Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin fordert Kostenerstattung für Sprachmittler

Claudia Bausewein
Prof. Dr. Claudia Bausewein ist Direktorin der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin am Klinikum München der Ludwig-Maximilians-Universität und Lehrstuhlinhaberin für Palliativmedizin. - Bild: Christian Kaufmann / DGP

„Unsere Patientinnen und Patienten wollen und müssen nicht nur Diagnose und Therapieansätze verstehen, sondern auch, was ihnen an Optionen zum Beispiel in der Hospiz- und Palliativversorgung angeboten wird“, sagt Prof. Dr. Claudia Bausewein, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP). „Außerdem ist es essentiell, dass sie sich mit ihren Anliegen und Bedürfnissen gut verständlich machen können.“

Deshalb fordert die DGP „eine Kostenerstattung für den Einsatz von qualifizierten und professionellen Sprachmittlern in der Hospiz- und Palliativversorgung.“

Asita Behzadi und Elizabeth Schmidt-Pabst, Sprecherinnen der AG Palliativversorgung für Menschen mit Migrationshintergrund in der DGP und Mitautorinnen eines heute veröffentlichten Positionspapiers, erklären, dass die Sprachmittlung zwischen Mutter- und Fremdsprache z. B. mündlich durch Dolmetscher und schriftlich durch Übersetzer für das gesamte multiprofessionelle Angebotsspektrum gelten müsse. „Dazu zählen auch Gespräche im Vorfeld von Therapieentscheidungen, die den Weg in die Hospiz- und Palliativversorgung ebnen.“

Konkrete Ausgestaltung eines Rechtsanspruchs noch unklar

Von verschiedenen Fachverbänden wird bereits seit Längerem die gesetzliche Verankerung einer qualifizierten bzw. professionellen Sprachmittlung für Menschen mit Migrationshintergrund im Sinne der Chancengleichheit für alle Patienten im deutschen Gesundheitswesen gefordert.

Im Koalitionsvertrag vom 24.11.2021 zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP wurde formuliert, dass Sprachmittlung im Kontext notwendiger medizinischer Behandlung Bestandteil des Sozialgesetzbuchs (SGB) V wird.

Unklar bleibe aber, wie die konkrete Ausgestaltung erfolgen soll, was als eine „notwendige medizinische Behandlung“ definiert werden könne und was das für die Versorgung am Lebensende bedeute, so Asita Behzadi und Elizabeth Schmidt-Pabst.

DGP-Logo
Logo der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin.

Übersetzende Angehörige sind persönlich betroffen und medizinisch nicht geschult

Häufige Praxis ist es, Angehörige oder Laien als Sprachmittler in der medizinischen Behandlung einzusetzen. Das birgt nach Ansicht der DGP Risiken hinsichtlich Übersetzungsfehlern, da die ad hoc-Dolmetscher oft medizinisch und in der Sprachmittlung ungeschult sowie zusätzlich als Angehörige persönlich betroffen sind.

Sprachbarrieren führen zu schlechterer Gesundheitsversorgung

Im Mikrozensus 2020 wird der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in der Bundesrepublik Deutschland mit 21,9 Millionen angegeben. Das entspricht einem Viertel der Gesamtbevölkerung, wobei jeder fünfte Bürger mit Migrationshintergrund älter als 55 Jahre ist.

Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes macht deutlich, dass Menschen mit Migrationserfahrung häufiger an Krankheiten und Beschwerden wie an Erkrankungen der Lunge/Atemwege bzw. Verdauungsorgane leiden und medizinische Leistungen in Anspruch nehmen.

Gleichzeitig zeigen Studien, dass schwerstkranke und sterbende Menschen mit Migrationshintergrund insgesamt im deutschen Gesundheitswesen und so auch in der Hospiz- und Palliativversorgung schlechter versorgt sind. Sprachbarrieren sind hier die zentrale Begründung.

Appell an Politik, Zielvorgabe des Koalitionsvertrags umzusetzen

Die im Koalitionsvertrag angekündigte Verankerung des Rechtsanspruchs auf den Einsatz von qualifizierten und professionellen Sprachmittlern sollte als Bestandteil der notwendigen medizinischen Behandlung im SGB V und im Leistungskatalog der GKV zügig umgesetzt werden.

Die besonders vulnerable Situation von schwerstkranken und sterbenden Patienten und deren Angehörigen mache eine qualifizierte sprachliche Übertragung der Inhalte, Fragen und Bedürfnisse und damit eine nachvollziehbare Kommunikation im gesamten Verlauf der Versorgung am Lebensende dringend erforderlich, so die DGP.

PM DGP