Rosemarie Tietze erhält bayerische Auszeichnung „Pro meritis scientiae et litterarum“

Rosemarie Tietze, Bernd Sibler
Rosemarie Tietze erhielt die Auszeichnung aus der Hand von Staatsminister Bernd Sibler. - Bild: Andreas Gebert

Bernd Sibler, Minister für Wissenschaft und Kunst des Freistaates Bayern, hat am 13. Juli 2021 mit Rosemarie Tietze erstmals einen Vertreter der Übersetzungsbranche mit der Auszeichnung „Pro meritis scientiae et litterarum“ geehrt.

Tietze habe sich „in einem über das Übersetzen weit hinausgehenden Maße für die Vermittlung russischer Literatur eingesetzt“, so Sibler in seiner Lobrede:

Sie sind eine der herausragenden Übersetzerinnen-Persönlichkeiten im deutschsprachigen Raum. Ihre Übersetzungen zeitgenössischer und klassischer russischer Literatur haben Maßstäbe gesetzt. Sie sind eine herausragende Persönlichkeit des literarischen Lebens der Bundesrepublik Deutschland.

Mit Ihnen zeichnet das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst zum ersten Mal eine Vertreterin der Übersetzerzunft aus, ohne die uns der weitaus größte Teil der Weltliteratur verschlossen bliebe.

Die Reihe der von Tietze übersetzten Werke und die damit verbundenen Namen russischer Schriftsteller ist lang und beeindruckend: Neben Werken von Fjodor Dostojewskij und Andrei Tarkowski finden sich darin auch Dramen von Vladimir Nabokov und die gelobte Neuübertragung des Klassikers Anna Karenina von Lew Tolstoi aus dem Jahr 2009. Der zentrale Autor in Tietzes Werkbiografie ist jedoch Andrej Bitow.

Manche Autoren und Texte entdeckte Tietze bereits zur Zeit der Sowjetunion, einige aber auch erst in jüngerer Zeit und empfahl sie deutschen Verlagen zur Übersetzung.

Darüber hinaus verfasste sie zahlreiche Aufsätze, Rezensionen und Rundfunksendungen zur russischen Literatur, organisierte Seminare, hielt Lesungen und Vorträge.

Langjährige Präsidentin des Deutschen Übersetzerfonds

Ganz besonders würdigte der Staatsminister die von Tietze mit Hartnäckigkeit und Überzeugungskraft erreichten Verdienste um die allgemeine Verbesserung der Übersetzungskultur.

Als die folgenreichste von vielfältigen Aktivitäten, nicht zuletzt zur Förderung des Übersetzernachwuchses, hob er in diesem Zusammenhang Tietzes langjährige Tätigkeit als Präsidentin des von ihr mitbegründeten Deutschen Übersetzerfonds hervor, der ersten bundesweiten Förderinstitution für Übersetzer:

Wenn heute Übersetzerstipendien vergeben werden oder die Übersetzerin, der Übersetzer in Publikationen und Rezensionen genannt oder auch prominent hervorgehoben werden, wenn die literarische Übersetzung in der Kunstförderung mitgedacht wird, dann ist das zum großen Teil Ihr Verdienst.

Über all dies hinaus habe Rosemarie Tietze enorm viel dazu beigetragen, dass sich insgesamt ein neues Bild vom Übersetzen durchsetzen konnte:

Die Auffassung vom literarischen Übersetzer in der dienenden Rolle als „Postkutschenpferd des Geistes“ – ich zitiere den Dichter Alexander Puschkin – ist der Vorstellung vom literarischen Übersetzer oder der Übersetzerin als Künstler, Künstlerin gewichen, der, die ein eigenes Oeuvre mit eigenem Fingerabdruck, einer eigenen Anschauung, mit einer wiedererkennbaren Handschrift geschaffen hat. Die literarische Übersetzung wird heute als eigene Kunst betrachtet.

Auszeichnung „Pro meritis scientiae et litterarum“

Pro meritis
Nahaufnahme des überreichten Bronze-Reliefs, das die Auszeichung symbolisieren soll. – Bild: StMWK

Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst verleiht seit dem Jahr 2000 die Auszeichnung „Pro meritis scientiae et litterarum“ an herausragende Persönlichkeiten für deren Verdienste um Wissenschaft und Kunst, seit 2008 in Form eines Bronze-Reliefs.

Neben der Würdigung der ausgewählten Persönlichkeiten besteht das Ziel dieser Ehrung darin, Kultur als Einheit zu begreifen. Wissenschaft und Kunst sollen als zwei Seiten derselben Medaille wahrgenommen werden. Pro Jahr werden grundsätzlich nur bis zu acht dieser Auszeichnungen vergeben.

rs