Bibelgesellschaft: Bericht zur Vielfalt der Bibelübersetzungen im deutschen Sprachraum

BasisBibel
Die jüngste deutsche Bibel-Übersetzung ist die BasisBibel. Sie erschien im Januar 2021. - Bild: Bibelgesellschaft

Die Deutsche Bibelgesellschaft hat auf ihrer Vollversammlung im Juni 2021 erstmals einen umfassenden Bericht zu den im deutschen Sprachraum verbreiteten Bibel-Übersetzungen vorgelegt. Er soll einen Überblick geben und zur weiteren Diskussion einladen.

Die Übersicht zeigt, dass die Vielfalt der Bibelübersetzungen im Deutschen allenfalls von der im Englischen übertroffen wird, bei einer zehnfach höheren Zahl an Englisch-Sprechern. Und immer noch erscheinen neue Übersetzungen und Ausgaben in deutscher Sprache, wie zuletzt vor einem halben Jahr die BasisBibel „für die Lesegewohnheiten des 21. Jahrhunderts“. Was unterscheidet die verschiedenen Ausgaben? Anhand welcher Kriterien lassen sie sich bewerten?

Christoph Rösel
Dr. Christoph Rösel – Bild: Bibelgesellschaft

Verfasser des Berichts ist der Generalsekretär der Deutschen Bibelgesellschaft, Dr. Christoph Rösel. Er hebt hervor, dass die vergangenen zwanzig Jahre hinsichtlich der Übersetzungen und Revisionen von Bibeltexten „sehr produktiv“ gewesen seien. Gerade deshalb rechne er für die nächsten zwei Dekaden nicht mit bahnbrechend neuen Versionen. Alle Plätze auf der gesamten Bandbreite der Übersetzungen von „wörtlich/philologisch“ bis „frei/kommunikativ“ seien mindestens schon einmal besetzt.

Nach Angaben von Rösel werden rund 80 Prozent des Bibelmarktes von vier Übersetzungen bestimmt: Lutherbibel, Einheitsübersetzung, Gute-Nachricht-Bibel und BasisBibel.

Die Bibelgesellschaft plant, künftig jedes Jahr einen Bericht zur Bibel zu erstellen – mit einem jeweils anders gewichteten Schwerpunkt. Nachdem dieses Jahr die Übersetzungen im Mittelpunkt standen, sollen 2022 Untersuchungen zur Verbreitung der Bibel folgen.

Nachfolgend der vollständige Bericht zu den Bibelübersetzungen im deutschen Sprachraum:

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Zur Lage der Bibel in Deutschland und im deutschen Sprachraum (2021)

Der Auftrag der Deutschen Bibelgesellschaft ist die Übersetzung, Verbreitung und Erschließung der Bibel. Übersetzung schließt dabei die Revision bereits vorliegender Texte ein. Die Verbreitung der Bibel erfolgt traditionell als Buch, umfasst aber auch alle anderen dafür geeigneten Medienformen. Bei der Erschließung der Bibel wiederum geht es darum, Hintergrundinformationen, Verstehenshilfen und Anleitungen zum Lesen und Leben mit der Bibel anzubieten.

Der Bericht beschreibt die Lage in Deutschland und im deutschen Sprachraum1 in diesen drei Tätigkeitsfeldern. Damit bündelt er Informationen, die für die künftige Ausrichtung der Stiftung und insgesamt für die Arbeit mit der Bibel relevant sind. In jedem dieser drei Tätigkeitsfelder sind jeweils ganz unterschiedliche Akteure aktiv, deshalb kann und soll es in diesem Bericht nicht nur um die Arbeit der Deutschen Bibelgesellschaft gehen.

Der Bericht wird ab 2021 jährlich erscheinen. Aus den zurückliegenden Jahren gibt es keine vergleichbare Dokumentation. Deshalb wird der Bericht zunächst jedes Jahr einen Schwerpunkt in einem der drei Tätigkeitsfelder setzen. 2021 ist es ein Überblick zu aktuell im Gebrauch befindlichen deutschen Bibelübersetzungen. Die Fragen der Verbreitung und Erschließung der Bibel werden dann in den nächsten Jahren folgen.

Bibelübersetzungen im deutschen Sprachraum

1 Allgemeines

Die Vielfalt an Bibelübersetzungen, die es in der deutschen Sprache gibt, wird wohl nur noch von den englischsprachigen Bibelübersetzungen übertroffen.2 Diese These ist bis jetzt nicht durch eine konkrete Zählung belegt. Aber bisher sind auch alle Versuche gescheitert, sie zu widerlegen.

Die Ursachen für diese Vielfalt lassen sich nicht so einfach bestimmen. Der englische Sprachraum etwa ist um ein vielfaches größer. Laut der Sprachdatenbank Ethnologue gab es 2019 für Englisch ca. 1.268 Mio Sprecher, für Deutsch werden dagegen nur 132 Mio angegeben.3 Auch die kirchlich-konfessionelle Differenzierung als möglicher Treiber für die Vielfalt der Übersetzungen wird deshalb unter den englisch sprechenden Christen intensiver sein.

Da die Größe oder eine besondere konfessionelle Vielfalt als Ursache entfallen, geht die Bedeutung von Bibelübersetzung für die deutsche Sprache wahrscheinlich bereits auf die Reformation und die Bibelübersetzung Martin Luthers zurück. Die Lutherbibel war der erste Bestseller der deutschen Literaturgeschichte. Da eine Übersetzung aber das Original nie ganz ersetzen kann, hat der Erfolg der Übersetzung Martin Luthers von Anfang an auch weitere Übersetzungen angestoßen, die andere Akzente setzen wollten als der Reformator und seine Kollegen.

Um die Vielfalt der Übersetzungen besser überblicken zu können, wird zunächst eine Klassifikation von Bibelübersetzungen vorgestellt. Die Übersicht konzentriert sich dabei auf aktuell verfügbare und verwendete Texte, die außerdem durch ihre Verbreitung oder ggf. auch aus anderen Gründe eine gewisse Relevanz erreicht haben.4

2 Bibelübersetzungen und ihre unterschiedliche Trägerschaft

Bibelübersetzungen werden in der Regel nach ihren Übersetzungsprinzipien klassifiziert und auf einer Skala zwischen wörtlich/philologisch und frei/kommunikativ einsortiert. Da solche Übersichten auch an anderer Stelle schon vorliegen, wurde für den Bericht eine neue Herangehensweise gewählt. Die einzelnen Übersetzungen werden hier nach ihrer Trägerschaft differenziert, da so noch einmal eine neue Perspektive auf die vorliegende Vielfalt gewonnen werden kann.

Übersetzungen können von einzelnen Personen oder von Teams angefertigt werden, sie können im Auftrag einer Kirche, eines Verlages oder einer anderen Institution entstehen. Daraus ergeben sich die im Folgenden dargestellten Kategorien.5

2.1 Kirchlich verantwortete Übersetzungen

Da die Bibel nicht nur das Buch der Bücher, sondern auch das Buch der Kirche ist, könnte man annehmen, dass Bibelübersetzungen vor allem von Kirchen in Auftrag gegeben und verantwortet werden. Tatsächlich ist das aber nur bei einer kleinen Anzahl von Übersetzungen der Fall, die je nach Größe der Kirche dann aber auch eine entsprechende Wirkung entfalten.

Kirchlich verantwortete Übersetzungen werden heute immer von einem Übersetzungsteam erarbeitet oder revidiert. Der Grad der Verbindlichkeit bzw. Ausschließlichkeit der Nutzung im Bereich der jeweiligen Kirche ist unterschiedlich. In diese Kategorie gehören:

  • Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, Lutherbibel, revidiert 2017. Sie wird herausgegeben vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und als maßgeblicher Text für den kirchlichen Gebrauch empfohlen. Die vorausgehenden Revisionen hatten zu ihrer Zeit einen vergleichbaren Status. Auch wenn die Lutherbibel auf der Wartburg für das NT als Autorenübersetzung begann, ist sie doch schon zu Lebzeiten Luthers in der Übersetzung des AT und der Apokryphen und in der mehrfachen Revision der vorliegenden Texte zu einer Teamübersetzung geworden.
  • Revidierte Einheitsübersetzung 2016, erarbeitet im Auftrag der römisch-katholischen Bischofskonferenzen von Deutschland, Österreich und der Schweiz und von weiteren Bistümern mit deutschsprachigen Katholiken. Das ist die erste Revision dieser ab 1960 erarbeiteten und 1979 vollständig veröffentlichten Übersetzung.
  • Zürcher Bibel 2007/2019: Herausgegeben vom Kirchenrat des Kantons Zürich. Auch diese Übersetzung geht auf die Reformationszeit zurück. Anders als bei der Lutherbibel waren neue Ausgaben bei der Zürcher Bibel aber jeweils keine Revision, sondern vollständige Neuübersetzungen. Außerdem ist der Initiator hier eine einzelne regionale Kirche, nicht etwa die Gemeinschaft der reformierten Kirchen im deutschsprachigen Raum.

Neben diesen drei eindeutig kirchlich verantworteten Übersetzungen gibt es vier weitere Übersetzungen, die auf je eigene Weise eine Mischform zwischen einer kirchlich verantworteten und einer Verlagsübersetzung darstellen:

  • Elberfelder Bibel: Diese Übersetzung (NT 1855, AT 1871, Revisionen 1985 und 2006) hat für ein bestimmtes Spektrum evangelischer freikirchlicher Gemeinden, vor allem für die Brüdergemeinden, einen ähnlichen Status wie etwa die Lutherbibel in den ev. Landeskirchen. Da es bei diesen Gemeinden aber keine ausgeprägten kirchlichen Strukturen gibt, kann die Elberfelder Bibel nur eine Mischform aus einer „kirchlich verantworteten“ und einer Verlagsübersetzung sein.
  • Gute Nachricht Bibel: Die Anfänge für diese Übersetzung (NT 1967, 1971, AT 1982, Revision 1997) liegen bei der Deutschen Bibelgesellschaft, die ihrerseits wiederum Impulse aus dem Weltverband der Bibelgesellschaften aufgenommen hatte. Inzwischen sind aber sowohl in Deutschland, Österreich und der Schweiz jeweils die (überwiegend evangelische) Bibelgesellschaft und das kath. Bibelwerk beteiligt. Darüber hinaus wird die Gute Nachricht Bibel für den ev. Religionsunterricht und teilweise auch für weitere Zwecke von ev. Landeskirchen ausdrücklich empfohlen.
  • BasisBibel: Die BasisBibel (NT 2010, AT 2021) wurde von der Deutschen Bibelgesellschaft initiiert und in enger Abstimmung mit der EKD erstellt. Für die Vollausgabe der BasisBibel gibt es deshalb eine Empfehlung vom Rat der EKD, diese Ausgabe neben der Lutherbibel zu verwenden, besonders für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und für die Erstbegegnung mit der Bibel. Anders als die Lutherbibel wird diese Übersetzung jedoch von der Deutschen Bibelgesellschaft herausgegeben.
  • Byzantinischer Text Deutsch: Dieses Projekt wurde von der Schweizerischen Bibelgesellschaft in Zusammenarbeit mit den Orthodoxen Kirchen im deutschsprachigen Raum umgesetzt. Übersetzt wurden die vier Evangelien (2019). Textgrundlage ist der in den orthodoxen Kirchen anerkannte griechische Evangelientext, bei der Übersetzung wurden auch wichtige Auslegungstraditionen der Orthodoxie berücksichtigt. Eine Übersetzung weiterer Texte ist aktuell nicht geplant.

Zum Typ der kirchlich verantworteten Übersetzungen gehört das Merkmal der „Langlebigkeit“. Das zeigen besonders die Lutherbibel, die Zürcher Bibel und die Elberfelder Bibel, abgestuft auch die Gute Nachricht Bibel und die Einheitsübersetzung. „Langlebigkeit“ wiederum bedingt die Notwendigkeit von Revisionen. Dabei zeigt ein Vergleich der verschiedenen Revisionsprozesse, dass diese Aufgabe sehr unterschiedlich gelöst werden kann. Hier haben die Wirkungsgeschichte und die Verankerung der jeweiligen Sprachgestalt in der Tradition der unterschiedlichen Kirchen, aber auch die kirchlichen Regelungen zur Verwendung einer Bibelübersetzung einen großen Einfluss.

Exkurs: Regelungen zur Nutzung der kirchlich verantworteten Übersetzungen

Im vorausgehenden Abschnitt wurden die kirchlich verantworteten Übersetzungen beschrieben. Die konkrete Nutzung dieser Übersetzungen wird je nach Kirche oder Kirchengemeinschaft recht unterschiedlich geregelt.

a) EKD und Gliedkirchen

Von Seiten der EKD gibt es Empfehlungen für die Verwendung der Lutherbibel und der Basis-Bibel durch den Rat der EKD. Veröffentlicht sind diese Empfehlungen jeweils in den konkreten Bibelausgaben. Einen ausdrücklich kirchenrechtlichen Status haben sie nicht.

In der Lebensordnung der UEK wird bisher für die Verwendung im Gottesdienst die Empfehlung für die Lutherbibel aufgegriffen, ohne diese ausdrücklich zu benennen: „Die biblischen Lesungen sollen in der eingeführten Bibelübersetzung vorgetragen werden.“6 Davon zu unterscheiden ist der Predigttext, bei dem deshalb auch andere Übersetzungen verwendet werden können.

In neuerer Zeit gibt es 2016 außerdem ein Kirchengesetz der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens: „„(1) Beim Gebrauch von Übersetzungen der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments in den Gottesdiensten, in der Unterweisung und bei sonstigen kirchlichen Veranstaltungen in den Gemeinden der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens sind in der Regel die ‚Lutherbibel revidiert 2017 – die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung‘, die ‚Gute Nachricht Bibel – Altes und Neues Testament‘ sowie die ‚Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift‘ zu verwenden. (2) In den Gottesdiensten erfolgen die Lesungen in der Regel nach der ‚Lutherbibel revidiert 2017 – die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung‘.“7

Darüber hinaus gilt es in manchen Bundesländern die Zulassungspflicht für Schulbücher auch für Bibeln (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland). Für den ev. Religionsunterricht sind in der Regel die Lutherbibel 2017 und die Gute-Nachricht-Bibel zugelassen, teilweise auch die revidierte Einheitsübersetzung. Seit 2021 liegt die Zulassung auch für die BasisBibel vor.8

Dazu, wie diese Regelungen in der konkreten Praxis umgesetzt werden, liegen keine Daten vor. Es kann jedoch begründet vermutet werden, dass die Praxis deutlich vielfältiger ist als die Regelungen das beschreiben. Ohnehin lassen alle Regelungen schon durch ihre Formulierung („empfiehlt“, „sollen“, „in der Regel“) Spielraum für eine unterschiedliche Umsetzung.

b) Röm.-katholische Kirche

Für die allgemeine Verwendung von Ausgaben der Bibel genügt kirchenrechtlich eine Genehmigung der zuständigen Bischofskonferenz. Für den liturgischen Gebrauch ist gemäß der Instruktion Liturgiam authenticam sowohl die Approbation (Genehmigung und Zulassung) der zuständigen Ortskirchen als auch eine Recognitio (Gegenprüfung und Freigabe) der zuständigen Instanz des Apostolischen Stuhls erforderlich.

Die revidierte Einheitsübersetzung wurde im Herbst 2014 approbiert9 und im März 2016 durch die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung recognisziert.10

Darüber hinaus hat die Deutsche Bischofskonferenz die Einheitsübersetzung auch für den kath. Religionsunterricht zugelassen.

Für die konkrete Praxis kann man davon ausgehen, dass das im Gottesdienst weitestgehend eingehalten wird. Auch sonst sind die Regelungen verbindlicher, bzw. im Blick auf die Schulbibel durch die Beschränkung auf eine einzige Übersetzung eindeutiger oder restriktiver.

c) Reformierte Kirche

Die Zürcher Bibel ist in den deutschsprachigen reformierten Kirchen, besonders auch in der Schweiz, wahrscheinlich die am meisten verwendete Übersetzung. Konkrete Zahlen dazu liegen jedoch nicht vor. In den Kirchenordnungen der reformierten Kirchen gibt es keine verbindlichen Regelungen zur Verwendung einer bestimmten Übersetzung. In den Ausgaben der Zürcher Bibel selbst wird zwar auf den Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich als Herausgeber der Übersetzung verwiesen. Eine Empfehlung zum Gebrauch im Gottesdienst, etwa analog zur Lutherbibel, gibt es dagegen nicht.

d) Fazit

Die eindeutigsten Regelungen gibt es in der Röm.-katholischen Kirche. Hier sind sowohl der Prozess der Anerkennung einer Bibelübersetzung für unterschiedliche Zwecke als auch die konkrete Verwendung kirchenrechtlich eindeutig geregelt. In der EKD und den Gliedkirchen gibt es Empfehlungen und vereinzelte kirchenrechtliche Regelungen, in den reformierten Kirchen fehlen – trotz einer vermuteten Präferenz für die Zürcher Bibel – selbst diese. Bei den evangelischen Freikirchen wird man von einer noch größeren Vielfalt in der Verwendung von Bibelübersetzungen ausgehen können.11

2.2 Autorenübersetzungen

Die häufigste Form der „Trägerschaft“ einer Bibelübersetzung ist die Autorenübersetzung. Kennzeichnend dafür ist, dass die Initiative von einer Einzelperson oder manchmal auch einem Zweierteam ausgeht. Häufig wird der Name des Übersetzers12 dann auch zur Bezeichnung für die Übersetzung. Aufgrund der großen Anzahl solcher Übersetzungen im deutschen Sprachraum, seien hier nur die wichtigsten Autorenübersetzungen genannt13, die aktuell im Buchhandel verfügbar sind und eine übergreifende Relevanz haben.14

Die Reihenfolge richtet sich nach der Erstveröffentlichung.

  • Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments. Unter Berücksichtigung der besten Übersetzungen nach dem Urtext übersetzt von Franz Eugen Schlachter. Erstausgabe NT 1903, Bibel 1905. Revision 1913 (erschien von 1918-1965 als »Miniaturbibel« bei der Württembergischen Bibelanstalt, Stuttgart). Revision 1951 (Genfer Bibelgesellschaft); daneben gibt es seit 2003 die sprachlich modernisierte und im NT nach dem sog. Textus Receptus abgeänderte Neubearbeitung »Schlachter 2000«.
  • Das Neue Testament, übersetzt und kommentiert von Ulrich Wilckens. Beraten von Werner Jetter, Ernst Lange und Rudolf Pesch, 1970, Neuauflage Basel 2015 (Fontis) als „Studienbibel Neues Testament“.
  • Das Neue Testament, übersetzt von Fridolin Stier. Aus dem Nachlass herausgegeben von Eleonore Beck, Gabriele Miller und Eugen Sitarz. Kösel Verlag, München, und Patmos Verlag, Düsseldorf 1989.
  • Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Übersetzt und kommentiert von Klaus Berger und Christiane Nord. Insel Verlag, Frankfurt a.M. und Leipzig 1999.
  • Das Buch. Neues Testament, übersetzt von Roland Werner. SCM R. Brockhaus, Witten 2009, seit 2014 auch Neues Testament und Psalmen.
  • NeÜ bibel.heute, übersetzt von Karl-Heinz Vanheiden, Gesamtausgabe (Altes und Neues Testament). Christliche Verlagsgemeinschaft, Dillenburg 2010.

Ältere Autorenübersetzungen, die immer noch verwendet werden, sind (in alphabetischer Reihenfolge) die Übersetzungen von Hans Bruns, „Die Schrift“ von Martin Buber und Franz Rosenzweig (nur AT), außerdem die Übersetzungen von Hermann Menge und Jörg Zink.

Bei Autorenübersetzungen lässt sich immer wieder beobachten, dass sie in einer bestimmten Zeit außergewöhnlich weite Verbreitung erreichen und viel genutzt werden. Anders als bei den kirchlich verantworteten Übersetzungen lässt in der Regel nach einiger Zeit das Interesse aber auch wieder nach und sie können schnell in den Hintergrund treten. Das zeigt etwa die Übersetzung von Jörg Zink, die bei ihrem Erscheinen schnell ein große Reichweite erzielt, heute aber praktisch nicht mehr erwähnt wird.

Nur scheinbar eine Ausnahme von dieser Regel bildet die Schlachter-Bibel. Sie wurde jedoch 1951 von der Genfer Bibelgesellschaft für ihre bibelmissionarische Arbeit übernommen und ist damit jetzt auch als „Verlagsübersetzung“ zu betrachten.

Zwei weitere Bibelausgaben sind hier zu nennen, die sich aber durch ihre Vorgehensweise von den übrigen Übersetzungen unterscheiden und deshalb extra aufgeführt werden:

  • Die Volxbibel. Neues Testament frei übersetzt von Martin Dreyer. Ein neuer Vertrag zwischen Gott und den Menschen, Volxbibel-Verlag (SCM R. Brockhaus), Witten 2005, Version 3.0 Reloaded (= 6., überarbeitete Auflage) 2009; Die Volxbibel. Altes Testament frei übersetzt von Martin Dreyer. Die alten Verträge zwischen Gott und den Menschen, Pattloch-Verlag (Volxbibel-Verlag, München, Band 1 (Genesis bis Ester) 2009 und Band 2 (Hiob bis Maleachi) 2010.
  • Willkommen daheim. Eine Übertragung des Neuen Testaments, die den Verstand überrascht und das Herz berührt. Übertragung aus dem Griechischen: Fred Ritzhaupt; Überarbeitung: Marco Frenschkowski, Klaus Schönberg, Kai S. Scheunemann. Gerth Medien, Asslar 2009.

Bei beiden Ausgaben zeigen bereits die Titelangaben, dass es sich nicht um Übersetzungen im engeren Sinn handelt. Die Volxbibel etwa ist eher eine Paraphrase. Sie wird zwar gerne als pointiertes Beispiel eine Bibelübersetzung herangezogen, aber in ihrem Text wird viel mehr frei übertragen und gedeutet, als es im Rahmen einer Übersetzung im klassischen Sinn vertretbar wäre. Die sehr spezifische Ausdrucksweise führt bei dieser Bibelausgabe dazu, dass sie bei ihrer Veröffentlichung eine hohe Aufmerksamkeit erzielte, die immer noch nachwirkt. Eine dauerhafte weite Verbreitung hat sie aber nicht erreicht.

2.3 Trägerkreisübersetzungen

In dieser Kategorie ist vor allem die „Bibel in gerechter Sprache“ zu nennen. Zu ihren Vorläufern gehören die Kirchentagsübersetzungen, die seit Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts für die Bibelarbeiten beim Deutschen Evangelischen Kirchentag angefertigt wurden. Die BigS hat ihre theologischen Wurzeln in der Befreiungstheologie, der feministischen Theologie und im christlich-jüdischen Dialog. Diese Anliegen bestimmen das theologische Profil der
Übersetzung.

Die erste Vollausgabe erschien 2006, seit 2011 gibt es eine erweiterte und verbesserte 4. Auflage. Die Veränderungen beziehen sich dabei vor allem auf das Glossar und die Textbeigaben. Der Trägerkreis ist inzwischen als eingetragener Verein organisiert.

Im Vorwort zur 4. Auflage wird ausdrücklich auf die Herausforderung dieser Art von Trägerschaft hingewiesen. Auch wenn die Unterstützung durch den Verlag (Gütersloher Verlagshaus) immer wieder lobend hervorgehoben wird, liegt die inhaltliche Verantwortung und die Last für die Pflege der Übersetzung doch beim Trägerkreis. Anders als ein einzelner Übersetzer erfordert ein solcher Trägerkreis aber immer einen Abstimmungsprozess und damit auch mehr Ressourcen. Da sich die Frage nach „gerechter Sprache“ etwa im Blick auf die Beschreibung von Geschlecht in den zurückliegenden Jahren ständig verändert, entsteht bei dem gewählten theologischen Profil zugleich auch ein permanenter Revisionsbedarf.

Einen eigenen Trägerkreis konstituieren will auch das Projekt „Offene Bibel“ (offene-bible.de). Allerdings scheinen die Aktivitäten in diesem Projekt aktuell eher eingeschränkt zu sein. Zumindest sind auf der Internetseite keine wesentlichen Fortschritte zu erkennen und das Projekt scheint auch sonst nur wenig Resonanz zu erzeugen. Trotzdem zeigt der Ansatz, dass digital hier noch einmal andere Möglichkeiten der Zusammenarbeit auch beim Thema Bibelübersetzung entstehen. Ob sie dann auch tragfähig sind, muss sich noch zeigen. Das namentlich ähnliche englische Projekt unter openenglishbible.org ist jedenfalls keine Trägerkreisübersetzung, sondern ein Derivat einer Autorenübersetzung. „open“ bezieht sich dort nicht auf die Möglichkeit zur Mitwirkung an der Übersetzung, sondern nur auf die Möglichkeiten der Verwendung.

2.4 Verlagsübersetzungen

Im System des deutschen Buchwesens gibt es letztlich für jedes Buch einen Verlag, und wenn es der „Selbstverlag“ ist. Die hier verwendete Kategorie „Verlagsübersetzung“ setzt voraus, dass auch die Initiative für die Erstellung einer Bibelübersetzung anders als bei der Autoren- oder Trägerkreisübersetzung von einem Verlag ausgegangen ist. Verlage können aus ganz unterschiedlichen Gründen eine eigene Bibelübersetzung initiieren. Manche Verlage stehen vielleicht für ein bestimmtes Milieu innerhalb einer Kirche, das neben der kirchenamtlichen Übersetzung gerne eine weitere Übersetzung verwenden möchte. Andere Verlage wiederum sehen auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die eine Bibelübersetzung bieten kann. Dazu gehört evtl. auch die Nutzung dieser Übersetzung in günstigen Verteilausgaben oder in anderen Veröffentlichungen des Verlages, ohne dass dafür Lizenzgebühren gezahlt werden müssen. Wieder andere Verlage sind gar nicht in erster Linie Verlag, sondern nur der verlegerische Zweig eines freien kirchlichen (Missions-) Werkes. Das gilt ja auch für die verlegerische Tätigkeit der Deutschen Bibelgesellschaft.

  • In dieser Kategorie ist zunächst die Elberfelder Bibel zu nennen, die oben schon einmal erwähnt wurde. Da ihr Initiator, Carl Brockhaus, sowohl Verlagsgründer als auch eine zentrale Figur bei der Entstehung der Brüderbewegung („Darbysten“) in Deutschland war, ist die Elberfelder Bibel im Blick auf die Trägerschaft eine Mischform. Heute könnte man sie eher als Verlagsübersetzung bezeichnen, die aber vor allem durch ihr klares Profil als wörtliche Übersetzung einen festen Platz im Kreis der deutschen Bibelübersetzungen hat.
  • Die Bibel. Die Heilige Schrift des Alten und des Neuen Bundes, vollständige deutsche Ausgabe. Verlag Herder, Freiburg 2005. Die Herder-Bibel ist eine im katholischen deutschsprachigen Raum verbreitete Bibelübersetzung. Sie entstand als Textgrundlage für den ab 1937 veröffentlichten Bibelkommentar des Verlages. Die Ausgabe 2005 wurde erneut revidiert von Johannes Franzkowiak.
  • Hoffnung für alle. Die Bibel. Brunnen Verlag, Basel, Gießen 1996 (NT seit 1983). Revidierte Fassung in neuer Rechtschreibung 2002, weitere Revision 2015 (jetzt bei Fontis, Basel). Das Übersetzungsprofil wurde beeinflusst durch die »Living Bible« von Kenneth N. Taylor, Grundlage der Übersetzung waren aber jeweils die biblischen Urtexte. Als kommunikative Übersetzung steht Hoffnung für alle dicht bei der Gute Nachricht Bibel; als Übersetzung aus einem pietistisch-evangelikalen Verlag richtete sie sich aber besonders an Personen dieser Frömmigkeitsprägung.
  • Neues Leben. Die Bibel. Hänssler Verlag, Holzgerlingen 2005 (NT seit 2002, seit 2009 bei SCM R. Brockhaus, Wuppertal). Laut Impressum handelt es sich um die deutsche Ausgabe eines amerikanischen Vorbilds mit dem Originaltitel: Holy Bible, New Living Translation (Copyright 1996 by Tyndale House Publishers Inc., Wheaton/Illinois). Diese Übersetzung ist eine Mischform, die wieder etwas weniger kommunikative Umschreibungen und dafür mehr traditionelle biblische Begriffe verwendet. Sie erhält ihre Bedeutung vor allem durch die Verwendung in den Veröffentlichungen und Vertriebskanälen der SCM-Gruppe und ist damit ein klassisches Beispiel für eine Verlagsübersetzung.
  • Neues Testament, Psalmen und Sprüche. Neue Genfer Übersetzung. Genfer Bibelgesellschaft, Romanel-sur-Lausanne, in Kooperation mit Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, und Brunnen Verlag, Gießen, 2015. Ausgaben in verschiedenen Formaten. Erschienen seit 1989 zunächst in Einzelheften, NT 2009, 2019 außerdem jetzt Genesis und Exodus, 2021 der komplette Pentateuch. Die Genfer Bibelgesellschaft dachte zunächst an eine Überarbeitung der Schlachter-Bibel, die damit beauftragten Personen entwickelten dann aber das Konzept der NGÜ. Die NGÜ ist nach Abschluss der BasisBibel-Übersetzung aktuell das einzige laufende Übersetzungsprojekt im deutschen Sprachraum.

Exkurs: Derivate

Im Feld der Bibelübersetzungen gibt es nicht nur Originale, sondern immer wieder auch Derivate. Dieses Phänomen hat in neuerer Zeit zugenommen, da durch die Digitalisierung der Anfangsaufwand für die Schaffung eines Derivates und dessen Verbreitung deutlich zurückgegangen ist. Dazu kommt, dass gerade in einer Sprache, in der schon viele Übersetzungen vorliegen, Derivate vergleichsweise leicht herzustellen sind.

Ein beliebter Ansatzpunkt für Derivate sind ältere, in ihrer Zeit gut etablierte Übersetzungen, deren Copyright ausgelaufen ist, deren klangvoller Name aber zugleich dem Derivat einen gewissen Startvorteil bei der Etablierung bieten kann. Dazu gehören etwa die Lutherbibel in der Revision von 1912 oder die Elberfelder Bibel von 1871.

Eine andere Form des Derivates kann die Übernahme eines Übersetzungskonzeptes aus einer anderen Sprache sein. Da es im Deutschen schon viele verschiedene Übersetzungen gibt, kommt dafür eigentlich nur Englisch in Frage. Da Bibelübersetzungen im Deutschen aber einen hohen Standard erfüllen müssen, werden solche Derivate zumindest vom Fachpublikum eher kritisch wahrgenommen. Die zunächst vom Hänssler-Verlag herausgegebene Neues Leben Bibel war nach eigenen Angaben angeregt durch den Sprachstil der amerikanischen „New Living Translation“. Sie unterliegt jetzt nach eigenen Angaben einer laufenden Überprüfung, um die fehlende Übersetzung aus dem Grundtext nachzubessern.

Die Motivation für die Anfertigung von Derivaten kann vielfältig sein; gerade bei den eingeführten Übersetzungen gehört dazu auch, dass bestimmte Gruppen vielleicht mit einer offiziellen Revision nicht einverstanden sind und deshalb eine eigene Fassung etablieren wollen, die manche Aspekte anders handhabt.

Das Phänomen der Derivate wird hier nur exemplarisch dargestellt, nicht umfassend dokumentiert.
Genannt seien drei Beispiele:

  • Luther21 (vorher: NeueLuther Bibel, erschienen 2009), laut eigener Angabe eine sprachliche Überarbeitung der Lutherbibel von 1912, herausgegeben im Verlag Buona Novella, Wollerau (Schweiz). Diese Übersetzung wurde eine Zeitlang auch vom deutschen Gideonbund verwendet. Konkrete Informationen zu Art, Umfang oder Mitwirkenden der Überarbeitung liegen nicht vor.
  • Luther.heute: Unter diesem Titel verbreitet der Gideonbund mit Sitz in Wetzlar seit etwa 2019 eine Überarbeitung des NT und der Psalmen von Luther 1912, die von Mitarbeitern des Bibelseminars Bonn durchgeführt wurde. Konkrete Informationen zu Art und Umfang der Bearbeitung liegen nicht vor. Stichproben zeigen jedoch, dass die Überarbeitung vermutlich abschnittsweise von verschiedenen Personen durchgeführt wurde, ohne dass eine durchgehende übergreifende Abstimmung stattfand. Teilweise wurde dabei auch auf Veränderungen zurückgegriffen, die bereits in anderen Überarbeitungen von Luther 1912 entwickelt wurden.
  • Die Heilige Schrift. Aus dem Grundtext übersetzt. Überarbeitete Elberfelder Bibel, Hückeswagen 2003; seit 2005: Elberfelder Übersetzung, Edition CSV [Christliche Schriftenverbreitung] Hückeswagen. Diese Ausgabe wurde von den strengeren „geschlossenen Brüdergemeinden“ angestoßen und durchgeführt. Sie übersetzt das griech. „ekklesia“ weiterhin mit „Versammlung“ und verwendet keine Zwischenüberschriften im Text.

Als Sonderfall kann man in dieser Kategorie auch die „Neue Evangelistische Übersetzung“ von Karl-Heinz Vanheiden anführen. Sie wurde ausdrücklich unter Zuhilfenahme anderer deutscher Übersetzungen angefertigt. Im NT lässt sich dabei eine besondere Nähe zur NGÜ beobachten – bis hin zur Namensgebung NeÜ. Im AT waren es dann wohl eher die GNB oder HFA, die konsultiert und teilweise kopiert wurden.

Im Blick auf ihre Trägerschaft können Derivate eigentlich per se keine Autorenübersetzungen sein – das Beispiel der NeÜ zeigt aber, dass die Grenzen hier fließend sind. Die besondere Herausforderung der Derivate ist, dass sie das Feld der vorliegenden Übersetzungen für Nicht-Fachleute immer unübersichtlicher machen, ohne es eigentlich zu bereichern. Besonders deutlich zeigt sich das für die Lutherbibel. Hier werden viele Interessierte die verschiedenen Revisionen des 20./21. Jahrhunderts zumindest groß zuordnen können: 1912 – 1984 – 2017. Andere kennen dann auch die Revision des NT von 1975 oder die verschiedenen Revisionsstufen für die einzelnen Teile zwischen 1912 und 1984 (NT 1956; AT 1964; Apokryphen 1970; NT 1975; NT 1984). Dass es dann aber daneben noch die oben genannten Derivate gibt, ist Spezialistenwissen – auch wenn gerade durch die massenhafte Verbreitung der Gideonbibeln vermutlich viele eine dieser Ausgaben schon in der Hand hatten.

2.5 Fazit zur Differenzierung von Bibelübersetzungen nach Trägerschaft

Die Übersicht zeigt, dass manche Phänomene in der Vielfalt deutscher Bibelübersetzungen sich durch den Blick auf die Trägerschaft besser erfassen lassen als durch eine Beschreibung des Übersetzungsprofils. Schaut man allein auf das Übersetzungsprofil, ergeben sich schnell Doppelungen. Besonders die Derivate deutscher Übersetzungen sind in dieser Hinsicht überwiegend deckungsgleich mit den Originalen – und doch gibt es jeweils eine Trägerschaft, die den Aufwand der Überarbeitung auf sich nimmt und jetzt mit diesen Texten arbeiten will.

In jedem Fall wird es so sein, dass die Reichweite und Position einer Übersetzung in der deutschen Übersetzungslandschaft sich immer nur aus einem Blick sowohl auf das Übersetzungsprofil als auch auf die Trägerschaft verstehen lässt.

Die von den großen Kirchen anerkannten und empfohlenen Übersetzungen Lutherbibel, Einheitsübersetzung, Gute-Nachricht-Bibel und seit diesem Jahr auch die BasisBibel machen einen Großteil der in Deutschland verbreiteten Vollbibeln aus (vermutlich ca. 80 %). Andererseits beeinflusst etwa die Entscheidung der Gideons für ihre Version von Luther 1912 oder die der Genfer Bibelgesellschaft für die Schlachter Bibel die Etablierung dieser Übersetzungen in den von diesen Organisationen beeinflussten Segmenten der Bibelverbreitung.

Die Trägerschaft einer Übersetzung wirkt sich aber nicht nur auf die Verbreitung, sondern auch auf den Text einer Übersetzung aus. Das zeigt sich sehr unmittelbar am Umfang der übersetzten Texte: Die aus der Tradition der Brüdergemeinden stammende Elberfelder Bibel oder auch „Hoffnung für alle“ wird eine Übersetzung der Apokryphen nicht in Erwägung ziehen. In der Lutherbibel dagegen gehören sie in einem eigenen Abschnitt zwischen AT und NT selbstverständlich dazu, in der Einheitsübersetzung wiederum sind sie komplett in das AT integriert. Bei der Textgrundlage wiederum gehen der Byzantinische Text Deutsch oder die Schlachter 2000 aufgrund der theologischen Überzeugungen der Trägerschaft jeweils andere Wege.

Eine Autorenübersetzung kann in der Art und Weise der Übersetzung viel unkomplizierter eigene Wege gehen als eine Teamübersetzung. Auch eine spätere Revision oder Nachbearbeitung erfordert weniger Aufwand, selbst wenn dieser sich dann auf eine Einzelperson konzentriert. Andererseits endet die „Revisionsgeschichte“ einer solchen Übersetzung häufig auch mit dem Tod des Autors – und ohne weitere Revisionen wirkt ein Text dann schnell ein wenig aus der Zeit gefallen. Oder der Text war von Anfang an so für eine bestimmte Zeit konzipiert, dass er sich letztlich einer Revision entzieht und mit der Zeit auch wieder aus der Nutzung verschwindet.

Der Umfang und die Qualität der Revisionsarbeit wiederum, die für die Lutherbibel, die Einheitsübersetzung oder die Zürcher Bibel geleistet wurde, hängt eng mit der jeweiligen kirchlichen Trägerschaft zusammen. Und das Projekt „BasisBibel“ wurde nur möglich durch die bei der Deutschen Bibelgesellschaft vorhandenen Erfahrungen mit anderen Übersetzungen und durch die Unterstützung der EKD.

Insgesamt zeigt sich dann auch, dass die Vielfalt der Übersetzungen dann doch durch die Vielfalt kirchlicher Gruppierungen und Interessenlagen gefördert wird. Dazu kommen in neuer Zeit die durch die Digitalisierung vereinfachten Produktionsbedingungen.

3 Weitere Überlegungen

Da der Bericht auswählen muss, sei hier zumindest noch auf einige weitere Aspekte hingewiesen, die nicht berücksichtigt werden konnten. Hier wären zu nennen Übersetzungen in Leichte Sprache (vor allem durch das Kath. Bibelwerk), die Übersetzung für Kinder (SCM, Bibellesebund und Deutsche Bibelgesellschaft) oder auch Übersetzungen in Gebärdensprache. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurde das Phänomen der Dialektübersetzungen, über das es aus jüngerer Zeit keinen guten Überblick gibt.15 Im Blick auf die Trägerschaft eine ganz eigene Kategorie wäre außerdem die Neue Welt Übersetzung der Zeugen Jehovas.

Und dann wäre es lohnend, die Differenzierung nach Übersetzungsprinzipien in der Spannung zwischen wörtlich oder kommunikativ anhand der heute vorliegenden Übersetzungen noch einmal neu zu erarbeiten und im konkreten Vergleich zu profilieren. Nachdenken könnte man auch über die Namen/Bezeichnungen von Bibelübersetzungen und was sie über das Profil oder über die Entstehungszeit aussagen. Diese verschiedenen Aspekte können ggf. in einem anderen Jahr in diesem Bericht oder an anderer Stelle aufgegriffen werden. Insgesamt geht es in diesem Bericht aber eher um eine übergreifende Orientierung als um eine vollständige Erfassung der Phänomene.

4 Ausblick

Die letzten 20 Jahre waren im Blick auf neue deutsche Bibelübersetzungen oder Revisionen kirchenamtlicher Texte sehr produktiv. Bei den Revisionen der Zürcher Bibel, Einheitsübersetzung und Lutherbibel gab es bei keinem der Projekte ähnlich heftige Reaktionen wie 1975 auf die Revision des NT der Lutherbibel. Alles in allem wurden die Texte gut aufgenommen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass zumindest diese großen Revisionen die nächsten 20 Jahre mehr oder weniger unverändert bleiben werden.

Mit der BasisBibel ist Anfang dieses Jahres ein weiteres Großprojekt zum Abschluss gekommen. Durch die in den ersten Monaten danach erkennbare sehr gute Resonanz und unterstützt durch die Empfehlung des Rates der EKD werden sich damit 2021/2022 noch einmal Verschiebungen in der Verbreitung und Bedeutung der einzelnen Übersetzungen zugunsten der BasisBibel ergeben.

Das einzige größere laufende Übersetzungsprojekt, das bisher schon breitere Aufmerksamkeit erfahren hat, ist die Neue Genfer Übersetzung. Hier geht es stetig voran und es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren Schritt für Schritt weitere atl. Bücher veröffentlicht werden.

Vermutlich wird es auch in den nächsten Jahren weitere Derivate oder vielleicht auch neue Übersetzungen mit einer sehr spezifischen Trägerschaft geben. Denkbar ist auch, dass die digitale Verbreitung in den nächsten Jahren die Wahrnehmung der verschiedenen Übersetzungen stärker beeinflussen wird: Was nicht digital verfügbar ist, bleibt ohne Breitenwirkung. Darüber hinaus könnte es sein, dass durch die digitalen Medien neue Trägerschaften möglich werden, die dann auch einer neuen Übersetzung die entsprechende Aufmerksamkeit verschaffen würden.

Dagegen scheint es eher unwahrscheinlich, dass es daneben auch inhaltlich Raum für eine neue, bahnbrechende Innovation im Bereich der Bibelübersetzung gibt. Denn allein nach dem inhaltlichen Profil sind auf der Skala von sehr wörtlich bis äußerst kommunikativ alle Plätze mindestens schon einmal besetzt.

5 Fazit

Die Vielfalt, ja geradezu Unübersichtlichkeit an Bibelübersetzungen ist für den deutschen Sprachraum eine Tatsache, die sich so schnell nicht ändern wird. Zwar können einzelne Kirchen für ihren Einflussbereich die Verwendung bestimmter Übersetzungen vorgeben. Aber jenseits der festgelegten liturgischen Texte, für die dann auch die entsprechenden liturgischen Bücher verwendet werden, werden solche Vorgaben immer eine begrenzte Wirksamkeit
entfalten.

Der Blick auf die Trägerschaft der einzelnen Übersetzungen zeigt, dass die Beweggründe, die zur Entstehung und Etablierung einer Bibelübersetzung führen, sehr unterschiedlich sind. Es geht eben nicht nur um das inhaltliche Profil, nicht nur um ihre Position auf einer Skala von wörtlich bis kommunikativ. Es geht immer auch darum, wer diese Übersetzung verantwortet und welche Möglichkeiten zur Verbreitung und Nutzung sich dadurch eröffnen oder verschließen.

Die Vielfalt der Bibelübersetzungen wird allerdings erst denjenigen erkennbar, die sich intensiver mit dem christlichen Glauben und der Bibel beschäftigen. Durch die sehr unterschiedliche Verbreitung der einzelnen Übersetzungen ist es sehr wahrscheinlich, dass jemand als erste und häufig auch einzige Bibel im evangelisch-landeskirchlichen Umfeld eine Lutherbibel, Gute-Nachricht-Bibel oder jetzt BasisBibel in die Hand bekommt, bzw. im katholischen Umfeld eine Einheitsübersetzung. Das sind auch die Übersetzungen, die im Schulunterricht verwendet werden.16 Und auch im Handel wird sich ein differenziertes Bibelregal, das über diese vier Übersetzungen hinausgeht, fast nur in evangelischen Buchhandlungen finden lassen.

Das Wissen um verschiedene Bibelübersetzungen und die Anforderung an einen angemessenen Umgang damit ist deshalb erst ab einer gewissen Intensität der religiösen Sozialisation vorhanden und erforderlich. Für diese Menschen wiederum ist die Vielfalt der Bibelübersetzungen inzwischen eine Selbstverständlichkeit, die in erster Linie als Bereicherung erlebt wird. Gerade wer viel in der Bibel liest, probiert heute von Zeit zu Zeit gerne auch einmal eine
andere Übersetzung aus, um die vertrauten Texte noch einmal neu entdecken zu können.

So erschließt sich durch die Vielfalt der Übersetzungen der Reichtum des biblischen Wortes, getreu dem Wort des Apostels Paulus in Kol 3,16:

Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen. (Lutherbibel 2017)

Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch. (Einheitsübersetzung 2016)

Gebt dem Wort Raum, in dem Christus bei euch gegenwärtig ist.
Lasst es seinen ganzen Reichtum unter euch entfalten. (Gute Nachricht Bibel)

Das Wort, im dem Christus gegenwärtig ist,
wohne in reichem Maß bei euch. (BasisBibel)

Stuttgart, 7. Mai 2021, Dr. Christoph Rösel

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Fußnoten

1 Diese Bezeichnung geht darauf zurück, dass manche Aspekte für den gesamten deutschen Sprachraum gelten, andere wiederum in Deutschland, Österreich und der Schweiz sehr unterschiedlich sind.

2 Für eine allgemeine Übersicht zu deutschen Bibelübersetzungen vgl. B. Salzmann, R. Schäfer, Artikel „Bibelübersetzungen, christliche deutsche“, in: Das Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.bibelwissenschaft.de/stichwort/15285), 2009 (abgerufen am 20.10.2020).

3 www.ethnologue.com/guides/ethnologue200 (abgerufen am 1.10.2020).

4 Eine ganz eindeutige Abgrenzung ist hier schwierig; wenn also ein wichtiger Text vergessen wurde, freuen wir uns über Rückmeldungen per E-Mail an roesel@dbg.de.

5 Bei allen bisher vorliegenden und für diesen Bericht relevanten Bibelübersetzungen ist die Ausgabe als Buch bisher das entscheidende Medium für ihre Wahrnehmung und Wirksamkeit. Deshalb orientiert sich die Darstellung vor allem an den durch diese Medienform vorgegebenen Rahmenbedingungen, auch wenn das gesamte Setting aktuell im Wandel ist.

6 Hier eigentlich noch Lebensordnung der EKU, Artikel 4: Verkündigung, Satz 4, Fassung vom 5. Juni 1999, zuletzt geändert 17. März 2016. So auch vorher in der Musterordnung für den Gottesdienst der Arnoldshainer Konferenz von 1994.

7 ABl. S. A190 (= Amtsblatt der EKD, 1/2017, S. 23). Anders als bei der Lutherbibel wird für die Einheitsübersetzung keine konkrete Ausgabe genannt, obwohl sich die beiden vorliegenden Fassungen auch durch ihre Trägerschaft deutlich unterscheiden.

8 Teilweise ist die Zulassung nach Schultypen differenziert und nicht immer sind alle genannten Ausgaben zugelassen.

9 Zuständig sind die Bischofskonferenzen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die Erzbischöfe von Luxemburg, Vaduz und Straßburg, die Bischöfe von Bozen-Brixen und Lüttich. Vgl. dazu z.B. die Druckausgaben oder den Aufsatz von A. Schenker (siehe folgende FN).

10 Vgl. A. Schenker, Die Revision der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, 69-70, in: J. Wanke (Hrg.), Die Revision der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift 2006-2016. Eine Rechenschaft, Stuttgart 2017.

11 M. Leutzsch macht darauf aufmerksam, dass sich solche kirchlichen Regelungen immer nur auf Übersetzungen beziehen: „Eine verbindliche Normierung biblischer Ausgangstexte hat keine christliche Kirche vorgenommen.“ (M. Leutzsch, Übersetzungstabus als Indikatoren normativer Grenzen, in: K. Heyden u.a., Übertragungen heiliger
Texte, Tübingen 2019, 33-62, hier S. 38-39.)

12 Die maskuline Form ist hier durchaus zutreffend, da es bisher keine deutsche Autorenübersetzung der ganzen Bibel oder des ganzen NT von einer einzelnen Übersetzerin gibt. Christiane Nord hat allerdings im Team mit Klaus Berger das NT übersetzt.

13 Weitere Informationen zu diesen und anderen Übersetzungen finden sich auf der Website der Deutschen Bibelgesellschaft: www.die-bibel.de/bibeln/wissen-zur-bibel/wissen-bibeluebersetzung/deutsche-bibeluebersetzungen-im-vergleich

14 Vgl. zu den Grenzen einer solchen Auswahl auch oben, Fußnote 4.

15 Vgl. den Beitrag von H. Haug in „Mittelpunkt Bibel“, Band 20 der Reihe „Die Bibel in der Welt“, 1983, S. 89-107.)

16 Ausnahmen davon wird es ggf. bei Schulen in freier evangelischer Trägerschaft geben, die von einer eher freikirchlichen Prägung herkommen.

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Richard Schneider