Zwei Drittel aller von Frauenhäusern betreuten Frauen sind Migrantinnen. Der Bedarf an kultur- und traumasensibler Sprachmittlung ist entsprechend groß und gehört in einer Vielzahl von Sprachen zum Alltag in den Fachberatungsstellen.
Um die Professionalität und Sensibilität der Sprachmittlung in diesem Kontext zu fördern, hat die Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) jetzt in Zusammenarbeit mit der Berliner Initiative für gutes Dolmetschen drei Leitfäden herausgegebeen. Die FHK hofft, mit den Broschüren zu einer möglichst reibungslosen Kommunikation zwischen allen Beteiligten beizutragen und ein gutes Zusammenwirken zu fördern.
Finanziert wurde das Projekt von The Body Shop, einer Handelskette für Kosmetikprodukte.
Drei Zielgruppen – drei Leitfäden
Die Handreichungen sind inhaltlich übersichtlich und praxisnah gestaltet. Sie sollen die Zusammenarbeit sowohl mit Laien- als auch mit Berufsdolmetscherinnen unterstützen und dabei alle Beteiligten einbeziehen:
(1) Für Dolmetscherinnen: Der Leitfaden Dolmetschen im Gewaltschutz richtet sich an Sprachmittlerinnen, die für Frauenhäuser tätig sind. Auf 22 Seiten werden die Besonderheiten des Dolmetschens für von Gewalt betroffene Frauen erläutert, zum Beispiel bei Beratungsgesprächen, beim Telefondolmetschen oder bei Arztbesuchen und Behördenterminen.
(2) Für Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern: Die Broschüre Mehrsprachigkeit im Gewaltschutz klärt auf 28 Seiten die Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen darüber auf, was bei der Zusammenarbeit mit Dolmetscherinnen zu beachten ist.
(3) Für Hilfesuchende Frauen: Die Ausgabe Informationen für Klient_innen über die Zusammenarbeit mit Dolmetscher_innen ist schließlich für Frauen gedacht, die sich an ein Frauenhaus wenden. In zwölf Sprachen wird auf 29 Seiten erläutert, welche Aufgaben und Funktion die Dolmetscherin hat. So wird darauf hingewiesen, dass diese zur Verschwiegenheit, Neutralität und Sachlichkeit verpflichtet ist.
Es wird aber auch klargestellt, dass eine Dolmetscherin keine Sozialarbeiterin ist. Wegen der gemeinsamen Muttersprache wird Sprachmittlerinnen von den schutzsuchenden Frauen oft ein besonderes Vertrauen entgegengebracht. Nicht selten werden diese als Verbündete betrachtet und um Rat gefragt.
Oder die Klientin schüttet außerhalb des Termins gegenüber der Dolmetscherin ihr Herz aus und möchte eine freundschaftliche Beziehung aufbauen. Das ist menschlich verständlich, weil viele Betroffene nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen, wenn der Kontakt zur Familie abgebrochen ist.
Aber es ist nicht Aufgabe der Dolmetscherin, als Seelentrösterin zu fungieren. Auch im Interesse des eigenen Wohlbefindens empfiehlt es sich, Abstand zu halten: „Schaffen Sie Distanz zur Klientin, indem Sie keinen Privatkontakt zu ihr haben.“
Laut Statistik zwei Drittel Migrantinnen und mehr Kinder als Frauen
Aus der Ende 2020 von der FHK vorgestellten Statistik für das Jahr 2019 geht nicht nur hervor, dass zwei Drittel der Betroffenen Migrantinnen sind, sondern dass auch mehr Kinder (8.134) als Frauen (7.045) in den Einrichtungen aufgenommen wurden.
Weiterführender Link
- Die drei Leitfäden können auf der Website frauenhauskoordinierung.de als PDF-Dateien heruntergeladen werden.
rs