videodolmetschen eingeführt werden. Dabei handelt es sich um bedarfsabhängige Dolmetscherleistungen, die der Auftragnehmer auf Anforderung innerhalb bestimmter Reaktionszeiten bereitstellt.
Der zu vergebende Auftrag umfasst die Dienstleistung Videodolmetschen in den bayerischen Justizvollzugsanstalten und wird als Rahmenvereinbarung geschlossen. Gegenstand des Vergabeverfahrens ist die Bereitstellung von Videodolmetschleistungen (über ein webbasiertes System) nach Maßgabe der Leistungsbeschreibung.
Die Leistung wird zum Ausführungsbeginn in einer bestimmten Anzahl von Justizvollzugsanstalten und in der Folge sukzessive in weiteren Justizvollzugsanstalten eingeführt.
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Richard Schneider
Quelle: Osnabrücker Zeitung, 2018-01-24; Neue Westfälische, 2018-12-28; Pressemitteilung JVA Uelzen, 2017-06-12