„Sprache in Politik und Gesellschaft“ lautet das Thema der Jahrestagung des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS), die vom 9.-11. März 2021 digital stattfindet und für alle Teilnehmer ausnahmsweise kostenfrei ist. Im Fokus steht die Wechselbeziehung zwischen Sprachgebrauch bzw. sprachlichem Handeln und der gesellschaftlich-politischen Wirklichkeit.
In unserer aktuell politisierten Zeit werden Gewissheiten infrage gestellt, die den sozialen Zusammenhalt und demokratische Prinzipien betreffen. Die Tagung lenkt den Blick auf die gesellschaftliche Verantwortung, die die Sprachwissenschaft – wie alle Sozialwissenschaften – hat. Diese Verantwortung besteht darin zu zeigen, welche Rolle und Funktion Sprache im gesellschaftlich-politischen Kontext zukommt.
Mit diesem Anspruch bekommen Themen aus dem Bereich Sprache, Politik und Gesellschaft sowohl gegenwarts- als auch vergangenheitsbezogen eine neue Relevanz. Das Tagungsthema ist transdisziplinär angelegt, sodass Politologie und Geschichtswissenschaft beteiligt sind. Rhetorik und Hermeneutik, Diskurs-, Kommunikations- und Interaktionsanalyse sind Zugänge, die diskutiert werden.
Die Vorträge befassen sich u. a. mit der Politolinguistik, der Political Correctness, Schlichtungsgesprächen zu Stuttgart 21 und korpusanalytischen Methoden, um beispielsweise rechte Positionen und ihre Formierung zu einem geschlossenen Weltbild zu untersuchen. Ein größerer Block beschäftigt sich mit der geschichtlichen Dimension des Tagungsthemas, z. B. in den Vorträgen „Der Olympiadediskurs 1936“ und „Politisches Positionieren in der NS-Zeit“, die aus dem IDS-Projekt „Sprachliche Sozialgeschichte 1933-1945“ hervorgehen.
Das IDS lädt neben einer Methodenmesse zu Beginn außerdem zu einer Podiumsdiskussion zum Abschluss des ersten Tages am 9. März um 19:00 Uhr ein. Hier werden Personen miteinander diskutieren, die jeweils auf sehr besondere Weise das Thema „Sprachliche Gewalt“ ausleuchten: Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen, MdB), Christian Gudehus (Universität Bochum, Sozialpsychologe), Konstanze Marx (Universität Greifswald, Sprachwissenschaftlerin) und Christian Holtzhauer (Nationaltheater Mannheim, Schauspielintendant).
So wird der Spannungsbogen von Theorie und Praxis deutlich, wenn Wissenschaft und Gesellschaft, darstellende Kunst und Politik das Thema „Sprache und Gewalt“ erörtern. Wenn wir in der Gegenwart von einer politisierten Zeit sprechen, dann ist es nicht zuletzt dieser Gegenstand „Sprache und Gewalt“, der hier aufgerufen ist.
Programmpunkte
Dienstag, 9. März 2021
METHODENMESSE
(Organisation und Moderation: Albrecht Plewnia):
- Vokabular und Formelhaftigkeit von Songtexten im gesellschaftlich-politischen Kontext
Roman Schneider, Sandra Hansen, Christian Lang - ZuMult: Neue Zugangswege zu Korpora gesprochener Sprache
Christian Fandrych, Elena Frick, Julia Kaiser, Cordula Meißner, Thomas Schmidt, Franziska Wallner, Kai Wörner - Wikilog@bw: Linguistische Analysen zum Gender Bias in der Online-Enzyklopädie Wikipedia
Eva Gredel, Leonie Bröcher - Arbeitskreis Sprache, Geschichte, Politik und Kommunikation
Annamaria Fabian, Torsten Leuschner, Igor Trost - Das Archiv für Gesprochenes Deutsch und das Forschungs- und Lehrkorpus für Gesprochenes Deutsch – Audiovisuelle Dokumentation von Sprachgebrauch in Gesellschaft und Politik
Silke Reineke, Thomas Schmidt - Wie können wir den Einfluss der Corona-Pandemie auf die Verteilungen im deutschen Online-Pressewortschatz messen und explorieren?
Sascha Wolfer, Alexander Koplenig, Frank Michaelis, Carolin Müller-Spitzer, Jan Oliver Rüdiger
Kurze Einführung zur Fortsetzung in die Breakout-Sessions: Jürgen Immerz (IDS)
VERLAGSPRÄSENTATIONEN
- Verlagspräsentation: de Gruyter
- Verlagspräsentation: Frank und Timme
- Verlagspräsentation: IDS-Verlag
Nach den Präsentationen werden 4 Breakout-Sessions eingerichtet für: De Gruyter, Frank und Timme, IDS-Verlag und zusätzlich den Metzler-Verlag.
Begrüßung, Jahresbericht, Einführung in die Thematik
- Begrüßung: Henning Lobin (Direktor des IDS)
- Grußwort: Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (Stadt Mannheim)
- Das IDS im Jahr 2020/21: Henning Lobin (Direktor des IDS)
- Einführung in das Thema: Heidrun Deborah Kämper (IDS)
Moderation: Heidrun Deborah Kämper (IDS)
Politolinguistik – Bestandsaufnahme und Perspektiven
Thomas Niehr
Politik und Kommunikation
Andrea Römmele
DISKUSSION
PAUSE
Podiumsdiskussion: „Sprache und Gewalt“
Renate Künast, Christian Gudehus, Konstanze Marx, Christian Holtzhauer
Moderation: Henning Lobin (IDS)
Mittwoch, 10. März 2021
„Ya shall know the truth, and the truth shall make you free“Die Sprachwissenschaft als soziale Akteurin und ihr Kampf um sprachideologische Deutungshoheit
Jürgen Spitzmüller
DISKUSSION
PAUSE
Moderation: Stefan Engelberg (IDS)
Argumentation in der direkten Demokratie. Zugänge – Ergebnisse – Perspektiven
Juliane Schröter
Empörende Vergleiche im politischen Raum – Semantiken und Strategien
Willibald Steinmetz
DISKUSSION
PAUSE
Moderation: Arnulf Deppermann (IDS)
Das Projekt „Sozialgeschichte 1933 bis 1945“
Britt Marie Schuster, Heidrun Kämper
Der Olympiadediskurs 1936 – Diskurspraktiken am Beispiel
Heidrun Kämper
Politisches Positionieren in der NS-Zeit
Mark Dang-Anh, Stefan Scholl
DISKUSSION
PAUSE
Moderation: Helmuth Feilke (Gießen)
Linguistisch Geschichte schreiben: Heterogene Widerstandskulturen (1933-45) im Fokus
Britt Marie Schuster
„Gegen die Hitler-Diktatur“ – Sprachgebrauchsmuster und Praktiken des Widerstands der Konstruktionen mit gegen
Nicole Wilk, Friedrich Markewitz
DISKUSSION
Moderation: Angelika Storrer (Mannheim)
Donnerstag, 11. März 2021
Zur Schließung rechter Diskurswelten: Quantitativ-qualitative Zugänge zu politischen Diskursen
Noah Bubenhofer, Joachim Scharloth
Diskurse korpuspragmatisch. Annotation, Kollaboration, Deutung
Ekkehard Felder, Marcus Müller
DISKUSSION
PAUSE
Moderation: Britt Marie Schuster (Paderborn)
Verständlichkeit und Partizipation in den Stuttgart21-Schlichtungsgesprächen
Henrike Helmer, Arnulf Deppermann
DISKUSSION
Schlusswort
Moderation: Albrecht Plewnia (IDS)
Netzwerktreffen des Internationale DoktorandInnen-Netzwerk des IDS (IDN)
Über das IDS
Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim ist die gemeinsam vom Bund und allen Bundesländern getragene zentrale wissenschaftliche Einrichtung zur Dokumentation und Erforschung der deutschen Sprache in Gegenwart und neuerer Geschichte. Es gehört zu den über 90 Forschungs- und Serviceeinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft.
Weiterführender Link
Dr. Annette Trabold