Die Übersetzungswissenschaftlerin Katharina Reiß ist am 16.04.2018 im Alter von 94 Jahren in München gestorben.
Die Vertreterin der von Hans J. Vermeer (Germersheim) entwickelten Skopostheorie ist jedem Übersetzer aus dem Studium bekannt. Sie lehrte 26 Jahre in Heidelberg, erhielt später einen Lehrauftrag in Germersheim, wo sie sich habilitierte, und war bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand Direktorin am romanischen Seminar der Universität Würzburg.
Der FTSK Germersheim schreibt in seinem Nachruf:
Der Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft der Universität Mainz in Germersheim trauert um die am 16. April 2018, einen Tag vor ihrem 95. Geburtstag, verstorbene Übersetzungswissenschaftlerin Katharina Reiß.
Katharina Reiß, die nach einer hispanischen Promotion (1954) am damaligen Dolmetscherinstitut der Universität Heidelberg lehrte, gehörte zu den renommiertesten Vertreterinnen der deutschsprachigen Übersetzungswissenschaft.
Ihre Monographien „Möglichkeiten und Grenzen der Übersetzungskritik“ (1971) und „Texttyp und Übersetzungsmethode“ (1976) sind Klassiker und gehören auch über vier Jahrzehnte nach Erscheinen noch zur translationswissenschaftlichen Basislektüre, ebenso wie das gemeinsam mit Hans Vermeer publizierte Buch „Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie“ (1984), in das ihre Überlegungen zur Texttypologie Eingang fanden.
Bei der Monographie „Texttyp und Übersetzungsmethode“ handelt es sich um die Druckfassung ihrer 1974 am damaligen Fachbereich Angewandte Sprachwissenschaft (FAS) der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim eingereichten Habilitationsschrift. Das mit der Venia Legendi „Angewandte Sprachwissenschaft“ abgeschlossene Habilitationsverfahren war das erste Verfahren, seitdem der Germersheimer Fachbereich das Habilitationsrecht erhalten hatte. Als wissenschaftlicher Mentor fungierte Hans Vermeer.
Bis Mitte der 1980er Jahre hielt Katharina Reiß als Lehrbeauftragte und außerplanmäßige Professorin am damaligen Institut für Allgemeine Sprach- und Kulturwissenschaft (IASPK) Seminare ab zu Themen wie „Der Äquivalenzbegriff in der Übersetzungswissenschaft“, „Textlinguistik und Übersetzen“ oder „Das Übersetzen von Kinder- und Jugendbüchern: Theorie und Praxis“.
Beschäftigt war die Hispanistin, die auch als literarische Übersetzerin aus dem Spanischen tätig war, bis zu ihrem Ruhestand (1988) als Akademische Direktorin am romanischen Seminar der Universität Würzburg. Im Jahr 1994 nahm sie eine Gastprofessur an der Universität Wien wahr.
2002 erhielt Katharina Reiß die Ehrendoktorwürde der Universität Genf für ihre Verdienste um die Übersetzungswissenschaft. Die internationale Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit zeigt sich auch darin, dass ihre Monographie Möglichkeiten und Grenzen der Übersetzungskritik Gegenstand von Übersetzungen in das Französische und Englische war.
Weitere Nachrufe auf Katharina Reiß
- Christiane Nord: In Memoriam Katharina Reiß (auf Englisch)
- José Luis Aja: Katharina Reiß y las múltiples dimensiones de la equivalencia traslativa
rs