Claudia Steinitz erhält Cotta-Übersetzerpreis der Landeshauptstadt Stuttgart

Cotta-Preis Stuttgart
Der mit insgesamt 20.000 Euro dotierte Cotta-Preis wird alle drei Jahre zu gleichen Teilen an einen Schriftsteller und einen Übersetzer verliehen. - Bild: Stadt Stuttgart

Seit 1978 wird in einem dreijährigen Turnus der Johann-Friedrich-von-Cotta-Literatur- und Übersetzerpreis der Landeshauptstadt Stuttgart verliehen, der mit insgesamt 20.000 Euro dotiert ist. Das Preisgeld geht je zur Hälfte an einen Schriftsteller und einen Literaturübersetzer, die jedoch nicht zueinander in einer Beziehung stehen müssen. Es wird also nicht der Übersetzer des jeweiligen Autors ausgezeichnet.

Wie die Stadt Stuttgart mitteilt, werden im Jahr 2020 die Übersetzerin Claudia Steinitz und der Schriftsteller Thomas Stangl geehrt. Der Gemeinderat hat am 14. Mai dem Vorschlag der Jury zugestimmt.

Auszeichnung auch als Würdigung des Lebenswerks gedacht

Bei Steinitz würdigt die Jury ausdrücklich auch deren Lebenswerk, obwohl die Mittfünfzigerin offenbar noch nicht kurz vor dem Ableben steht. Der Lebenswerk-Hinweis ist allerdings steuerlich relevant: Auszeichnungen fürs Lebenswerk sind steuerfrei, während Ehrungen für die besonders gelungene Übersetzung eines einzelnen Werks wie ein normales Honorar zu versteuern sind und dadurch finanziell geschmälert werden.

Jury: „Hohes sprachliches Einfühlungsvermögen und große Stilsicherheit“

Der Übersetzer Christian Hansen erläutert im Namen der Jury, warum man sich für Steinitz entschieden hat:

Seit mehr als dreißig Jahren verleiht die aus Berlin stammende Übersetzerin Claudia Steinitz der Literatur französischer Sprache im Deutschen Stimme und Gewicht.

Besondere Berücksichtigung seitens der Jury fand ihre Übersetzung der ‚Subutex‘-Romane von Virginie Despentes: In ihrer Trilogie ‚Das Leben des Vernon Subutex‘ treibt die Autorin die Handlung durch unterschiedlichste Schichten und Milieus der französischen Hauptstadt. Ständig wechselnde Erzählstimmen aus bürgerlichem Milieu und Künstlerkreisen, Subkultur und Unterwelt lassen ein Sittengemälde spätkapitalistischer Gesellschaften entstehen, dessen Polyphonie allerhöchste Ansprüche an die Übersetzung stellt.

Mit hohem sprachlichem Einfühlungsvermögen und großer Stilsicherheit trifft Claudia Steinitz hier in jedem Moment den richtigen Ton und vermag den Texten der französischen Erfolgsschriftstellerin die authentische Prägung eines zweiten Originals zu verleihen.

Cotta war Verleger von Goethe, Schiller, Humboldt und Hegel

In einer Stellungnahme zur Wahl sagt Claudia Steinitz:

Claudia Steinitz
Claudia Steinitz – Bild: Ebba Drolshagen

Ich freue mich sehr über den Johann-Friedrich-von-Cotta-Literatur- und Übersetzerpreis der Landeshauptstadt Stuttgart, der neben dem langen Namen das wunderbare Alleinstellungsmerkmal hat, einen Autor und einen Übersetzer gleichberechtigt zu würdigen.

Der Namensgeber des Preises war nicht nur im 18. und frühen 19. Jahrhundert der Verleger aller deutscher Autoren, die damals Rang und Namen hatten, von Goethe und Schiller über Humboldt bis Hegel. Er führte auch die Dampfschifffahrt auf dem Bodensee ein, weshalb ich mich als Übersetzerin auch bei ihm als Fährmann bestens aufgehoben fühle.

Mit besonderem Stolz erfüllt mich die Auszeichnung angesichts der früheren Preisträger, zu denen Elke Wehr, Rosemarie Tietze, Nikolaus Stingl und Claudia Ott gehören.

Ungewöhnlich geradliniger Weg zum Beruf der Literaturübersetzerin

Claudia Steinitz, 1961 in Berlin geboren, erklärte ihren Eltern mit 16 Jahren, sie habe außer dem Französischen (der Sprache ihrer Großmutter) und der Literatur keine Interessen, auf denen sich ein Leben aufbauen lasse. Folgerichtig studierte sie Romanistik und ging einen ungewöhnlich geradlinigen Weg zum Beruf der Literaturübersetzerin, den sie inzwischen seit mehr als dreißig Jahren ausübt.

Überwogen anfänglich noch Filmdrehbücher, Romane und Kinderbücher aus dem Italienischen, verschob sich der Schwerpunkt bald zur französischen Literatur. Zu den ihr wichtigsten Autoren aus Frankreich gehören Yanick Haenel, Nancy Huston und Véronique Olmi. In den letzten Jahren teilten sich zwei starke und sprachmächtige Schriftstellerinnen den Platz auf ihrem Schreibtisch und in ihrem Übersetzerinnenherz, Albertine Sarrazin (1937-1967) und Virginie Despentes.

Jury aus Gemeinderatsmitgliedern und externen Sachverständigen

Neben den Mitgliedern des Stuttgarter Gemeinderats Dr. Christine Lehmann, Jürgen Sauer und Guntrun Müller-Enßlin gehören der Jury die Lektorin Juliane Schindler, die Schriftstellerin Monique Schwitter, der Übersetzer Christian Hansen und der Literaturkritiker Dr. Stefan Kister an. Hinzu kommt als Vorsitzender der Erste Bürgermeister Dr. Fabian Mayer.

Preisübergabe im Herbst

Die festliche Preisverleihung an Thomas Stangl und Claudia Steinitz im Großen Sitzungssaal des Rathauses der Stadt Stuttgart ist für den Herbst 2020 geplant. Der Termin wird rechtzeitig bekanntgegeben.

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rs, Stadt Stuttgart