Diskriminierende Ortsnamen: Was ist mit Tuntenhausen, Herr Stefanowitsch?

Unterneger
Sauerland-Idylle pur: Luftaufnahme von Unterneger. - Bild: Petra Klawikowski / CC BY-SA 3.0

Anatol Stefanowitsch, der aus Funk, Fernsehen und Feuilleton bekannte Aktivist für diskrimierungsfreie Sprache und geschicktes Gendern, legt den Einwohnern des Ortes Neger im Sauerland nahe, ihren Ort umzubenennen. Als Umbenennungsmöglichkeit schlägt der Berliner Anglistik-Professor „Nager“ vor.

Die zur Stadt Olpe gehörende Ortschaft gliedert sich in die Ortsteile Oberneger, Mittelneger und Unterneger. Sie trägt den Namen Neger, weil sie im Negertal am Flüsschen Neger (f.) liegt, das seit Menschengedenken so heißt.

Können Ortsnamen diskriminierend wirken?

Abgesehen davon, dass sich die Dörfler im Sauerland gewiss nicht von Eierköpfen in Berlin vorschreiben lassen werden, wie sie ihre Ortschaft nennen dürfen, könnte man die Frage, ob Ortsnamen diskriminierend wirken können, durchaus ernsthaft diskutieren.

Aber wo hört man auf, wenn man erst einmal anfängt mit der Umbenennung?

UEPO-Herausgeber Richard Schneider hat deshalb auf Twitter direkt bei Stefanowitsch nachgefragt:

(1/2) Was ist denn dann mit Tuntenhausen, Herr Professor @astefanowitsch? Könnte das als homophob missverstanden werden? Und die zahlreichen als sexistisch und frauenverachtend interpretierbaren Ortsnamen wie Tittenkofen? Alles umbennen? https://www.sauerlandkurier.de/kreis-olpe/olpe/neger-im-sauerland-ist-der-ortsname-rassistisch-debatte-um-umbenennung-90154975.html

(2/2) Ganz zu schweigen von Obszönitäten wie Poppendorf, Fickmühlen, Wichsenstein, Petting oder Geilenkirchen. Gut, dass zumindest Fucking zum Jahreswechsel in Fugging umbenannt wird. https://www.spiegel.de/panorama/fucking-wird-zu-fugging-oesterreichisches-dorf-benennt-sich-um-a-e621895b-5fec-4943-9e7b-69bd6076ea64

Stefanowitsch verweigert sich einer Diskussion

Stefanowitsch-Tweet

Auf die sachlich vorgetragenen Fragen reagierte Stefanowitsch eingeschnappt und verweigerte eine Antwort. Stattdessen erklärte er:

In unserer Community spielt die Person, die sich hinter dem „Übersetzungsportal“ verbirgt, übrigens keine Rolle. Damit ich mit im [sic!] diskutieren könnte, müsste er erst einmal etwas publizieren.

Tweet

Ein anderer Diskutant kommentierte diesen Lagerfeld-Moment Stefanowitschs treffend mit einem Hinweis auf den Pariser Modeschöpfer, der stets leugnete, das frühere Model Heidi Klum zu kennen (das tatsächlich fast ausschließlich in den USA tätig war):

„Claudia kennt die auch nicht. Die war nie in Paris. Die kennen wir nicht.“ (Karl Lagerfeld)

Tweet

Ein anderer bot scherzhaft an, seine eigene Publikationsliste einzureichen, um die Diskussion in Gang zu bringen:

Könnten Sie nicht trotzdem argumentieren? Publikationsliste auf Anfrage.

Doch alles Bitten und Flehen blieb vergeblich. Die Diva der political correctness hüllte sich weiter in Schweigen.

Und das, obwohl die Fragen von UEPO.de auf großes Interesse stießen: Sie wurden auf Twitter innerhalb von zwei Tagen mehr als 7.500 Mal aufgerufen.

Richard Schneider

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