Studie Auswärtiges Amt: Deutsch als Fremdsprache weltweit wieder stärker gefragt

Weltweite Verteilung der Deutschlerner
Weltweite Verteilung der Deutschlerner nach Regionen. - Bild: AA

Mit 100 Millionen Muttersprachlern ist Deutsch die meistgesprochene Sprache in Europa. Außerdem lernen weltweit 15,4 Millionen Menschen Deutsch als Fremdsprache.

Beeindruckende Zahlen, die aber nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die Verbreitung und Bedeutung der deutschen Sprache im In- und Ausland seit Jahrzehnten massiv zurückgegangen ist und das Deutsche zum Beispiel als Wissenschaftssprache keine Rolle mehr spielt.

Diese Negativentwicklung vollzog sich auch in Bezug auf die Deutschlerner im Ausland. Waren es im Jahr 2000 noch 20,1 Millionen, schmolz ihre Zahl bis 2010 auf 14,9 Millionen zusammen – ein Verlust von 25 Prozent in nur 10 Jahren.

Überraschung: Interesse an deutscher Sprache steigt im Ausland wieder

Deutsch als Fremdsprache weltweitAnlass zur Hoffnung geben jedoch die Ergebnisse einer soeben veröffentlichten Studie von Goethe-Institut, DAAD und der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), die alle fünf Jahre untersucht, wie viele Menschen weltweit Deutsch als Fremdsprache lernen. Die 56 Seiten umfassende Datenerhebung zeigt, dass der Rückgang gestoppt und der Trend wieder umgekehrt werden konnte.

Bereits von 2010 (14,9 Millionen Deutschlernende weltweit) auf 2015 hatte sich die Anzahl der Deutschlerner leicht auf 15,3 Millionen erhöht. Die jetzt vorliegenden Zahlen für 2020 zeigen einen weiteren zaghaften Zuwachs auf 15,45 Millionen Menschen, die Deutsch als Fremdsprache erlernen.

Regional stark unterschiedliche Entwicklung

Zu beachten ist allerdings, dass von Land zu Land sehr unterschiedliche Trends und Entwicklungen zu beobachten sind – von einer Halbierung in den USA bis hin zu einer Verdoppelung der Deutschlerner in Algerien.

Europa verzeichnet nach wie vor die meisten Deutschlerner (73 Prozent weltweit), auch wenn sich in einigen Ländern starke Rückgänge bemerkbar gemacht haben.

Mit Polen und Ungarn gilt dieser Abwärtstrend auch für Nationen, in denen die deutsche Sprache aufgrund geografischer Nähe beziehungsweise historischer Verflechtungen traditionell gut aufgestellt war. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wird das jetzt schon abflauende Interesse am Deutschen vermutlich noch weiter schwächen.

Positiv zu vermelden hingegen ist die Entwicklung in den Nachbarländern Dänemark, der Tschechischen Republik, Frankreich und den Niederlanden. Auch in Italien ist die Anzahl der am Deutschen Interessierten wieder gestiegen. In der Russischen Föderation wiederum, die 2015 noch den größten Rückgang aufwies, konnte sich die Zahl von 1,54 auf 1,79 Millionen Deutschlernende steigern.

In Afrika, wo 2015 kaum mehr als 7 Prozent der weltweiten Lernenden zu verzeichnen waren, ist der Anteil auf etwa 10 Prozent gestiegen. Nach wie vor ergibt sich jedoch ein äußerst heterogenes Bild in der Verteilung der Deutschlernenden auf dem Kontinent:

Während in Nordafrika Ägypten eine Erhöhung der traditionell hohen Zahlen verzeichnet (von ca. 250.000 auf 400.000) und Algerien gegenüber 2015 gar eine Verdoppelung, stellt sich die Situation in Zentralafrika und im Süden des Kontinents nahezu unverändert dar: Hier gibt es nur sehr wenige Deutschlernende und kaum Wachstum.

Die Situation in ausgewählten Ländern

  • Frankreich: Der Aachener Vertrag von 2019 bringt neuen Schwung in die deutsch-französischen Beziehungen. Erste positive Anzeichen motivieren zu weiteren Anstrengungen.
  • Vereinigtes Königreich: Deutsch hat einen schweren Stand: Der Weggang sprachaffiner EU-Bürger lässt das ohnehin schwache Interesse an Fremdsprachen weiter sinken.
  • Polen: Das Land zählt die meisten Deutschlernenden weltweit. Doch eine Bildungsreform erschwert den Erwerb der deutschen Sprache in der Schule.
  • Türkei: Gegensätzliche Tendenzen sind zu beobachten: Die Konkurrenz durch Arabisch wächst, zugleich ist Deutschland als Arbeits- und Studienort unvermindert attraktiv.
  • Russische Föderation: Der Negativtrend ist gestoppt. Die Zahl der Deutschlernenden steigt wieder.
  • China: Der Anstieg der Deutschlernenden setzt sich fort: ein Beweis für die steigende Bedeutung der deutschen Sprache.
  • Indien: Auch wenn die Regierung Fremdsprachenpolitik nicht auf der Prioritätenliste hat – die Entwicklung von Deutsch als Fremdsprache hat erstaunliche Fortschritte gemacht.
  • Vietnam: Das Interesse an Deutsch ist in den letzten Jahren gestiegen. Im Zuge des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes könnte sich dieser Trend fortsetzen.
  • USA: Das Interesse an Fremdsprachen hat weiter abgenommen. Davon ist auch Deutsch betroffen. Die USA vermelden einen weiteren massiven Rückgang von knapp einer halben Million auf 421.735 Deutschlerner.
  • Ägypten: Deutschland steht hoch im Kurs: Von 2015 bis 2020 hat die Zahl der Deutschlernenden einen 60-prozentigen Anstieg erlebt.
  • Kenia: Das Interesse an Deutsch steigt kontinuierlich. Seit 2015 haben sich die Zahlen mehr als verdoppelt.

Online zu lernen, gewinnt an Bedeutung – Deutschlehrer fehlen

Online Deutsch zu lernen gewinnt an Bedeutung: Digitale Instrumente werden zukünftig noch wichtiger – bei der Vermittlung der deutschen Sprache wie bei der Ausbildung von Deutschlehrkräften. Daher wurden in der Erhebung 2020 erstmalig auch digitale Angebote berücksichtigt.

Der wachsenden Nachfrage nach Deutsch steht an vielen Orten ein Mangel an Deutschlehrkräften entgegen: Die Qualifizierung von Lehrkräften genießt daher hohe Priorität in der Förderung des Auswärtigen Amts und bei den Partnerorganisationen.

Deutschlerner bauen langfristige Beziehung zu Deutschland auf

Michelle Müntefering
Michelle Müntefering – Bild: Jorinde Gersina

Michelle Müntefering, Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, hat Anfang Juni 2020 die Ergebnisse in einer digitalen Diskussionsveranstaltung mit dem Goethe-Institut, der Deutschen Welle und Deutschlernern aus aller Welt vorgestellt. Sie sagt:

Das Erlernen von Deutsch ermöglicht es Menschen im Ausland, eine langfristige Beziehung zu einem weltoffenen Deutschland aufzubauen. Für uns ist es kein Selbstzweck, sondern die Vermittlung der deutschen Sprache eröffnet auch Zukunftschancen: nicht nur den Zugang zu einem exzellenten Hochschulsystem, sondern auch zu einem Arbeitsmarkt, der Fachkräfte mit Deutschkenntnissen braucht. Die deutschen Auslandsschulen und die PASCH-Schulen sind darüber hinaus eine Investition in gute Beziehungen unserer Gesellschaften. Denn die Bindungen halten oft ein Leben lang!

Sprachförderung weltweit durch Auswärtiges Amt

Deutsch als Fremdsprache spielt eine herausragende Rolle, um Menschen langfristig an Deutschland zu binden, Brücken zu bauen und ein modernes Deutschlandbild zu vermitteln.

Die Förderung von Deutsch als Fremdsprache ist deswegen ein wichtiges Ziel der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Das Auswärtige Amt fördert unter anderem den Deutschunterricht an Schulen, die Aus- und Fortbildung von Lehrern, das Angebot an Hochschulstipendien sowie außerschulische und außeruniversitäre Sprachlernangebote.

PASCH-Initiative vernetzt Schulen in 130 Ländern

Ein besonders wichtiges Projekt in diesem Bereich ist die PASCH-Initiative, die Schulen in 130 Ländern bei der Einführung von Deutsch als Unterrichtsfach berät und Schüler durch eine Vielzahl analog und virtuell durchgeführter Projekte miteinander vernetzt.

Studie wird alle fünf Jahre erstellt

Seit 1985 wird alle fünf Jahre eine Datenerhebung durchgeführt, welche unter anderem die Anzahl derjenigen erfasst, die an Schulen oder Hochschulen Deutsch lernen oder auf außerschulische und außeruniversitäre Kursangebote zurückgreifen. Relevant ist auch die Anzahl der Lehrkräfte im Land, die Deutsch als Fremdsprache (DaF) unterrichten, sowie die Zahl der Bildungseinrichtungen, die Deutsch als Fremdsprache anbieten.

Die Erhebung wird in Zusammenarbeit von Goethe-Institut, ZfA und DAAD durchgeführt. Da für 2020 auch die Nutzer von Online-Lernangeboten erfasst wurden, war auch die Deutsche Welle erstmals beteiligt.

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rs, AA