Dolmetscher und Sprachmittler bei der Polizei Berlin – Zahlen, Daten, Fakten

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Bild: Richard Schneider
Marcel Luthe
Marcel Luthe – Bild: FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus

Eine Anfrage zum Thema „Dolmetscher und Sprachmittler bei der Polizei Berlin“ hat Marcel Luthe im Juni 2019 an den Berliner Senat gerichtet. Luthe sitzt für die FDP im Berliner Abgeordnetenhaus. Dort ist er Mitglied im Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und Sprecher seiner Fraktion für diesen Themenkomplex.

Die Senatsverwaltung hat die Fragen Anfang Juli schriftlich beantwortet. Wir dokumentieren nachfolgend den vom Abgeordnetenhaus veröffentlichten Text. Die Überschriften wurden von uns eingefügt.

Vergütung nach JVEG oder Polizeirichtlinie

1. Auf welcher rechtlichen Grundlage, in welcher konkreten Höhe (ggf. differenziert nach Qualifikation und Einsatzzeiten) werden Übersetzungsleistungen im Bereich der Polizei Berlin aktuell vergütet? Wann sind diese Vergütungen zuletzt angepasst worden und wie hoch war die vorherige Vergütung?

Bei der Inanspruchnahme von Dolmetscherinnen und Dolmetschern und Übersetzerinnen und Übersetzern sind zwei Abrechnungsgrundlagen zu berücksichtigen.

Erfolgt die Heranziehung im Auftrag bzw. nach vorheriger Billigung der Amts- oder Staatsanwaltschaft oder ist die Polizei in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsbehörde im Ordnungswidrigkeitenverfahren tätig, so ist als Entschädigungsgrundlage das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) anzuwenden. Seit dem 01.08.2013 beträgt der Stundensatz zzgl. Hin- und Rückfahrtzeit 70,00 € (vorherige Vergütung 55,00 €). Zudem erhalten Dolmetscherinnen und Dolmetscher und Übersetzerinnen und Übersetzer einen Fahrtkostenersatz, ggf. eine Aufwandsentschädigung sowie einen Ersatz für Aufwendungen als Vergütung.

Werden Dolmetscherinnen und Dolmetscher und Übersetzerinnen und Übersetzer hingegen im Rahmen polizeilicher Strafverfolgungsmaßnahmen herangezogen, kann die Vergütung frei vereinbart werden (Honorar). Zur Vereinfachung und Vereinheitlichung findet seit dem 02.04.2007 die „Richtlinie über die Vergütung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern und Übersetzerinnen und Übersetzern bei polizeilichen Inanspruchnahmen“ Anwendung.

Seit dem 01.01.2018 beträgt der Stundensatz 55,00 € (vorherige Vergütung 45,00 €). Darüber hinaus werden eine Entschädigung für An- und Abfahrt, eine Aufwandsentschädigung sowie ein Ersatz für Aufwendungen vergütet.

Bei der Auftragsvergabe wird den Beauftragten mitgeteilt, auf welcher Grundlage die Vergütung erfolgt.

Terminologie: Dolmetscher = qualifiziert, Sprachmittler = unqualifiziert

2. Wie definiert der Senat die Begriffe „Dolmetscher“ und „Sprachmittler“ in Abgrenzung zueinander?

Die Polizei Berlin greift grundsätzlich auf allgemein beeidigte Dolmetscherinnen und Dolmetscher zurück. In Berlin können als Dolmetscherinnen und Dolmetscher allgemein beeidigt werden, wer im Inland eine Dolmetscherprüfung eines staatlichen Prüfungsamts oder einer Hochschule oder im Ausland eine von einer deutschen staatlichen Stelle als gleichwertig anerkannte Dolmetscherprüfung bestanden hat, eine praktische Tätigkeit als Dolmetscherin bzw. Dolmetscher nachweist und die erforderliche Eignung und Zuverlässigkeit besitzt.

Die Abgrenzung zu Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern ergibt sich vorrangig aus dem Fehlen der genannten Voraussetzungen.

Berliner Polizei stehen 563 zuverlässigkeitsüberprüfte Dolmetscher zur Verfügung

3. Wie viele Dolmetscher und wie viele Sprachmittler für die jeweiligen Sprachen sind bei der Polizei Berlin – als sicherheitsüberprüft – erfasst? Wie hat sich der Bestand (ggf. nur der Gesamtbestand) auf dieser Liste seit dem Jahr 2011 entwickelt?

Aktuell stehen der Polizei Berlin 563 zuverlässigkeitsüberprüfte Dolmetscherinnen und Dolmetscher zur Verfügung. Eine statistische Erfassung für die Vorjahre erfolgte nicht, jedoch ist der Bestand seit dem Jahr 2011 mit geringen Abweichungen unverändert.

Im Einzelnen sind für die nachfolgenden Sprachen Dolmetscherinnen und Dolmetscher
(zum Teil mehrsprachig) erfasst:

[In der Drucksache des Abgeordnetenhauses folgt eine Tabelle mit Sprachen und der Anzahl der für die jeweilige Sprache verfügbaren Dolmetscher (siehe PDF-Datei).]

Zu Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern wird bei der Polizei Berlin keine Übersicht geführt.

Dolmetschkosten in 5 Jahren um 58 Prozent auf 2,8 Mio. Euro gestiegen

4. Welcher Aufwand in € für Übersetzungsleistungen ist bei der Polizei Berlin in den Jahren 2011 bis 2018 und welcher bisher in 2019 entstanden?

Beschaffungs- und Zahlungsverkehrsunterlagen werden bei der Polizei Berlin nach sechs Jahren vernichtet. Daher liegen Daten erst ab dem Jahr 2014 vor. Die gewünschten Informationen sind den nachstehenden Tabellen zu entnehmen:

Jahr Ausgaben der Polizei Berlin
2014 1.789.362,00 €
2015 2.061.592,00 €
2016 2.152.468,00 €
2017 2.557.004,00 €
2018 2.822.686,00 €
2019 (Stand: 26.06.2019) 1.468.067,00 €

3,6 Mio. Euro für Übersetzung der Telefonüberwachung

Für die Übersetzung von Telefonüberwachungsmaßnahmen hat die Polizei Berlin in Auftragswirtschaft für die Justiz folgende Honorarsummen gezahlt:

Jahr Ausgaben der Polizei Berlin
2014 4.380.439 €
2015 4.528.732 €
2016 4.464.224 €
2017 4.788.454 €
2018 3.590.852 €
2019 (Stand: 26.06.2019) 1.824.911 €

Nur in Einzelfällen keine schnelle Hinzuziehung möglich

5. Wie stellt die Polizei Berlin in der Praxis sicher, dass eine Verständigung mit Zeugen oder Geschädigten – e.g. in arabischer oder chinesischer Sprache – in allen Abschnitten möglich ist?

Die zuverlässigkeitsüberprüften Dolmetscherinnen und Dolmetscher sind unter Angabe ihrer Erreichbarkeiten in einer für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im polizeilichen Intranet abrufbaren Datenbank gelistet.

6. Sind dem Senat Fälle bekannt, in denen eine Verständigung mit Zeugen oder Geschädigten über eine Stunde oder länger nicht möglich war, weil weder ein Dolmetscher/Sprachmittler verfügbar war, noch ein im Dienst befindlicher Polizeibeamter aus eigener Kenntnis helfen konnte? Falls nicht, weshalb kennt der Senat diese Fälle nicht? Falls ja, was unternimmt der Senat dagegen?

Derartige Fälle werden statistisch nicht erfasst. Es ist aber nicht auszuschließen, dass im Einzelfall in Abhängigkeit des Anfahrtsweges, mehr als eine Stunde benötigt wird, bis die Dolmetscherin bzw. der Dolmetscher eintrifft.

Fremdsprachenkenntnisse von Polizisten werden nicht gesondert honoriert

7. Erhalten durch zusätzliche Fremdsprachenkenntnis besonders qualifizierte Polizeibeamte eine Zulage? Fördert die Polizei Berlin den Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen? Falls ja, wie konkret?

Eine Zulage für Fremdsprachenkenntnisse wird bei der Polizei Berlin nicht gezahlt. In der Grundausbildung wird Englisch unterrichtet. Der Fokus liegt auf der Erarbeitung und Anwendung von berufsspezifischem Vokabular mit dem Ziel, dass die Auszubildenden mit Abschluss ihrer Ausbildung in typischen alltäglichen Berufssituationen sicher in der Fremdsprache agieren können.

Darüber hinaus werden Fortbildungskurse für die englische Sprache sowohl für alle Polizeiangehörigen sowie für spezielle Zielgruppen angeboten.

Berlin, den 04. Juli 2019

In Vertretung
Torsten Akmann
Senatsverwaltung für Inneres und Sport

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[Text: Richard Schneider.]