Warum „Corona“? GfdS betrachtet Virus aus sprachlicher Sicht

Coronavirus
Der unter dem Mikroskop sichtbare Strahlenkranz (Korona) gibt den Coronaviren ihren Namen. Eine Art Korona entsteht auch bei totalen Sonnenfinsternissen wie rechts abgebiltet. - Bild: GfdS

Das Coronavirus breitet sich auch in Europa mit großer Geschwindigkeit aus. Wir bei der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) haben natürlich auch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen getroffen und uns sicherheitshalber in unsere Grammatiken und Nachschlagewerke vertieft. Mit einem Virus beschäftigen wir uns nämlich lieber aus sprachlicher Sicht – in einer kleinen Corona-Serie.

Im Zusammenhang mit der neuartigen Erkrankung treten zahlreiche neue Fachbegriffe in die Sprache. Welchen verwendet man, wie unterscheiden sie sich und was haben sie gemeinsam?

Unterscheidung zwischen Erreger (SARS-CoV-2) und Krankheit (COVID-19)

Aus medizinischer Sicht ist zwischen einer Erkrankung und dem Erreger zu unterscheiden, der diese Erkrankung hervorruft. Eine Grippe beispielsweise wird von bestimmten Viren hervorgerufen, zum Beispiel dem Influenza-A-Virus H1N1. Im aktuellen Fall trägt die Erkrankung, die uns beschäftigt, den Namen COVID-19.

Bei diesem Ausdruck handelt es sich um ein Kurzwort, genauer gesagt um ein Akronym. Es wird gebildet aus den Anfangsbuchstaben und den Folgevokalen des englischen Ausdrucks Corona Virus Disease 2019. Diese Buchstaben werden als ein neues Wort ausgesprochen, nicht Buchstabe für Buchstabe wie etwa beim Personenkraftwagen, PKW. Der Name der Erkrankung wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell festgelegt, die Zahl 19 bezieht sich auf die ersten dokumentierten Fälle, die bereits im Jahr 2019 auftraten.

Der Erreger, der die Krankheit COVID-19 hervorruft, trägt den offiziellen Namen SARS-CoV-2. Diese Bezeichnung enthält ein weiteres Akronym: SARS. Es steht für englisch Severe Acute Respiratory Syndrome (dt. Schweres Akutes Atemwegssyndrom) und ist dem einen oder der anderen sicher noch aus den Jahren 2002 und 2003 bekannt, als eine SARS-Pandemie die Welt in Atem hielt.

In diesem Zusammenhang wurde der Ausdruck SARS von der GfdS im Jahr 2003 auf Platz vier der Wörter des Jahres gewählt. Als anfänglich über die Krankheit berichtet wurde, herrschte in Fernsehen und Rundfunk die buchstabenweise Aussprache einer Abkürzung vor, nach und nach dominierte jedoch die akronymische Lesart.

Neues Virus aus der Gruppe der Coronaviren

In der Virusbezeichnung SARS-CoV-2 steht die Buchstabenkombination CoV für engl. Corona Virus. Es handelt sich bei dem Erreger also um ein Virus aus der Gruppe der Coronaviren, das schwere akute Atemwegserkrankungen hervorruft. Die Zahl 2 in der Bezeichnung für das Virus zeigt, dass es bereits ein anderes, ähnliches Virus dieser Art gibt, SARS-CoV-1. Dieses Virus war es, das die SARS-Erkrankungen der Pandemie von 2002/2003 hervorrief.

Die Coronaviren wiederum tragen ihren Namen aufgrund ihres Aussehens. Betrachtet man sie unter einem starken Mikroskop, erwecken Strukturen auf der Oberfläche des Virus den Eindruck, als sei dieses von einem Strahlenkranz, einer sogenannten Korona, umgeben, wie sie z. B. bei einer totalen Sonnenfinsternis auftritt.

Eine solche Sonnenfinsternis war eines der zentralen Ereignisse des Jahres 1999 und auch damals wurde schnell ein einprägsames Akronym gebildet: Sofi. Die Sofi–Fans setzten ihre Sofi-Brillen auf und trafen sich zur Sofi-Party, um das Schauspiel zu betrachten. Das Wort Sofi stand unter den Wörtern des Jahres 1999 dementsprechend auf Platz 9.

Allgemeiner Sprachgebrauch verkürzt alles zu Corona

Komplexe Bezeichnungen wie SARS-CoV-2 und die strenge Trennung zwischen Virus und Krankheit setzen sich im allgemeinen Sprachgebrauch oft nur schwer durch. Die selten gemachte Unterscheidung von HIV, einem Virus, und AIDS, der Erkrankung, die eine Folge der Infektion sein kann, ist hierfür ein gutes Beispiel.

Derzeit wird vor allem vom Coronavirus oder kurz von Corona gesprochen. Wieder liegt ein Wortbildungsprozess zugrunde, eine Kürzung. Dabei wird einfach der Beginn (Omnibus zu Bus) oder das Ende eines Wortes (Universität zu Uni) abgetrennt.

GfdS-LogoIn der nächsten Folge unserer sprachlichen Betrachtungen zum Coronavirus werfen wir einen Blick auf die vielen Wortneubildungen, die die Berichterstattung über das Virus hervorbringt: Von Corona-Chaos über Corontäne bis coronös. Bleiben Sie bis dahin gesund!

rs, GfdS