Psychiatrie-Verband DGPPN fordert, Kosten für Sprachmittlung über Krankenkassen abzurechnen

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Bild: DGPPN

Neben anderen Branchenverbänden setzt sich auch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) dafür ein, die Sprachmittlungskosten bei Therapien künftig über die Krankenkassen abzurechnen. Sie hat dazu folgende Pressemitteilung herausgegeben:

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Sprachmittlung für Therapien sicherstellen

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sind 600.000 Menschen nach Deutschland geflohen. Viele haben aufgrund der traumatischen Fluchterfahrungen Bedarf an psychiatrisch-psychotherapeutischer Beratung, Diagnostik und Behandlung. Allerdings erschweren mangelnde Sprachkenntnisse den therapeutischen Prozess – für Geflüchtete und auch für Personen, die schon länger in Deutschland leben.

Helfen könnten so genannte „Sprachmittler“, die neben der Sprache der Betroffenen auch Wissen über das Gesundheitssystem und über psychische Erkrankungen mitbringen. Diese Leistungen werden derzeit nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, dies zu ändern. In einem Positionspapier fordert die DGPPN die Regierung jetzt auf, die Pläne umgehend umzusetzen und fasst zusammen, welche Aspekte aus psychiatrischer Sicht berücksichtigt werden sollen.

Grundvoraussetzung für eine fachgerechte psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung ist, dass Patient und Arzt einander verstehen. Was aber, wenn Patienten kein oder nur wenig Deutsch sprechen, aber dringenden Therapiebedarf haben?

Die Regierung plant, den Versorgenden für diese Fälle Übersetzer beiseitezustellen. Das soll, so steht es im Koalitionsvertrag, als Regelleistung in den Katalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden. Dieser Vorschlag stößt in der Fachwelt auf einhellige Unterstützung und auch die DGPPN begrüßt diese Pläne ausdrücklich und fordert ihre zeitnahe Umsetzung. Gemeinsam mit verschiedenen Partnerorganisationen hat sie in einem Positionspapier zusammengefasst, welche Aspekte aus psychiatrischer Sicht bei der Einführung der Sprachmittlung Berücksichtigung finden müssen.

Aus Sicht der Fachgesellschaft muss die Entscheidung darüber, ob ein Sprachmittler in den therapeutischen Prozess einbezogen wird, unbedingt von der behandelnden Person getroffen werden. Um eine fachgerechte Behandlungsplanung zu gewährleisten, darf sie nicht dem Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen unterliegen.

Sprachmittlung muss nicht zwingend persönlich stattfinden, sondern kann auch mittels digitaler Hilfsmittel erfolgen. Hierfür müssen die entsprechenden technischen Voraussetzungen eingerichtet werden.

Generell geht Sprachmittlung weit über das bloße Übersetzen des gesprochenen Worts hinaus. „Sprach- und Kulturmittler“ sollten nicht nur die Sprache der Patienten sprechen, sondern sich auch mit psychischen Erkrankungen und deren Behandlung auskennen. Es ist eine herausfordernde Tätigkeit, die hohe Anforderungen an die Qualifikationen stellt; sie muss entsprechend angemessen vergütet werden.

Zudem darf Sprachmittlung nicht nur als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen angeboten werden. Sie muss insbesondere auch jenen Personen zur Verfügung gestellt werden, die als Geflüchtete in Deutschland leben. Schließlich ist für sie die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Erkrankung durch die traumatischen Erfahrungen um ein Vielfaches erhöht.

Sprachmittlung ist zentrale Voraussetzung dafür, dass Behandlungsangebote tatsächlich in Anspruch genommen werden, denn sprachliche und kulturelle Verständigungsprobleme erschweren den Zugang zu Informationen und Versorgung. Im Behandlungsverlauf führt mangelndes Verstehen unweigerlich zu unpräzisen oder gar fehlerhaften Anamnesen und Diagnosen, die dann wiederum Probleme in der Therapie nach sich ziehen.

Kulturelle und psychosoziale Faktoren beeinflussen zudem die Erwartungen der Patienten an die Behandlung, ihre Therapiemotivation und auch die Bereitschaft, die Behandlung wie vom Arzt empfohlen durchzuführen. Sprachmittlung ist also ein unentbehrliches Mittel, Personen mit geringen Deutschkenntnissen den Zugang zu fachgerechter Diagnostik und Therapie zu ermöglichen. Sie muss über den gesamten Behandlungsverlauf, sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich, gewährleistet werden.

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red