aller – retour: Festival für Übersetzung und Literatur in Freiburg (Schweiz)

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Bild: aller - retour

Am 6. März 2021 wird das Festival für Übersetzung und Literatur aller↔retour live aus dem Kulturzentrum Le Nouveau Monde im schweizerischen Freiburg (Fribourg) übertragen. Livestreams und Zoom-​Ateliers ermöglichen einen virtuellen Festivalbesuch, bei dem das Übersetzen als Kunstform und Handwerk im Mittelpunkt steht.

Wie die Stadt ist auch das Festival mehrsprachig. Es wird gelesen, diskutiert und debattiert – allerdings virtuell. Wegen der Corona-​Massnahmen wird aller↔retour dieses Jahr online durchgeführt. Damit wird den Literaturschaffenden und dem Publikum eine Möglichkeit geboten, sich trotz der aktuellen Situation auszutauschen.

Am Samstag wird direkt aus dem Freiburger Kulturlokal Le Nouveau Monde gestreamt. Zu sehen sind die Livestreams zwischen 15:00 und 22:00 Uhr. Zwischen 10:30 und 14:30 Uhr wird zudem ein Teil der Veranstaltungen in Form von Zoom-​Ateliers durchgeführt. Dies erlaubt eine Interaktion zwischen den Teilnehmern.

Auf dem Programm stehen Veranstaltungen zu verschiedenen Formen des Übersetzens:

  • Wie übersetzt man die Spannung in einem Krimi?
  • Welche Regeln gelten bei der Übersetzung für die Bühne?
  • Wie überträgt man literarische Texte in Bilder?
  • Welches sind die Grenzen und Vorteile der maschinellen Übersetzung?
  • Welche Herausforderungen gilt es zu meistern bei der Übersetzung emotional dichter Texte?

Die Vorträge und Diskussionsrunden finden entweder auf Deutsch oder Französisch oder Italienisch oder auch in mehreren Sprachen statt.

Sowohl die Livestreams als auch die Zoom-​Ateliers sind für die Zuschauer kostenlos. Eine Vorabregistrierung ist nicht erforderlich. Klicken Sie am Festivaltag einfach auf der Website auf die für die Veranstaltungen angegebenen Links.

Programmpunkte

(1) Buchklub: Les myrtilles du moléson
I mirtilli del Moléson – Erkundung der Grenzen des Übersetzbaren
Die Erzählungen im letzten zu seinen Lebzeiten veröffentlichten Prosawerk weisen eine beispiellose Dichte an Merkmalen auf, die wir aus Giovanni Orellis früheren Publikationen bereits kennen: ein ausgeprägter experimenteller Stil, Assoziationen, Einschübe, metalinguistische Spielereien und vieles mehr. Wie verhält man sich als Übersetzer angesichts solcher Herausforderungen? Und wie soll man die so hervorgerufenen Emotionen wiedergeben? Mit Renato Weber.

(2) Im Reich der Algorithmen – Vortrag und Gespräch
Neuronale maschinelle Übersetzung
Der Einsatz von neuronalen Netzen in Systemen zur automatischen Textübersetzung wie Google Translate oder DeepL hat jüngst zu einer ruckartigen Qualitätsverbesserung geführt. Nur: Was sind neuronale Netze überhaupt? Und bewirkt ihr Einsatz tatsächlich, dass sich automatisch übersetzte Texte nicht mehr von professionellen Humanübersetzungen unterscheiden lassen? Mit Samuel Läubli und Camille Logoz

(3) So ein Theater-Atelier
Julie Tirard übersetzt aus Julia Haennis Bühnenstück Don Juan. Erschöpfte Männer ins Französische
Wie entsteht ein deutschsprachiges Theaterstück im Französischen neu und welche sprachlichen Herausforderungen lauern zwischen den Dialogzeilen? Bei diesem Mitmach-​Format blicken Sie der Profi-​Übersetzerin bei ihrer Arbeit über die Schulter und können mitknobeln, Vorschläge einbringen und Lösungen diskutieren.

(4) Die Sprache der Bilder – Gespräch
Das Illustrieren setzt, wie auch das Übersetzen, eine Interpretationsarbeit voraus. Könnte ersteres folglich helfen, den Akt des Übersetzens gedanklich zu erfassen? Was bringen die Illustrationen zum Ausdruck, was der Text nicht vermitteln kann? Und wie inspirieren die so ausgelösten Gefühle die Übersetzerin? Marion Graf spricht über ihre hauptsächlich für den Verlag La joie de lire aus dem Deutschen und Russischen übersetzten Jugendbücher, während Anna Luchs, Illustratorin verschiedener Kinderbücher und der 3-​Minuten-Rezensionen von Beat Mazenauer, von ihren Erfahrungen zwischen den verschiedenen Sprachen und Medien erzählt. Moderation: Camille Luscher.

(5) Kriminalromane übersetzen. Raum für Emotionen? – Gespräch
In den Kriminalromanen von Joseph Incardona oder Nicolas Verdan setzt die Sprache beim Körper an: die Wucht der Gefühle und Sinnesempfindungen, die Beschreibungen einer von Ungerechtigkeiten geprägten Gesellschaft, die in ihrem eigenen Wahn verlorenen Protagonisten, die Situationstragik. Wie eignet sich die Übersetzung diese Sprache an und wie schafft sie es, deren Anziehungs-​ und Faszinationskraft wiederzugeben? Ausgehend von den deutschen Übersetzungen von Nicolas Verdans Die Coachin (La Coach) und Joseph Incardonas Roman Asphaltdschungel (Derrière les panneaux, il y a des hommes), sprechen die Übersetzerinnen Lydia Dimitrow und Hilde Fleguth im Gespräch mit den Autoren über die Herausforderungen des Kriminalromans. Moderation: Sylvie Jeanneret.

(6) Wie übersetzt man auf der Bühne? – Gespräch
Wie begegnet das Theater unserer heutigen mehrsprachigen Welt? Welche Bedeutung wird im Theater der Übersetzung, Übertitelung und mehrsprachigen Vorstellungen beigemessen, in einer Zeit, in der die Produktionen immer internationaler, Ensembles und Publikum dank der Förderung der kulturellen Teilhabe immer gemischter werden? Darüber diskutiert Thomas Hunkeler mit Massimo Furlan und Claire de Ribaupierre(Les Italiens, Le Concours européen de la chanson philosophique) sowie Geneviève Pasquier und Nicolas Rossier (Dada ou le décrassage des idées reçues, Röstigraben).

(7) Preisverleihung Übersetzungswettbewerb
Es gibt nicht nur eine einzige gute Übersetzung, sondern so viele, wie es Übersetzungsmöglichkeiten gibt, Schwerpunkte gesetzt und Emotionen durch den Text ausgelöst werden. In diesem Sinne werden für den an Schulklassen der Sekundarstufe II und ein Laienpublikum gerichteten Wettbewerb nicht ein, sondern gleich mehrere Preise vergeben: für den Mut, die Musikalität, Präzision, Kohärenz, schöne Sprache oder eine besonders gelungene Form. Die Gedichte von Thierry Raboud, Eva Maria Leuenberger und Ariane von Graffenried werden in einer grossen Vielfalt an klingenden Varianten wiedergegeben. Die Preisvergabe wird von Lesungen und Überraschungsbeiträgen begleitet. Mit Camille Luscher, Florence Widmer, Sylvie Jeanneret, Beat Christ, Lydia Dimitrow.

(8) „Lautes Lachen ist nicht bescheiden“- Podiumsdiskussion
Schwarze Frauengeschichte(n) in der Schweiz
Florence Widmer, Anglistin, unterhält sich mit der Verlegerin und den Herausgeberinnen der dreisprachigen Geschichtensammlung I will be different every time. Schwarze Frauen in Biel über Themen wie Individualität, Alltagsrassismus und Integration. Dreisprachiges Gespräch mit Ursi Anna Aeschbacher, Fork Burke, Myriam Diarra und Franziska Schutzbach.

Trägerorganisationen des Festivals sind die Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit ch, prohelvetia, das Übersetzerhaus Looren und das Centre de traduction littéraire de Lausanne der Universität Lausanne. Die Stadt, der Kanton, die Loterie Romande sowie fünf Stiftungen unterstützen das Projekt finanziell.

Tanja Pete / ch-Stiftung